
„Mein Vater dachte, er würde genug vom Metier verstehen“
MADRID/LONDON. Er habe das Vertrauen von Carlo Ancelotti vermisst, erklärte Mesut Özil im September 2013, nachdem er Real Madrid gerade in Richtung des FC Arsenal verlassen hatte. In Wahrheit steckte jedoch noch weitaus mehr hinter der Trennung zwischen dem „Zehner“ und den Königlichen – und die erzählt er in seinem Buch „Die Magie des Spiels“.
Vor der Veröffentlichung am 16. März publizierte die BILD-Zeitung nun Auszüge, in denen Özil ausführlich über seinen Abgang aus Spanien spricht. „José Mourinho verließ Real Madrid 2013. Und auch meine Zeit endete. Überraschenderweise. Es gibt viele Geschichten über meinen Abgang. Unzählige Gerüchte. Zahlreiche Spekulationen. Die einzige und auch selbstkritische Wahrheit ist folgende: Mein Vater Mustafa hat mich zu dieser Zeit als Berater vertreten. Er war der Überzeugung, dass er inzwischen genug vom Metier verstehen würde und nicht mehr auf die Hilfe anderer Agenten angewiesen sei“, berichtete er zunächst.
„Ich hatte überhaupt nicht die Absicht, Real zu verlassen“
Er habe „überhaupt nicht die Absicht“ gehabt, die Concha Espina zu verlassen: „Niemand ging davon aus, dass ein Vereinswechsel anstand. Mein Vater und ich hatten beide das Ziel, vorzeitig um weitere Jahre zu verlängern – um meine Erfolgsgeschichte bei den Königlichen fortzusetzen und endlich auch den Champions-League-Titel zu holen. Mein Vater übernahm dann die Verhandlungen. Er kontaktierte Florentino Pérez und machte Termine mit dem Baugiganten, in denen es nur darum gehen sollte, einen weiteren langfristigen Kontrakt mit Real zu schließen – zugegeben zu verbesserten Konditionen.“
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Özils Vater knallte Pérez‘ Bürotür zu: „Ich fiel in Ungnade“
Um Geldgier sei es nicht gegangen, beteuert der Offensiv-Star: „Es ging lediglich um eine gerechte Bezahlung. Und die hat sich im ersten Angebot, das Real uns unterbreitete, leider nicht widergespiegelt. Daraus mache ich keinen Vorwurf. Es gehört dazu, in dieser Verhandlungsphase unterschiedliche Ansichten zu haben und sich dann im Laufe weiterer Gespräche anzunähern. Die Situation war aber für meinen Vater neu. Er kannte es nicht, in dieser Form unter Verhandlungsdruck gesetzt zu werden. Er hatte noch nicht Dutzende Verhandlungen mit den größten Vereinsmanagern geführt und dementsprechend fehlte ihm, das muss man im Nachhinein ehrlich zugeben, die Abgeklärtheit, angemessen mit so einem provokanten Angebot umzugehen. Deshalb bewahrte er auch leider keinen so kühlen Kopf, wie es wahrscheinlich wichtig gewesen wäre.“
Özil weiter: „Gegenüber einem Mann wie Pérez, der erwartet, dass Menschen nach seiner Pfeife tanzen, war Sturheit aber nicht angebracht. Und es war schon gar nicht richtig, dass mein Vater wutschnaubend das Büro verließ und die Tür zu Pérez‘ Geschäftszimmer hinter sich laut krachend ins Schloss warf. Ich konnte nicht ahnen, dass das Sturkopfduell kein lächerliches Kräftemessen mehr war, kein kleines Geplänkel mehr unter Männern, sondern inzwischen derart festgefahren war, dass es tatsächlich Konsequenzen für mich hatte. Bei dem Big Boss meines Vereins war ich in Ungnade gefallen, obwohl ich selbst überhaupt nichts gemacht hatte. Mir drohte ein Platz auf der Tribüne. Plötzlich musste ich handeln. Im Sinne meiner Karriere. Nicht mehr zu spielen, kam überhaupt nicht infrage – vor allem, wenn diese Entscheidung nicht auf Leistungskriterien beruhen würde.“

Er wollte bei Real noch CL-Sieger und Weltfußballer werden
Deshalb habe er Arsène Wenger kontaktiert, Arsenals Teammanager. Den Abgang von Real bezeichnet Özil als „schwerste Entscheidung meines Lebens“. Der 28-Jährige erklärt: „In meinem Kopf steckte eigentlich noch der Wunsch, mit Real Champions-League-Sieger zu werden. Und ich wollte mithilfe meiner Mitspieler von Real Madrid zum Weltfußballer aufsteigen. Die Reise mit Real war noch nicht am Ende. Aber ich wollte partout nicht wie eine ins Trudeln geratene Rakete durch das spanische Fußball-Universum irren und dabei womöglich abstürzen.“ Wenger gab ihm ein „deutlich besseres Gefühl“ als Ancelotti.
Sein Vater sei eben „wie jeder Mensch nicht perfekt. Und die Verhandlungen mit Pérez und Real Madrid waren dann doch am Ende eine Nummer zu groß für ihn“.
If you want to get to know my full story grab a copy of my biography. German version is launching March, 16th. English will follow soon! pic.twitter.com/EduC3m0vwv
— Mesut Özil (@MesutOzil1088) 2. März 2017
Bruch mit dem Vater: „Er löschte meine Twitter-Seite“
Als Konsequenz teilte der Weltmeister seinem Papa einen Monat später mit, dass er sich nicht mehr von ihm beraten lassen möchte. „Ein ganz schwieriges Gespräch“, erinnert sich Özil: „Er war sauer. Und gekränkt. So sehr, dass er als Administrator in einem Anfall von Bockigkeit einfach meine Twitter-Seite löschte, was zur Folge hatte, dass mehrere Millionen Fans, die mir folgten, weg waren. Letztlich ist die Abnabelung von meinem Vater leider nicht so friedlich und reibungslos vonstatten gegangen wie erhofft. Er fühlte sich ausgebootet und klagte sogar noch vor Gericht um seine Provision, weil er mir den Ausrüstervertrag mit Adidas besorgt hatte. Ich bedauere den gesamten Streit sehr. Es ist ein trauriges Kapitel in einer sehr langen, sehr intakten und harmonischen Vater-Sohn-Beziehung, die die Grundlage dafür war, dass ich als Fußballer überhaupt so weit gekommen bin.“
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