
Wie angekündigt: Kein neuer Innenverteidiger da
MADRID. Es gab den einen oder anderen, der ihm diese Aussage noch nicht ganz abkaufen wollte. Dabei hatte erst im vergangenen Transfer-Sommer die Causa Kylian Mbappé als gutes Beispiel dafür gedient, dass es in der Regel keine leeren Worte sind, wenn Carlo Ancelotti ein klares Statement zur Kaderplanung von Real Madrid abgibt.
Während des Aufenthalts in den USA war der Trainer angesichts der damaligen Spekulationen um eine Verpflichtung des Superstars von Paris Saint-Germain nicht nur einmal darum bemüht gewesen, allen zu verdeutlichen, dass die Mannschaft für die Pflichtspiel-Saison stehen würde, die Transferaktivitäten definitiv beendet seien.
Ähnlich entschlossen äußerte er sich dann auch Anfang Januar, als die Frage im Raum stand: Wird die Abwehr während des Winter-Wechselfensters verstärkt? David Alaba hatte sich am 17. Dezember gegen den FC Villarreal das vordere Kreuzband im linken Knie gerissen, damit dieselbe Verletzung erlitten wie Mitte August erst Thibaut Courtois und dann Éder Militão. Nach dem zweiten schwerwiegenden Innenverteidiger-K.o. waren sich viele sicher: Real kann jetzt gar nicht anders, als auf dem Markt tätig zu werden.
Abwehr-Überlegung für Real Madrid früh vom Tisch
„Carletto“ kurz vor Weihnachten: „Wir werden das in den nächsten Tagen beurteilen. Wenn es eine Möglichkeit gibt, bei der wir meinen, dass es eine gute Entscheidung für den Klub, die Mannschaft und die Saison ist, werden wir das machen. Wir haben die Zeit, um darüber nachzudenken, werden gemeinsam die beste Entscheidung treffen.“ Keine zwei Wochen später war das Thema bereits vom Tisch. „Wir denken im Moment nicht darüber nach, einen Innenverteidiger zu verpflichten“, so der Italiener nach dem Jahreswechsel klipp und klar.
Einen knappen Monat hätte Real da noch die Möglichkeit gehabt, personell nachzurüsten. Stattdessen setzen die Verantwortlichen seitdem und auch für die kommenden Wochen schlichtweg darauf, dass Antonio Rüdiger und Nacho Fernández es richten.
Mit dem deutschen Nationalspieler und dem Kapitän befinden sich nur noch zwei etatmäßige Akteure für das Abwehrzentrum im Team. Die Entscheider sehen darin kein allzu großes Problem. „Wir haben noch zwei, denen wir sehr vertrauen“, meinte Ancelotti im Zuge seiner Erläuterung von Reals Abwehr-Plan nüchtern: „Und im Notfall können es andere auch gut machen.“ Dabei nannte er Aurélien Tchouaméni, einen eigentlichen Mittelfeldspieler, und Daniel Carvajal, einen eigentlichen Rechtsverteidiger.
Real Madrid braucht Glück bei Rüdiger und Nacho
Warum also einem externen Spieler, den man sonst gar nicht haben wollen würde, einen vielleicht hochdotierten Vertrag über einen womöglich längeren Zeitraum geben? Für die Chefetage um Präsident Florentino Pérez und Generaldirektor José Ángel Sánchez wäre es offensichtlich ein zu panisches Handeln gewesen. Was an dieser Herangehensweise durchaus nachvollziehbar ist: Wer auch immer gekommen wäre, hätte Rüdiger und Nacho mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin meist den Vorzug lassen müssen. Es ging in den Gedankenspielen primär darum, die Defensive numerisch wieder aufzufüllen und dem eingespielten Stamm-Duo bloß hin und wieder mal Verschnaufpausen zu ermöglichen.
Nun mag es vielleicht auch klappen, sich alternativ auf Notlösungen verlassen zu können. Aber dieses Glück, dass sich nicht auch noch Rüdiger und Nacho verletzen, muss man erstmal haben. Aktuell wird es jedenfalls schon auf die Probe gestellt. Kurios: Am Donnerstag beendete der gebürtige Berliner seinen Einsatz gegen den FC Getafe ausgerechnet nur etwas mehr als zwei Stunden vor dem Ablauf der Winter-Wechselfrist zur Halbzeitpause. Zuvor hatte er nach einem Zweikampf in der 37. Minute im Bereich des linken Knies stärkere Schmerzen davongetragen, die ihn minutenlang humpeln ließen.
Auch auf Éder Militão wird diese Saison noch gebaut
Noch bitterer: Tchouaméni, der die Nummer 22 zum Seitenwechsel ersetzte und für den der eingewechselte Eduardo Camavinga ins zentrale Mittelfeld rückte, kassierte in der Nachspielzeit seine fünfte Gelbe Karte der laufenden LaLiga-Saison. Der 24-jährige Franzose wird beim wichtigen Madrid-Derby am Sonntag (21 Uhr) definitiv fehlen, wohingegen man bei Real darauf hofft, dass der DFB-Akteur es rechtzeitig schafft. Und wenn nicht, schlägt wohl Carvajals Stunde als Innenverteidiger – wie einst im legendären Champions-League-Halbfinal-Rückspiel der Saison 2021/22 gegen Manchester City (3:1).
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— Éder Militão (@edermilitao) January 12, 2024
Ähnlich weit wollen die Merengues in der Königsklasse übrigens auch dieses Jahr kommen. Ja, trotz der dünnen Defensiv-Decke. Immerhin: So wie Courtois macht auch Militão in seiner Rehabilitation große Fortschritte, beide sind dem ursprünglichen Zeitplan offenbar voraus, befinden sich jeweils im individuellen Aufbautraining. Wenngleich Ancelotti öffentlich keinerlei Eile aufkommen lässt und kürzlich von einer Militão-Rückkehr erst im März oder April sprach, könnte der Brasilianer durchaus Ende Februar oder Anfang März zumindest wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Allzu lange dürfte es folglich wiederum mit dem Kader-Comeback nicht dauern, auch deshalb sah Real von einer Abwehr-Verpflichtung ab.
Bis dahin werden aber womöglich noch um die zehn Partien zu bestreiten sein – und bis dahin bleibt es eine Rumpf-Innenverteidigung. Wenn sich das mal nicht doch rächt…
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