Analyse

Real Madrid macht einen manchmal wahnsinnig: Lehren zum Clásico

Real Madrid holt beim FC Barcelona einen Sieg, der zur Halbzeit unrealistisch erscheint. Die Königlichen lassen sich gegen ihren Erzrivalen nicht zum ersten Mal herspielen, ehe sie den Schalter umlegen. Eduardo Camavinga erweist sich indes als bestes Linksverteidiger-Paket, Jude Bellingham rettet wieder mal auch sich selbst.

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Real Madrid
Real war im Clásico lange nicht auf der Höhe, siegte dennoch – REAL TOTAL-Grafik: AFP/Getty Images

Real Madrid holt nach 0:1 noch Sieg im Clásico

BARCELONA. Ende gut, alles gut: So oder so ähnlich könnte man den Clásico vom Samstag im Estadi Olímpic Lluís Companys aus der Sicht von Real Madrid einerseits resümieren. Nach einem frühen Rückstand (6.) bescherte Jude Bellingham den Königlichen an diesem 11. LaLiga-Spieltag mit einem Doppelpack gegen den FC Barcelona (68./90.+2) einen 2:1-Erfolg und Vier-Punkte-Vorsprung auf den Erzrivalen in der Tabelle. Das 2:1 in Katalonien: Erarbeitet, aber auch schmeichelhaft. Drei Lehren zum Clásico.

  • Wie oft sich Real im Clásico herspielen lässt, ist jämmerlich

Barça gewann vor dem Clásico mit Robert Lewandowski, Raphinha, und Jules Koundé drei zuletzt verletzte Profis zurück. Keiner von ihnen startete – wenig überraschend. Ernüchternd aus Real-Sicht: Es scheint letztlich egal zu sein, ob da nun Barças Crème de la Crème oder die zweite Garde mitmischt. Es entsteht zu häufig der Eindruck: Personell starke Madrilenen kriegen es selbst gegen einen personell geschwächten Erzrivalen nicht hin, eindeutig die Oberhand zu gewinnen. Erst im März hatte man vor dem Pokal-Halbfinale im Estadio Santiago Bernabéu einen klaren Sieg gegen ein stark gebeuteltes Barça erwartet. Resultat: 0:1. Vor zwei Jahren, nach Carlo Ancelottis Rückkehr, ließ man sich beim 2:1 zu lange gefährlich hinten reindrängen. Vom desolaten Supercopa-Finale (1:3) ganz zu schweigen. Durchgang eins beim 4:0 im Halbfinal-Rückspiel letzten April verhieß ebenso wenig Gutes.

Und auch diesmal: Xavis Team diktierte das Spiel in Halbzeit eins. Real gab ein jämmerliches Bild ab, war harmlos, rief von seinem Können nichts ab, agierte plan- und konzeptlos. Ermüdend! Wie oft noch? Real macht einen manchmal wahnsinnig. Das Blatt wendete sich immerhin um die 60. Minute herum. Luka Modrić: „Das war pure Real-Madrid-DNA!“ Mag sein, aber zuvor so ziemlich das Gegenteil: des Wappens kaum würdig.

  • Camavinga ist Reals bestes Linksverteidiger-Paket

Kein Platz in der Abwehr, kein Platz im Mittelfeld: Für Eduardo Camavinga reichte es gegen Barça nicht zur Startelf. Dass Real noch die Wende herbeiführte, lag aber auch an ihm. Die Nummer 12 ersetzte den angeschlagenen Ferland Mendy in der 52. Minute, brachte viel Dynamik in die Begegnung, belebte die linke Seite. Sami Khedira bei DAZN: „Wir müssen Camavinga positiv hervorheben. Er ist ein Gamechanger gewesen.“

Auch wenn es keine Rolle ist, die ihm gefällt: Camavinga avanciert bei Real mehr und mehr zum besten Linksverteidiger-Paket. In gewisser Weise signalisiert „Carletto“ auch genau das, indem er ihm dort als positionsfremden Akteur seit einem Monat wieder häufiger vertraut – trotz zweier Alternativen. Mendy agiert defensiv oft solide, setzt nach vorne aber keine besonderen Akzente. Fran García wiederum schaltet sich offensiv mehr ein, hat sich hinten aber bereits als Unsicherheitsfaktor erwiesen. Camavinga vereint die Stärken beider etatmäßiger Linksverteidiger – obwohl er selbst eben kein gelernter Linksverteidiger ist. Wetten, dass der 20-Jährige weiter zwischen Abwehr und Mittelfeld rotiert?

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  • Immer wieder: Bellingham rettet Real Madrid, aber auch sich

Was haben lediglich Real Sociedad, Atlético, die UD Las Palmas und der FC Sevilla gemeinsam? Nur sie verschonte Bellingham bislang. Gegen zehn andere Klubs kannte er dafür kein Erbarmen, insgesamt kommt der Engländer jetzt auf 13 Treffer in 13 Einsätzen.

Beachtlich dabei: Allein mit siegbedeutenden Führungstoren bescherte er Real schon 13 Punkte. Hinzurechnen lassen sich dann auch noch die Partien, als das Netz vor oder nach einem Bellingham-Tor ebenso zappelte: Beim 2:0 gegen den Athletic Club (1:0 erzielt), beim 4:0 gegen den CA Osasuna (1:0 und 2:0), beim 3:2 gegen Italiens Meister SSC Neapel (2:1) und beim 2:1 gegen Sporting Braga (2:0).

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Bellingham rettete so nicht nur das Team immer wieder aufs Neue, sondern in gewisser Weise auch sich selbst, seinen Start, seine Bewertung im Haifischbecken Madrid. Wie hätte man ihn ohne diese vielen Erfolgserlebnisse bisher beurteilt? Durchschnittlich, ganz gut? Mehr nicht? Durch sie eroberte er die Fan-Herzen und die Schlagzeilen auf den Titelblättern der Sportzeitungen, durch sie wandern immer mehr Bellingham-Trikots in den Shops über die Ladentheke. Rein spielerisch ist der Youngster sicherlich niemand, der stets ein Feuerwerk abbrennt. Stattdessen schafft er es mit seinem überraschend starken Torjäger-Instinkt, erstaunlich oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, mit nicht selten wenigen Aktionen für den maximalen Ertrag zu sorgen. Für sich und das Kollektiv. So auch in Barcelona. Gekommen als Achter, ins System eingebaut als Zehner, ausgestattet mit der Nummer 5 – Zinédine Zidane wird stolz sein – und ein klammheimlicher Neuner.

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Camavinga ist die LV-Position auf den Leib geschneidert. Defensiv gefordert, viele Zweikämpfe, offensive Entfaltungsfreiheit, Tiefenläufe, Dribbling,...klar ist er auch auf der 6 oder 8 zu Hause, aber wenn er bei Real Madrid eine Weltkarriere machen möchte, dann zieht er sich auf die LV-Position zurück. Würde uns auch eine Verpflichtung von Davies ersparen...Mendy abgeben oder zum Ersatz-IV umfunktionieren.
 
Camavinga ist die LV-Position auf den Leib geschneidert. Defensiv gefordert, viele Zweikämpfe, offensive Entfaltungsfreiheit, Tiefenläufe, Dribbling,...klar ist er auch auf der 6 oder 8 zu Hause, aber wenn er bei Real Madrid eine Weltkarriere machen möchte, dann zieht er sich auf die LV-Position zurück. Würde uns auch eine Verpflichtung von Davies ersparen...Mendy abgeben oder zum Ersatz-IV umfunktionieren.
Oder wir benötigen noch einen camavinga, oder 2 weitere
 
Ich verstehe nicht warum Carlo Ancelotti so gut weg kommt...
In den letzten Spielen hat er für mein Gefühl sehr vieles falsch gemacht.

Wir haben eine riesen Auswahl in der IV (wenn alle da sind). Diese Saison funktioniert warum auch immer nicht Alaba und Rüdiger zusammen. (Letzte Saison hat sie funktioniert, diese nicht)
Nacho+Alba funktioniert, Nacho+Rüdiger auch.
Carlo lässt die IV obwohl sie in den letzten Spielen nicht zusammen funktioniert hat. Er hätte Nacho bringen können..
Selbst als LV. Mendy hat die letzten Spiele auch nicht vieles richtig gemacht..

Das gleiche mit dem doppel Sturm. Carlo hat den jetzt die letzten Spiele mehrmals probiert. Gegegn Starke und schwache Gegner, und bis auf ein Spiel immer ein Misserfolg... die Ergebnisse haben gestimmt aber nicht der Auftritt

Wie ich die Aufstellung gesehen habe dachte ich mir schon, dass wir probleme bekommen werden.
Xavi hat dann noch die perfekte gegen ausfstellung gebracht (nicht schwer zu erraten wie Calo aufstellen würde).

Vini und Rodrygo fühlen sich einfach da vorne in der mitte nicht wohl. Durch die mitte ist nichts gegangen da Barca die Hand im mittelfeld hatte, somit war es nicht mal möglich spielerisch was aufzubauen. Unsere Mittelfeldspieler sind wie idioten nur dem Ball hinterher gerannt.
Maximal von der seite ist vielleichtwas gegangen. Aber wenn vini oder rodrygo auf die seite ausgewichen sind mit dem ball, waren die anderen zwei Spieler neben ihm, dass sie eingeschlossen waren durch die Barca spieler oder unsere spieler waren zu weit entfernt, dass der Spieler nur duch einen solo durchkommen könnte.
Seitenwechsel haben auch keinen sinn gemacht. Schön das Carvajal jeden ball wunderschön runtergefangen hat, aber was bringt es wenn er alleine auf der rechten seite ist?

Wir haben Vini und Rodrygo mit hohe Bälle angespielt, dass sie den ball mim kopf aufhalten und warten bis spieler nachkommen... wer ist auf diese sau dumme idee gekommen?

Unser einziger Stürmer kommt rein und plötzlich funktioniert es die Bälle einfach blöd nach vorne zu schlagen und zu halten.

Rodrygo tut mir evht leid, er war bis zu seiner Auswechslung bemühter als Vini. Aber Vini durfte dann wenigstens bissl noch was zeigen auf seiner richtigen Position. Rodrygo mal wieder nicht...

Die Auswechslungen waren richtig aber auch diese vorhersehbar. Carlo vertraut halt wirklich fast keinen Spieler auf unserer Bank...
Cama ganz stark, Modric hat bisschen Kreativität gebracht. Und Jouselo ein besseres System!
Wir sind in der 2. Halbzeit stärker geworden aber Barca gleichzeitig auch Schwächer. Das Gefühl, dass wir in der 2. Halbzeit was reißen können obwohl wir besser waren hatte man trotzdem nicht... Modric ist reingekommen und man hat gesehen dass er neue taktische Anweisungen gegeben hat, aber sie haben maximal geholfen nicht mehr so anfällig in der defensive zu sein. Mehr eigentlich nicht..
Ich bin der Meinung wir können sich heute glücklich schätzen, denn das war von vorne bis hinten einfach zu wenig. Ich werfe unseren spieler (bis auf vini nicht mal was vor). Sie hätten gestern 10km mehr Rennen können und wären hinterher gerannt.

Carlo hat sich für mich wieder mal vercoached..

Tchouameni ist verletzt... Cama darf den zdm wieder besser lernen (wird Fehler machen aber nicht so schlimm)
Angeblich ist mendy auch angeschlagen.. obwohl ich derweil Fran reinschmeißen soll... der kann sich vielleicht noch entwickeln bei mendy ist die Hoffnung weg

Nächste Saison geht es dann wirklich los, neue Außenverteidiger, Stürmer, einen Trainer der bisschen moderner vielleicht ist aber trotzdem den stars ihre Freiheiten gibt (trainer wird sogar am schwierigsten werden finde ich)

Für die nächsten Spiele wünsche ich mir rotation und eine andere Ausstellung...
Hala Madrid
 
Ein konkreter Plan für Torschuss-Chancen scheint es nicht wirklich zu geben. Es ist teilweise schon erschrecklich, wie Real sich vom Gegner bespielen lässt. Sei es gegen Barca, Braga oder sonst wer. Natürlich ist es eine nicht zu unterschätzende Stärke, dass die Madrilenen ohne Ball viel Geduld und Durchhaltevermögen beweisen, aber meiner Meinung nach vertraut Carlo und der Trainerstab viel zu wenig auf die eigenen „aktiven“ Stärken. Real hat im Mittelfeld Edeltechniker a la Modric, Kroos, Ceballos, robuste Spieler wie Tchou oder Hybriden mit Cama und Fede und trotzdem verkriecht man sich so oft in der eigenen Hälfte oder kriegt es nicht gebacken, den Ball mal länger für sich zu behaupten. Mit diesen Spielern sollte es doch möglich sein, das Mittelfeld zu kontrollieren?? In der Spitze bewegt man sich bekannterweise auf dünnem Eis mit so wenigen Stürmern, aber auch hier hat Real sehr unterschiedliche Spielertypen. Ich gehe davon aus, dass ein Top-Coach in der Lage sein sollte, auch mit diesem Spielermaterial sich dem Gegner anpassen und dessen Schwächen ausnützen zu können. Ist die gegnerische Abwehr schlecht bei hohen Bällen? Joselu füttern. Brauchst du jemanden, der die Linien spielerisch durchbrechen kann? Setz Brahim ein. Brauchst du Tempo? Spiel mit den Brasilianern. Ist natürlich sehr vereinfacht gesagt, da ich selber logischerweise kein Top-Coach bin, aber ich finde, da sollte spielerisch doch viiiiiel mehr drin liegen, als nur das eigene Tor zu verteidigen. Das Spiel gegen Braga, als man im letzen Drittel der Partie nur noch in der eigenen Hälfte sich wehrte mit Spielern wie Modric und co. war für mich leider einer der Tiefpünkte. Rein spielerisch gesehen.
 
Zidanes hier eingeführter Satz (Ancelotti benutzt ihn ebenfalls gelegentlich), man muss in vielen Phasen des Spiels leiden, scheint mir das Eingeständnis zu sein, taktisch/fußballerisch unterlegen zu sein. Wann haben wir das letzte Mal einen Gegner wirklich dominiert? Warum ist man sogar nach einem Clasico Sieg unbefriedigt? Warum graust es einen schon wieder vor dem Heimspiel gegen Barcelona?

Furchtbar, der einzige Trost sind die zurecht jammernden und schmerzenden Barcelonacken...
 
Ich frage mich so langsam ob das hier ne contra Real Madrid seite ist. So negativ wie hier von so genannten Experten geschrieben wird denke ich lasst es lieber sein .Ich als Spanier und 100% Madridista finde es lächerlich. @Niels Kern lass das reisen nach Madrid
 
Zu Punkt 3
Ich verstehe nicht, warum man die Tore bei Bellingham rausrechnen sollte oder warum man das irgendwie mit Glück rechtfertigen müsste. Er spielt gerade als 10er. Da ist es seine Aufgabe für Torgefahr zu sorgen, ob direkt durch Scorer Punkte, oder durch die gefährlichen Bälle vorher.
Er macht das gerade hervorragend. Punkt.

Dann immer dieses Narrativ, dass Bellingham nichts macht außer seine Tore. Auf gestern mag das vielleicht zustimmen und selbst dann reden wir von einem 20 jährigen, der seinen ersten Classico spielt. Reicht dann ein Doppelpack nicht mehr aus? Das erinnert ja schon fast an die CR7 Ära als irgendwer immer seine spielerischen Akzente kritisiert hat, während er in jedem Spiel getroffen hat.
Gerade bei Bellingham ist es aber so, dass er auch ohne Tore normalerweise sehr involviert in unserem Spiel ist.
Allein wie viele Chancen er z.b gegen Sevilla eingeleitet hat war richtig stark.

Nur weil ein paar Trolle auf Twitter ihn auf seine Abpraller reduzieren, muss man den Quatsch nicht auch noch in Artikeln aufarbeiten und dem auch noch Recht geben.

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