Analyse

Rodrygo ist als Joker ein anderer Mensch – und Real Madrids nächste Spektakel-Saison im Anmarsch?

120 Minuten, 3:1 nach 0:1: Real Madrid löst in einem umkämpften Derby gegen Atlético mit Willenskraft das Ticket zum Halbfinale der Copa del Rey. Rodrygo Goes ebnet den Weg und untermauert einmal mehr: Als Joker brilliert er auf einem ganz anderen Level. Wird das etwa wieder so eine Spektakel-Saison wie 2022?

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Real Madrid
Das Halbfinale der Copa del Rey ist erreicht – REAL TOTAL-Grafik: Getty Images/Imago

Real Madrid: Rodrygo Goes wird zu Rodrygo Nazário

MADRID. Real Madrid macht Real-Madrid-Sachen. Am Donnerstag hat es lange nicht so ausgesehen, als würde das Viertelfinale der Copa del Rey glücklich enden. 19. Minute: Ex-Real-Profi Álvaro Morata bringt Atlético in Führung. Dann tat sich in diesem Derby auf der Anzeigetafel erst einmal nichts. Satte 60 Minuten – ohne Einberechnung der viertelstündigen Halbzeitpause – mussten Real und seine Fans sich gedulden, ehe der Bann brach.

Rodrygo Goes markierte sehenswert per Solo-Slalom-Dribbling und Außenrist aus dem Zentrum heraus das 1:1 zur Verlängerung. In den sozialen Netzwerken wurde der Brasilianer umgehend als „Rodrygo Nazário“ gefeiert – in Anlehnung an den legendären Stürmer-Star.

Im Rahmen der Weltmeisterschaft in Katar hatte Reals Angreifer nach einem Interview noch ehrfürchtig die Beine von „O Fenômeno“ berührt und seine Hände danach an seinen eigenen Beinen gerieben – als würde Ronaldo Glück bringen und als hätte er dieses Glück, dieses Können des einstigen Weltklasse-Torjägers auf sich übertragen. Sein Erfolgserlebnis gegen die „Rojiblancos“ war mit dem Tempo und der engen Ballführung jedenfalls Ronaldo-like.

Zum dritten Mal in die Verlängerung gerettet

Was wäre der 22-Jährige nur für ein europaweit herausragender Akteur, würde er als Teil der Startelf derart brillieren wie so oft, wenn er als Einwechselspieler absolut entscheidend ist?

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Highlights Real 3:1 n. V. Atlético

Real Madrid steht nach einem 3:1-Sieg gegen Atlético im Halbfinale der Copa del Rey! Dabei... weiterlesen

Binnen nur neun Monaten hat der Joker-Rodrygo das weiße Ballett stolze dreimal in eine Verlängerung gerettet: Im Rückspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen den FC Chelsea, im Rückspiel des Königsklassen-Halbfinals gegen Manchester City per Doppelpack binnen anderthalb Minuten, nun im Pokal. Auch bei der denkwürdigen Aufholjagd in der vergangenen LaLiga-Saison beim FC Sevilla (3:2 nach 0:2) hatte der Youngster nach Einwechslung zur zweiten Halbzeit mit einem Tor und einer Vorlage seine Aktien.

Kommt Rodrygo von der Bank in die Partie, brilliert er mit seiner Dynamik, Technik und Torgefahr nochmals auf einem ganz anderen, einem höheren Level. Erklären lässt sich das auch damit, dass er sich bei Einsätzen von Beginn an noch eher an den rechten Flügel klammern muss. Dort kann er seine Qualität nicht so abrufen wie zentral oder auf der linken Außenbahn. Wenn Real dagegen ein Tor benötigt, offensiver agiert, jemand anders die rechte Seite abdeckt – gegen Atlético war es Marco Asensio –, genießt Rodrygo mehr Bewegungsfreiheit. Die Nummer 21 kombiniert so häufiger auf der linken Seite im Dreieck mit Karim Benzema und Vinícius Júnior.

Rodrygo: Schon so viele Tore wie in gesamter Saison 2021/22

Das führt nicht selten zum Erfolg. Der Rechtsfuß kommt schon zur Hälfte der Saison auf so viele Treffer wie in der gesamten Spielzeit 2021/22 (jeweils neun). Von seinen insgesamt 27 Real-Toren schoss er zehn, nachdem er im Laufe der Partie ins Rennen geschickt wurde – aber davon waren eben viele von einer wesentlich höheren Bedeutung.

Dass Rodrygo nun öffentlich den Anspruch anmeldet, in der Regel von Anfang an zum Zug zu kommen, muss einem wegen seiner Joker-Qualitäten eigentlich eher missfallen. „Ich will immer spielen. Von Beginn an spielen, ist das, wonach ich strebe“, so der Südamerikaner.

Aufholjagden zurück: Real Madrid wird doch nicht wieder?

Wenn er sich eine Aufstellung malen könnte, würde er zentral hinter einem Mittelstürmer wirbeln. Und wenn Real sich eine Saison malen könnte, sähe sie sicherlich ähnlich aus wie erst die zurückliegende. Begibt sie sich gerade tatsächlich auf den Weg, ebenfalls so ein Spektakel zu werden? Nach einer kritischen Phase mit der 1:3-Abreibung gegen den FC Barcelona im Finale der Supercopa de España kam erst die sensationelle Pokal-Aufholjagd beim FC Villarreal (3:2 nach 0:2), gerade mal eine Woche später folgte nun die nächste packende „Remontada“. Erinnerungen werden wach. Erinnerungen an Paris Saint-Germain, Chelsea, ManCity. Real macht Real-Sachen, dieses Real macht mächtig Lust. Auch noch öfter in diesem Spieljahr? An der Concha Espina hätte niemand etwas dagegen…

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

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