Kommentar

Real-Triumph nicht verdaut? ManCity-CEO: „CL nicht unser Hauptziel“

Es gibt gute Verlierer und es gibt schlechte Verlierer. Zu den guten gehört Manchester Citys CEO offenbar nicht. Denn noch immer hat Ferran Soriano mit Citys Ausscheiden gegen Real Madrid in der Champions League zu kämpfen. Um sich trotzdem keine Blöße zu geben, stuft der Spanier die Wertigkeit des Wettbewerbs gleich mal etwas herunter – der Grund: bei Titelgewinnen spiele ja Glück eine Rolle. Ein Kommentar zu den Aussagen Sorianos.

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Ferran Soriano Manchester City
Ferran Soriano findet, dass Real Madrids CL-Sieg purem Glück zuzuschreiben ist – Foto: IMAGO / Pacific Press

Ferran Soriano untröstlich: „Da war Glück im Spiel“

Niemand, weder Real Madrids Anhängerschaft noch Spieler oder Vereinsvorstand würde jemals bestreiten, dass einer der großen Pfeiler dieser heldenhaften Champions-League-Geschichte 2021/22 auch Glück war. Niemand. Denn jeder weiß: einen Wettbewerb, ob Meisterschaft, Pokal oder Champions League, gewinnt kein Team einzig und allein durch Können. Eine kleine Prise Glück gehört bei jedem Sieg dazu. Das scheint Ferran Soriano, Vorsitzender von Manchester City, allerdings immer noch nicht einsehen zu wollen: Über einen Monat nach Reals 14. Triumph versucht Pep Guardiolas rechte Hand im Dr. Football-Podcast (übersetzt von El Bernabéu) noch  einmal Öl ins Feuer zu gießen und damit das, was die gesamte Fußballwelt bereits verstanden hat, erneut zu unterstreichen: „Die Leute reden jetzt über den Erfolg von Real Madrid in der Champions League, und ich denke, man kann sagen, dass da auch ein bisschen Glück im Spiel war.“

Soriano: „Vielleicht hatten sie sogar verdient, zu verlieren“

Weiter argumentiert der Spanier: „Vielleicht könnte ich sagen, dass sie es verdient hatten, gegen PSG, Chelsea, Manchester City und Liverpool zu verlieren.“ Das könnte er sagen und hat er gesagt, aber beim Blick auf die K.o.-Runden-Ergebnisse fiel mir vor allem eines auf: Real Madrid hat gegen alle drei, PSG, Chelsea und auch City, jeweils ein Spiel verloren. Zur Erinnerung:

Die Blancos erzielten immer noch genug Treffer, um das Hinspiel-Ergebnis zu drehen, oder den Rückstand im Rückspiel. Glück? Magie? Karim Benzema? Man weiß es nicht. Warum der 55-Jährige den Madrilenen nicht mal den Sieg gegen den FC Liverpool gönnte, ist mir unklar und bleibt wohl sein Geheimnis. Dieses Finale war in keinem Falle spektakulär, phasenweise fast sogar ein wenig langatmig, bis Vinícius Júnior in der 59. Minute mit seinem 1:0-Siegtreffer endgültig Spannung in den Auftritt brachte. Dieses eine Tor hat aber bei Weitem gereicht, um am Ende verdient den Pokal in die Höhe zu strecken – und ohne faden Beigeschmack wie 2018. Keine Gehirnerschütterungen, keine Schulterverletzungen, nur ein normales, fast schon unauffälliges Finale, das am Ende eben abermals Real Madrid gewann. Vielleicht lag aber auch nur eine Verwechslung bei Soriano vor, es sei ihm zu verzeihen.

„Auch mit Butragueño schaffte es Real nicht zu gewinnen“

Erfahrungsgemäß wird die berühmte „alte Leier“ ausgepackt, wenn sich der Argumentationsspielraum verengt. So scheint es zumindest bei Soriano, der gleich mal 35, 40 Jahre zurückspringt, um den Madridismo an die Zeit zu erinnern, als Real eben lange kein Glück hatte: „Die Leute erinnern sich nicht mehr daran, dass Madrid Ende der 80er-Jahre eine fantastische Mannschaft hatte, eine der besten der Geschichte, mit Emilio Butragueño, und dass sie es nicht geschafft haben, die Champions League zu gewinnen.“ Die Leute erinnern sich schon, aber: Welchen Nutzen hat es, sich im Jahr 2022, nachdem Real seit 2014 eine „Glückssträhne“ hat und fünf Titel ergatterte, an das Pech aus den 80ern zu erinnern? Ich finde, keinen.

Außerdem, wer den Fußball verfolgt, dürfte schon gelernt haben: Nicht immer gewinnt die beste Mannschaft – und schon gar nicht die teuerste. Zwei sehr eindrückliche Beispiele beweisen dies nach wie vor: die legendäre Aufholjagd des FC Liverpool 2005 gegen das eigentlich „bessere“ Milan, und 2012 das dramatische „Finale Dahoam“, in dem ein deutlich unterlegenes FC Chelsea am Ende den FC Bayern schlug. Während der gesamten Saison hatte Chelsea übrigens vor allem in der K.o.-Runde dieselbe Taktik gefahren und kam damit bis zum Titel durch: den Bus parken und auf Konter warten. Schön war das nicht, effektiv schon. By the way, Reals „Taktik“ in 2021/22 war unbändiger Glaube trotz teils schlechter Partien. Wo liegt das Problem?

Sorianos Schönrede-Taktik: „Die CL ist nicht Kern unserer Ziele“

Um seinen Schmerz über die Niederlage im Champions-League-Halbfinale und den anschließenden Sieg der Blancos noch ein wenig einzudämmen, durfte das meistgenutzte Mittel nicht fehlen, Verdrängung. Wie allseits bekannt, ist die Champions League „nur“ der höchste europäische Wettbewerb und der Titel keine große Sache, denn er hänge ja auch von einer Portion Glück ab. So sieht das zumindest der City-CEO: „Die Champions League ist nicht der Kern unserer Ziele, denn Glück spielt eine Rolle. Es gibt eine handvoll Spiele, in denen man einen Fehler machen kann, wie im Halbfinale, und man ist raus. Wer die Liga gewinnt, ist dort die beste Mannschaft. Das ist unser täglich Brot, das ist, womit wir unser Geld verdienen.“

Vielleicht hat der 55-Jährige auch in dieser Argumentation einen entscheidenden Faktor vergessen: den diesjährigen 38. Spieltag in der Premier League. Ein jeder ManCity-Fan würde wohl zugeben, dass bei diesem knappen Gewinn der englischen Liga auch einiges an Glück dabei war. Schließlich lagen die „Citizens“ bis zur 76. Minute 2:0 gegen Aston Villa zurück. „Glücklicherweise“ wechselte Guardiola mit Ilkay Gündogan den Retter der Partie ein, der schließlich mit zwei Treffern ausglich. Rodri schoss die „Skyblues“ dann mit dem letzten Tor des Nachmittags zur 93-Punkte-Meisterschaft. Der FC Liverpool schrammte trotz Siegs (3:2 gegen Wolverhampton) mal wieder knapp am Titel vorbei und das mit nur einem Zähler Abstand. War City am Ende die beste Mannschaft der Premier League, hatte aber auch Glück? Selbstverständlich.

Und falls der Königsklassen-Titel noch auf Sorianos Liste stehen sollte – bald geht’s ja wieder los und wie sagt man so schön? Neuer Versuch, neues Glück?

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Kommentare
Erbärmlicher Typ, erbärmliche Besitzer und vor allem erbärmlicher Club!

Zwei Meisterschaften mit nur einem Punkt Vorsprung gewonnen, aber dann von Glück reden wollen…

Zusammen mit PSG das größte Übel im heutigen modernen Fußball.
 
Weiss gar nicht was soviele haben. Wir hatten glück ganz klar. Messis elfer. Mendys rettung auf der Linie usw. Eine grosse portion glück war dieses Jahr dabei. Wieso fühlen sich den soviele angegriffen?
 
Wir haben wenigstens unsere Spiele mit eigener Leistung gewonnen. Unser Torhüter war der beste der Welt und Benzema war ebenfalls in Überform. Selbst wenn der Gegner mehr Chancen hatte, waren wir letztlich effektiver.

Wisst ihr was wirklich Glück ist? Wenn man Inter Mailand, Benfica Lissabon und Villlareal besiegen muss und damit im CL Finale landet. DAS ist wirklich Glück. Gib Atletico den selben Turnierbaum und sie kommen wahrscheinlich ebenfalls ins Finale.

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Am Ende zählen doch einfach die Tore.
Einfach einfach, nicht mehr doppelt und auch nicht dreifach.
Und davon haben wir halt gegen jeden mind. 1 mehr gemacht. Gute Nacht
 

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