
Nach Benítez-Aus: Legendärer Zidane zurück im Bernabéu
MADRID. „Hoffentlich wird 2016 ein gutes Jahr, denn die geraden Jahre liegen uns.“ Diese Aussage ist zwölf Monate alt und stammt von Emilio Butragueño. Und wer den Direktor für institutionelle Beziehungen nun an dessen Worte von Ende 2015 erinnert, wird von ihm ein Lächeln erhalten. Denn ja, 2016 wurde ein gutes Jahr – auch wenn es unschön begann.
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Bereits am vierten Tag des neuen Jahres sah sich Real Madrid gezwungen, die Reißleine zu ziehen. Rafael Benítez wurde entlassen, nachdem ihm es mit seiner Mannschaft nicht gelungen war, den Fünf-Punkte-Rückstand auf den FC Barcelona zu verkürzen. Beim FC Valencia, Zehnter der Tabelle, hatten die Königlichen nur ein 2:2 erzielt. Das neunte von bis dato 25 Pflichtspielen, das nicht siegreich gestaltet werden konnte. Eines davon fand sechs Wochen vor dem Aus von Benítez statt: Real hatte sich im heimischen Estadio Santiago Bernabéu gegen Barça blamiert, 0:4 verloren. Der für Carlo Ancelotti vom SSC Neapel gekommene Trainer überlebte diese Schmach – aber nicht lange.
Als man hier und dort schon gedacht hatte, Florentino Pérez würde den gerade beim FC Chelsea vom Hof gejagten José Mourinho als Heilsbringer zurück an die Concha Espina lotsen, betrat kein geringerer als Zinédine Zidane die Bildfläche. Die französische Legende.

„Zizou“: Wenig Erfahrung, aber viel Erfolg
Die Zweifel, ob die Vereinsdirektive damit die richtige Entscheidung getroffen hatte, waren durchaus berechtigt. Aber das ist bei jemandem, der zuvor erst anderthalb Jahre für die zweite Mannschaft in der dritten Liga Spaniens tätig gewesen war, auch vollkommen normal. Reals Ex-Coach Carlo Ancelotti formulierte es erst zuletzt treffend: „Zidane hat Wissen, Charisma, Persönlichkeit. Er hat alles. Die Erfahrung ist nicht das Wichtigste.“ Und das bewies „Zizou“ prompt. Die Führungsriege installierte genau den richtigen Mann.
Ich würde ihn gerne länger bei Real sehen. Er hat das gewisse Etwas. Cristiano Ronaldo über Zinédine Zidane
Einen, den die Mannschaft nach der schweren Zeit unter dem nicht bei jedem beliebten Benítez benötigte. Einen, der in früheren Zeiten das Idol der Spieler war. Einen, bei dem selbst der Bestverdiener ganz genau zuhört. Einen, der aus einer Ansammlung von Top-Stars wieder eine echte Einheit formte, ein Zusammengehörigkeitsgefühl und Harmonie in die Kabine brachte. Und vor allem: Einen, mit dem der Erfolg zurückkehren sollte.

2016: Real gewinnt drei internationale Titel
UEFA Champions League, UEFA Super Cup, FIFA Klub-Weltmeisterschaft – drei Titel haben die Königlichen unter dem früheren Ausnahmekönner aus Marseille 2016 holen können. Drei internationale Pokale. Mit der Primera División hätte es fast auch den wichtigsten auf nationaler Ebene gegeben. Nachdem die Meisterschaft nach dem 26. Spieltag aufgrund eines auf zwölf Punkte angewachsenen Rückstands auf Barça öffentlich für verloren erklärt worden war, beendete Real die Saison mit lediglich einem Zähler Rückstand auf die Spitze.
Die eigene Konstanz und einige Ausrutscher der Katalanen sorgten dafür, dass es völlig unerwartet doch noch einmal spannend wurde – und natürlich der Ausgang des Clásico am 2. April. Der Erzrivale ging im heimischen Camp Nou in Führung, woraufhin das weiße Ballett stark antwortete und die Partie in ein 2:1 umdrehte. Ein Sieg, der am Ende zwar nicht für den Liga-Titel reichen sollte, dem Team aber eine Menge Selbstvertrauen einbrachte – auch für das europäische Geschäft. Ersatzkeeper Kiko Casilla ging kürzlich sogar so weit und bezeichnete den Triumph als „Schlüssel, um die Champions League zu gewinnen“.

Erst 0:2, dann 3:0: Große Aufholjagd gegen Wolfsburg
Ein weiteres Schlüsselspiel auf dem Weg zu „la Undécima“: das Viertelfinal-Rückspiel gegen den VfL Wolfsburg. Eine epische Aufholjagd, ein perfekter Abend. Hatten sich die Blancos wenige Tage nach dem Clásico-Sieg mit einer 0:2-Niederlage auf deutschem Boden selbst in die Bredouille gebracht, siegten sie im Estadio Santiago Bernabéu 3:0. Alle drei Tore: Cristiano Ronaldo! Schon nach 17 Minuten stand ein 2:0 auf der Anzeigetafel.
Dramatisches Champions-League-Finale gegen Atlético
22 Tage später löste Zidanes Truppe schließlich das Ticket zum Finale der Königsklasse. Im Halbfinale folgte gegen Manchester City auf ein 0:0 im Hinspiel ein 1:0 an der Concha Espina. Ein Erfolg trennte Real nun nur noch vom Henkelpokal – und dieser Erfolg musste gegen Stadtrivale Atlético her. Wie schon 2014 in Lissabon. Und so wie 24 Monate zuvor jubelte am Ende das Team in weiß. Und so wie 24 Monate zuvor war es äußerst knapp.
Am 24. Mai 2014 hatte Real sich den Sieg in der Verlängerung gesichert, am 28. Mai 2016 erst im Elfmeterschießen (6:4). Was diesmal anders war: Die Merengues erzielten die Führung, kassierten elf Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit aber das 1:1. Bitter. Aber: Real brach nicht auseinander. Das Endspiel in Mailand war 2016 eines von etlichen perfekten Beispielen dafür, dass man die Köpfe bei einem Rückschlag nicht hängen lässt, wenn man das weiße Trikot am Leib trägt. Niemals.

Eine „Remontada“ nach der anderen
Diese Einstellung bescherte den Madrilenen am 9. August den nächsten Titel. Im Finale des Super Cups hatte Real in Front gelegen, fing sich dann allerdings zwei Gegentore. Das Duell schien verloren, ehe Sergio Ramos in der zweiten Minute der Nachspielzeit das 2:2 und Daniel Carvajal schließlich in der Verlängerung mit einem tollen Solo das 3:2 markierte.

Mit dem exakt gleichen Spielverlauf machten die Könige Europas die Tabellenführung in der Liga zum Jahresende gegen Deportivo La Coruña – die Galicier gastierten zum ersten und letzten Heimspiel des Jahres in Madrid – dingfest. Führung, Gegentor, Gegentor, Ausgleich, Führung. Ein Spektakel. Hatte Kapitän Ramos seine Mannschaft in der Vorwoche in der 90. Minute ein 1:1 bei Barça gesichert, köpfte er diesmal in der Nachspielzeit das 3:2.
Dank einer wieder einmal phänomenalen Aufholjagd reisten die Stars folglich zur FIFA Klub-Weltmeisterschaft ins Ferne Japan – und kamen nicht ohne Titel im Gepäck zurück nach Spanien. Nach einem souveränen 2:0 im Halbfinale gegen Club América brauchte es im Endspiel gegen die Kashima Antlers aber eine erneute „Remontada“. Damit hatte niemand gerechnet. Real ging in Führung, kassierte zwei Tore, glich aus und traf zwei weitere Male.

Siegermentalität bringt Madrid weit
Das alte Muster, könnte man inzwischen fast schon meinen. Am Ende war es insbesondere die ungeheure Siegermentalität, die der längst glänzenden Vitrine des Weltvereins noch mehr Trophäen bescheren sollte. Dafür gibt es sogar lobende Worte von Xavi Hernández: „Sie hören nie auf, daran zu glauben. Madrid ist ein Gewinner-Klub.“ Man muss sich künftig wohl keine großen Sorgen machen, wenn Zidanes „Gladiatoren“ in Rückstand geraten. Sie kennen das und können gut damit umgehen. Und so kann Señor Butragueño ruhig auch auf ein gutes 2017 hoffen – auch wenn es sich dabei um ein ungerades Jahr handelt…
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