
SIVAS. Selbst der Altmeister Pelé soll Gänsehaut bekommen haben, als er Robinho das erste Mal gesehen hatte: „In ihm sah ich mich selber mit 15 Jahren, ich habe fast geweint.“ Der Wechsel von Robson de Souza nach Madrid war der Transfer des Sommers 2005. 24 Millionen Euro hatten sich die Königlichen dessen Dienste kosten lassen. Eine ordentliche Summe für die damalige Zeit! Der damals 21 Jahre alte Brasilianer erhielt die Nummer 10, welche vor ihm den Rücken von Luís Figo zierte. In Madrid wird Robinho letztlich zweimal spanischer Meister und durfte in 137 Einsätzen oft als Stammspieler ran. Der erste Clásico? „Man of the Match“! Die Ehe des Edeltechnikers mit Real Madrid, sie begann vielversprechend. Doch endete sie als großes Missverständnis.

„Ich verhielt mich nicht gut“
Drei Jahre verzauberte der quirlige Dribbler die Fans im Benabéu, ehe er sich 2008 wenig freundschaftlich aus der spanischen Hauptstadt verabschiedete. Grund dafür soll der Umgang der Verantwortlichen in Madrid mit dem sensiblen Genie beim Wechselpoker um Cristiano Ronaldo gewesen sein. Im brasilianischen Sender SporTV erklärte Robinho, dass er Madrid verlassen habe, weil der Klub ihn für den CR7-Transfer als Wechselgeld benutzen wollte. Robinho fühlte sich verachtet und nicht geschätzt. Als sich dann die Gespräche mit dem Portugiesen nicht entwickelten und die Verantwortlichen wieder auf den Brasilianer zukamen, erwiderte der: „Ihr wolltet nicht, dass ich gehe? Jetzt will ich gehen!“

Er fühlte sich gezwungen, Madrid erhobenen Hauptes zu verlassen. Und erkannte sein Scheitern: „Es war ein polemischer Abschied, ich war sehr jung, sehr explosiv. Ich verhielt mich nicht gut“, gestand er vor einem Jahr. Der Wechsel zu Chelsea platzte, also wurde am letzten Transfer-Tag ein anderer Deal eingefädelt: Manchester. Er dachte: United. Doch handelte es sich um: City. „Ich wusste nicht, dass es in Manchester noch einen anderen Klub gab“, wird er Jahre später zitiert. Viel Zeit zu reden besaß der Mann aus São Vicente in der englischen Metropole sowieso nicht: Auch in Manchester scheiterte er und nach anderthalb Jahren und 53 Einsätzen wechselte er erneut. Als weitere Stationen hielten Heimatklub Santos, der AC Mailand, Guangzhou Evergrande und zuletzt Atlético Mineiro in Brasilien hin. Beständigkeit fand er nirgends, weder sportlich noch privat. Nun sucht er sein sportliches Glück in der Türkei. Und scheint es dort dank fünf Torbeteiligungen in sechs Einsätzen gefunden zu haben, doch befindet sich Robinho längst nicht mehr wegen sportlicher Leistungen in den Schlagzeilen.
Trainingsprügelei, Nachtclub-Exzesse, angebliche Vergewaltigung
Trotz einiger Trophäen in der Laufbahn Robinhos liegt die Versuchung nahe, zu hinterfragen, was mit etwas mehr Ehrgeiz und vor allem Disziplin möglich gewesen wäre. Nicht wenige hatten den heute 34-Jährigen als künftigen Weltfußballer auserkoren. Mit Eskapaden auf und neben dem Platz stand er sich jedoch selbst im Weg. 2006 wurde er unter Trainer Capello nach einer Rauferei mit Teamkollege Gravesen vom Training suspendiert. Während seines Intermezzos bei den Citizens soll er unentschuldigt nach Brasilien verschwunden sein, um dort seinen Geburtstag zu feiern. Nicht die einzige unerlaubte Exkursion während seiner Zeit auf der Insel. All das jedoch Jugendsünden im Vergleich zu dem, was im November ans Licht kam: Robinho soll zusammen mit fünf Freunden eine Albanerin in der Garderobe eines Mailänder Nachtclubs vergewaltigt haben. Die Verurteilung von einem Mailänder Gericht für jene Tat aus dem Jahr 2013 setzt dem Ganzen die schändliche Krone auf.
Der graue Schleier und die Frage, was möglich gewesen wäre?
Die erste Instanz befand Robinho für schuldig, behängte ihn mit einer neunjährigen Gefängnisstrafe. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig – seine Anwälte legten Berufung ein. Bis der Fall durch alle juristischen Instanzen geht, wird noch viel Zeit verstreichen und selbst dann Robinho kaum hinter Gitter müssen: Brasilien liefert seine Staatsbürger nicht aus. Somit würde er mit einer Geldstrafe von 60.000 Euro mehr als glimpflich davonkommen. Er selbst beteuert vehement seine Unschuld und ließ über seine Verteidigung unmittelbar nach dem Urteil verlauten, „an diesem Vorfall keinerlei Beteiligung zu haben.“ Ähnlichen Anschuldigungen sah er sich bereits 2009 nach einem Diskothekenbesuch in Leeds ausgesetzt. Damals wurde der Vorwurf allerdings als Lüge entlarvt.

Glück in der Türkei wieder gefunden
Ob schuldig oder nicht, der Prozess gegen ihn liegt nun zusammen mit all den anderen Exzessen wie ein grauer Schleier über einer Karriere, in der viel, viel mehr möglich gewesen wäre. Da kommt die verpasste Teilnahme an der WM 2014 im eigenen Land nur als Randnotiz daher. Welche Rolle dabei seine regelmäßigen Aufenthalte in Nachtclubs gespielt haben, muss jeder für sich deuten. Dafür es aktuell bei Sivasspor ganz gut läuft, mag zwar versöhnlich für ihn sein, kann aber sicher nicht der Maßstab sein, der für einen einstigen Pelé-Nachfolger angelegt werden sollte.
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