Historie

Spezielle Fälle: Wenn sich Real und Barça die Spieler wegschnappen

Real Madrid und der FC Barcelona haben sich über die letzten Jahrzehnte hinweg nicht nur hitzige und spannende Duelle auf dem Rasen geliefert, sondern sich abseits davon um den einen oder anderen genialen Fußballer duelliert. REAL TOTAL blickt zurück auf denkwürdige und teils kuriose Fälle, bei denen sich Real und Barça die Spieler wegschnappten.

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Pérez löste Wahlversprechen ein, Figo wurde Barças „Judas“

Während Di Stéfano nie ein Pflichtspiel für den FC Barcelona bestritt, trug Luís Figo in 249 Pflichtspielen, in denen er 45 Tore erzielte und 68 vorbereitete, das rot-blaue Jersey. Der Portugiese wechselte 1995 als 22-Jähriger für 2,5 Millionen Euro von Sporting an die katalanische Mittelmeerküste und avancierte im Camp Nou zum Star, der 1997 und 1998 mit der Blaugrana die Copa del Rey und 1998 und 1999 die spanische Meisterschaft gewann. Doch Figo begann in Barcelona zunehmend, die Wertschätzung des Vereins zu vermissen. So zumindest behauptete er es in einer Netflix-Dokumentation mit dem Titel „Die Figo-Affäre: Der Transfer, der den Fußball veränderte“, die 2022 erschien. Bei Real Madrid stand unterdessen für den Juli 2000 die Präsidentschaftswahl an. Der Bauunternehmer Florentino Pérez, der im Februar 1995 gegen Ramón Mendoza mit circa 700 Stimmen unterlag, kündigte seine erneute Kandidatur an. Und Pérez lockte mit dem surreal anmutenden Versprechen, ebenjenen Figo vom FC Barcelona zu verpflichten, sollte er zum Präsidenten ernannt werden.

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Das legendäre Titelblatt der AS zu Figos Rückkehr nach Barcelona im Jahr 2002

Pérez kontaktierte Paulo Futre, einen ehemaligen portugiesischen Nationalspieler und eine Art Spielervermittler, und erzählte ihm von seinem verrückten Plan. Futre wiederum trat mit Pérez’ Anliegen an Figos Berater José Veiga heran, der das Unterfangen daraufhin für unsinnig befand. Futre, so versicherte er in der Netflix-Dokumentation, bluffte vor Pérez allerdings und handelte indes für sich und Veiga eine Provision von sechs Millionen Euro aus – ohne, dass Pérez und Figo etwas davon wissen sollten. Pérez ließ nicht locker, Barça machte derweil keine großen Anstalten, Figos Kontrakt signifikant zu verbessern und dem Angreifer dadurch mehr Anerkennung zuteilwerden zu lassen. Nachdem Pérez sich dann tatsächlich mit 13.302 Stimmen gegenüber seinem Gegenkandidaten Lorenzo Sanz durchgesetzt hatte, löste er sein Wahlversprechen ein, zog Figos Ausstiegsklausel von 60 Millionen Euro und schuf damit den Grundstein der Galáctico-Ära. Für Figo, der ursprünglich bei Barça bleiben wollte, gab es vermutlich auch kein Zurück mehr – weil ihm sein Management wohl keine andere Wahl ließ. Dieses soll zuvor mit Pérez eine Vereinbarung geschlossen haben: Hätte Figo sich trotz dieser geweigert, hätte er sich mit einer Strafe von 30 Millionen aus dem Vertrag „freikaufen“ müssen. Die genaue Wahrheit hinter dem Wechseltheater liegt trotz zahlreicher Aussagen beteiligter Protagonisten jedoch irgendwo dazwischen. Seinen Heldenstatus in Barcelona war Figo mit dem Wechsel zu Real Madrid jedenfalls los, stattdessen wurde er als Judas regelrecht verteufelt. Denkwürdig: Als Figo am 23. November 2002 erstmals wieder im Camp Nou auflief, gab es nicht nur ein gellendes Pfeifkonzert – sondern, als er eine Ecke treten wollte, sogar einen Schweinekopf-Wurf. Der Wechsel zu Real Madrid sollte sich aber auszahlen. Nicht nur, weil Figo 2000 den Ballon d’Or und 2001 den Weltfußballer-Titel gewann, sondern sich 2002 den Traum vom Champions-League-Pokal erfüllte. Insgesamt streifte er sich in 245 Pflichtspielen das „Camiseta“ der Blancos über, schoss 57 Tore und legte 93 auf.

Noch ein Galáctico: Barça wollte Beckham, Beckham wollte Real

Figo, Zinédine Zidane und Ronaldo Nazário reichten Pérez aber noch nicht. Es sollte ein weiterer Galáctico her. 2003 hatte es Real Madrids Präsident auf keinen Geringeren als David Beckham abgesehen. Beckham war damals der große Star von Manchester United und der englischen Nationalmannschaft, seine Beziehung zu Uniteds Trainer Sir Alex Ferguson begann zunehmend unter Spannungen zu leiden. Diese mundeten darin, dass Ferguson den Entschluss fällte, Beckham ziehen zu lassen. Aber nicht etwa zu Real Madrid, sondern zum FC Barcelona. Ferguson bot den Katalanen einen Deal an. Beckham selbst war konsterniert, als Joan Laporta, der sich im Sommer 2003 erfolgreich um die Präsidentschaft bei Barça beworben hatte, bei einer Pressekonferenz proklamierte, dass die Red Devils einem Transfer zugestimmt hätten: „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Manchester United einem Deal zugestimmt hat. David Beckham wird künftig für den FC Barcelona spielen.“ Problem nur: Beckham wollte Manchester eigentlich nicht verlassen – und wenn, dann nur zu Real Madrid, seinem Lieblingsverein.

Pérez hielt den schillernden Star für einen Spieler, der „dafür geboren wurde, um bei Real Madrid zu spielen“. Beckham berichtete in seiner 2023 erschienenen Netflix-Dokumentation: „Das Telefon klingelte, es war Florentino. ‚David, möchtest du für Real Madrid spielen?‘ Ja. ‚Kein Problem.‘ Abgemacht.“ 35 Millionen wurden überwiesen und Pérez und Madrid hatten einen weiteren Galáctico. Wohingegen der FC Barcelona einen weiteren großen Star zu Real gehen sah. Ein Star, der er nicht nur fußballerisch, sondern auch vermarktungstechnisch war. Mit der Beckham-Verpflichtung drang der spanische Rekordmeister – insbesondere auf dem asiatischen Markt – in neue Sphären vor.

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Inhaltsverzeichnis

  1. Seite 1 Einleitung
  2. Seite 2 Galáctico-Ära: Figo und Beckham
  3. Seite 3 CR7, Villa, Özil und Neymar
  4. Seite 4 Gomes, Alaba und Güler
Kommentare
Sehr geiler Artikel! Solche Geschichten gibt's heute nicht mehr zu erzählen. Vieles hat sich verändert, eines aber scheinbar nicht: es ging damals wie heute um Geld!
 
Danke für diesen langen und gut geschriebenen Artikel. Beiträge wie dieser machen für mich ein (Qualitäts-) Magazin aus. Was welcher Spieler auf Insta postet, kann ich auch anderswo (früher) sehen, wenn ich will.

BTW eines der spannendsten What-Ifs:
Ronaldinho zu Real (der wurde damals auch Perez angeboten), Beckham dafür zu Barça.
Den einen holte Barça, weil der andere nach Madrid ging.
 
Ich weiß nicht ob ich Barca je verzeihen werde, dass sie uns Andre Gomes vor der Nase weggekauft haben

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