Interview

„Sehr dünn“: Kroos bewertet Real-Saison und Clásico

Kein Optimismus selbst nach der 2:0-Führung: Toni Kroos sieht in der Niederlage gegen den FC Barcelona das Spiegelbild der Saison von Real Madrid. Der Ex-Taktgeber bewertet die Spielzeit der Königlichen und verteidigt Jude Bellingham.

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Toni Kroos Real Madrid
Toni Kroos lief bis Mitte 2024 für Real Madrid auf – Foto: Lars Baron/Getty Images

„Irgendwie ist das ein Gefühl dieser Saison“

MADRID. Vier Duelle, vier Niederlagen: Für Real Madrid ist die Saison nicht nur im großen Ganzen, sondern auch mit Blick auf die Kräftemessen mit dem FC Barcelona eine zum Vergessen. Als die Königlichen zuletzt einen Clásico gewannen, war ihr Trophäenschrank noch um eine Meisterschaft und einen Champions-League-Titel ärmer – und unter anderem Toni Kroos noch da. Seit dem 21. April 2024 gibt es gegen Barça nichts zu feiern.

Dabei hatte es am Sonntag eigentlich gut schon danach ausgesehen, als würde es mal wieder ein Erfolgserlebnis geben. Kylian Mbappé bescherte dem weißen Ballett mit einem Doppelpack bereits nach einer Viertelstunde eine 2:0-Führung. Aber dann: 2:4 noch vor der Pause, 3:4 zum Abpfiff.

Kroos leidet mit, nun eben als Zuschauer. Der 35-Jährige im Gespräch mit Bruder Felix im gemeinsamen Podcast „Einfach mal Luppen“: „Irgendwie ist das ein Gefühl dieser Saison. Ich war mir auch nach dem 2:0 relativ unsicher, dass dieses Spiel pro Real ausgeht, muss ich fairerweise sagen. Das Spiel selbst hat es bis zum 2:0 gar nicht so sehr hergegeben. Das war eigentlich ein Geschenk des Himmels, dass du 2:0 in Führung gehst. Es spielt dir eigentlich voll in die Karten, gerade wenn du so spielen willst, wie Real die Clásicos angegangen ist.“

Toni Kroos: „Du merkst trotz 2:0 weiterhin Zweifel“

Mit welcher Selbstverständlichkeit die Katalanen sich einmal mehr zurückkämpften, imponiert Kroos. „Das ist das sehr Beeindruckende an Barça: Die spielen weiter, als wenn nichts gewesen wäre, nichts passiert ist. Die gehen weiter das Risiko, eher 7:0 zu verlieren, aber haben so diese Sicherheit, diese gewisse Leichtigkeit. Man merkt keine Angst vor dem Verlieren. Das ist aktuell wirklich einmalig. Das ist ganz viel Mentalität, dass du einfach sagst: 0:2, egal, wir machen einfach weiter. Und du merkst aber bei Real trotz 2:0 weiterhin Zweifel. Das, was Tore eigentlich mit einem Spiel machen – da hat kein Tor das Spiel verändert. Es war die ganze Zeit das gleiche Spiel. Das liegt vor allem daran, dass Barça aktuell eine Leichtigkeit mit Ball hat. Dass Real da aktuell vielleicht nicht mit dem größten Selbstverständnis hinfährt, ist klar. Was ein bisschen wundert, ist, dass du selbst nach einem 2:0 nicht sagst: Boah, das gibt uns so viel Mut, dass wir jetzt versuchen, einfach mehr Fußball zu spielen und Sicherheit am Ball zu haben. Das ist ein bisschen überraschend“, gestand er.

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„Du brauchst die Spieler dazu“

Real verlor damit einmal mehr in dieser Saison ein Spitzenduell. Kroos sieht das große Problem darin, dass den Blancos – auch aufgrund etlicher Abwehr-Ausfälle – im Spielaufbau viel abgeht. Die Folge: lange Bälle. „Du hast fast die ganze Viererkette raus. Du brauchst die Spieler dazu. Das ist einfach so. Wenn du die nicht hast, ist es auch vernünftig, das nicht zu tun. Trotzdem erwartet man von Real, dass das eine Mannschaft ist, die von hinten rausspielt. Das war wirklich wenig gegeben, zumindest gegen Mannschaften, die hoch gepresst haben. Das machen die meisten Top-Mannschaften einfach, deswegen wurde es gegen die meisten Top-Mannschaften in diesem Jahr sehr dünn“, so der langjährige Taktgeber, den Real in der Hinsicht zu oft vermisst.

Toni Kroos verteidigt Jude Bellingham

In der Offensive hingegen harmonierten die vermeintlichen fantastischen Vier nicht derart gut, wie man sich das nach der Verpflichtung von Kylian Mbappé vorgestellt hatte. Dass beispielsweise Jude Bellingham einen Rückschritt gemacht habe, möchte Kroos so nicht stehen lassen.

Der sechsfache Champions-League-Sieger: „Das hat mit der Gesamtsituation zu tun, dass du in einen Strudel kamst, wo es einfach allgemein nicht lief. Dass verschiedenste sportliche Probleme da waren, ist ja offensichtlich. Jude war in meinen Augen trotzdem immer einer, der gebissen hat, da war, nach wie vor immer diese Wege macht. Er muss noch mal mehr arbeiten als letztes Jahr, das darf man nicht vergessen. Er war einer von den dreien vorne, jetzt waren zum größten Teil drei vor ihm, wo er einen Tick mehr mitarbeiten musste als vorher. Er musste einen Tick weiter hinten spielen. Vorher war er eher der, der im letzten Drittel den Ball empfangen hat. Daher ist es, glaube ich, eher die Gesamtsituation. Für mich ist Jude einer der komplettesten Spieler, die es auf der Welt gibt. Ich habe null Zweifel, dass er in den nächsten Jahren absolut prägend ist, schon letztes Jahr war, in meinen Augen nach wie vor ist und es wieder noch mehr sein wird.“

Toni Kroos: „Du hast so eine Saison einfach mal“

Insgesamt würde man auch laut Kroos vielen Spielern anmerken, „dass es eine sehr kräftezehrende Saison war. Man merkt, dass viele einfach komplett konstant fast alles spielen mussten. Das schlaucht nicht nur körperlich, sondern auch mental. Dann hast du so viele negative Ergebnisse wie ganz, ganz lange nicht. Du hast viele Spiele verloren, die du sonst nie verloren hast. Jeder hat sich gefühlt durch die Saison geschleppt – immer mit dem Gefühl, dass es nicht so läuft. In dem Verein hast du es noch mal mehr, dass du es fühlst. Es ist einfach so, dass es dieses Jahr nicht so diesen Turnaround gab. Ich hatte so ein bisschen Hoffnung nach den City-Spielen. Aber es gab nicht so diesen Turnaround, den man gespürt hat. Dann ist es halt so eine Saison. Es kann immer mal passieren. Wir hatten 2019 auch so eine Saison. Da sollten wir auch alle verkauft werden, die drei Champions-League-Siege in Folge wurden schnell vergessen. Du hast so eine Saison einfach mal, das ist so. Ich bin trotzdem überzeugt: Wenn du im Sommer schlau handelst – das ist natürlich eine Voraussetzung –, wird Real ganz schnell wieder da sein, wo sie die letzten Jahre waren und hingehören“. Dann unter Xabi Alonso.

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Sehr gute Worte Toni! Du fehlst an allen Ecke und Enden - hast aber zum Glück den perfekten Abgang gewählt und deshalb alles richtig gemacht! Leider ist Carlo zu stur gewesen um mit dir in den Sonnenuntergang zu reiten...
Nichtsdestotrotz muss ich noch anmerken, dass du vor der Saison noch versprochen hast wir werden Meister. Das zeigt mal wieder, dass niemand mit dieser absolut schmachvollen Darbietung des gesamten Klubs auf ausnahmslos allen Ebenen (Mannschaft, Trainer, Vereinsführung) gerechnet hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Wir hatten 2019 auch so eine Saison. Da sollten wir auch alle verkauft werden, die drei Champions-League-Siege in Folge wurden schnell vergessen."

sorry bro :D:D:D:D:D:D:D:D
 
Abgesehen davon, dass das ein völlig deplatzierter Kommentar ist (themenfremd, politsch und polarisierend) - warum sollte er?

Er steht zu seinen Überzeugungen und er sagt was er denkt.
Weil es Russenhass ist, und sowas sollte im Fussball keinen Platz haben. Politisch und polarisierend ist Das Logo nicht meine Meinung dazu. Ich stehe ein für neutralität und werde das auch für immer und ewig machen! Mir verbietet nichts und niemand auf der Welt den Mund
 

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