Reportage

Wenn Fußball nur Nebensache ist: Der traurige Absturz von Jesé

Nach einem traumhaften Einstand mit einem Tor gegen Arsenal steht Jesé Rodríguez mittlerweile auch bei Stoke City auf dem Abstellgleis. Dass seine Karriere seit seinem Abschied von Real Madrid den Bach heruntergeht, hat nicht nur sportliche Gründe.

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Jesé Rodríguez Real Madrid
Jesé Rodríguez verließ Real im Sommer 2016 – Foto: Denis Doyle/Getty Images

Von Reals Hoffnungsträger zu Stokes Bankdrücker

STOKE-ON-TRENT. Zinédine Zidane wollte ihn eigentlich gar nicht abgeben. Er sah – wie sein Mentor Carlo Ancelotti – in ihm einen möglichen Nachfolger von Cristiano Ronaldo. Doch Jesé Rodríguez hatte einen anderen Plan. Er war die Rolle des Edeljokers von Real Madrid leid und wechselte in der Hoffnung zu Paris Saint-Germain, um endlich als unverzichtbarer Stammspieler in Europa für Furore zu sorgen. Das war im Sommer 2016. Heute, knapp eineinhalb Jahre später, würde der Flügelspieler wohl am liebsten noch einmal die Zeit zurückdrehen. Denn: Seit seinem Abschied aus Madrid läuft für Jesé alles schief, was schief laufen kann.

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Kragen geplatzt, Stadion verlassen, Strafe kassiert

PSG plant spätestens seit den dreistelligen Millionentransfers von Neymar und Kylian Mbappé im vergangenen Sommer ohne ihn. Viel schlimmer für den mittlerweile 24-Jährigen erscheint aber die Tatsache, dass er nicht einmal bei seinem zweiten Leih-Klub innerhalb eines Kalenderjahres in die Spur findet. Sein 1:0-Siegtor bei seinem Debüt gegen den FC Arsenal Ende August war seine einzige Sternstunde bei Stoke City. Es folgten viele durchwachsene Auftritte – und Ausmusterungen. In den letzten acht Spielen kam Jesé gerade einmal 31 Minuten zum Einsatz, saß sogar häufig nur auf der Tribüne. Als „Potters“-Coach Mark Hughes ihn dann beim 2:1 gegen Swansea City erneut schmoren ließ, platzte ihm der Kragen. Er stapfte nach dem letzten Wechsel seines Trainers wutentbrannt von der Bank in die Kabine, zog sich um und verließ das Stadion noch bevor der Schlusspfiff ertönte.

Nächster Vereinswechsel im Winter?

„Er wurde dafür bestraft. Er hat einen Fehler gemacht und verstanden, dass er keine korrekte Entscheidung traf. Er ist frustriert, weil er spielen will. Jesé ist kein Mann der vielen Worte, weil sein Englisch nicht sehr gut ist. Aber er weiß, dass das nicht richtig war“, erklärte Hughes im Nachhinein. Die britische Presse kritisierte den Angreifer scharf. „Vom Star zum Flop“, titelte der MIRROR. Die SUN schrieb sogar, dass Stoke den Angreifer am liebsten schon im Winter loswerden würde. Doch wohin mit dem Sorgenkind? Sein Berater Ginés Carvajal ist einer der besten Spaniens und könnte ihn sicherlich wieder in der Primera División unterbringen. Allerdings nicht bei jedem Klub. Auf der iberischen Halbinsel ist nämlich längst bekannt, dass Jesés sportlicher Absturz vor allem mit privaten Problemen zu tun hat. Überwiegend Frauenproblemen.

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Sie begannen schon, als er noch nicht einmal volljährig war. In seiner Heimatstadt Las Palmas lernte Jesé mit 17 die zwei Jahre ältere Melody Santana kennen und lieben. Nach nur einem Jahr Beziehung wurden die beiden unfreiwillig Eltern. Melody blieb mit Jesé Junior auf Gran Canaria, während der Papa in Madrid lebte und zum Real-Profi aufstieg. Die Fernbeziehung ging zu Bruch – auch, weil sich Jesé dem Vernehmen nach immer wieder mit anderen Frauen vergnügte.

Kritik am Lebensstil

Kritiker kreideten ihm deshalb bereits früh an, sich im Gegensatz zu seinem Vorbild Cristiano Ronaldo nicht zu hundert Prozent auf den Fußball zu fokussieren. Sein Lebensstil sorgte für Diskussionen. Das lag insbesondere daran, dass Jesé gerne ausging und eine – inzwischen eingestellte – Zweitkarriere als Reggaeton-Sänger einschlug. Im Verein besaß er jedoch allein wegen seiner fußballerischen Klasse stets mehr Fürsprecher als Gegner.

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Von seinen Mitspielern machte sich vor allem Álvaro Arbeloa immer wieder für ihn stark. Der Abwehr-Routinier wohnte im Madrider Nobelviertel Pozuelo de Alarcón direkt neben Jesé und nahm ihn einmal sogar für ein paar Tage bei sich auf, als dessen Wohnung aus bis heute nicht überlieferten Gründen brannte. Überhaupt vertrauten sie bei den Königlichen auf die Fähigkeiten des Rechtsfußes, die er vor seiner schweren Knieverletzung im März 2014 eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte.

Jesé Rodríguez Real Madrid
Ein Kreuzbandriss im März 2014 warf Jesé aus der Bahn und kostete ihn obendrein die Teilnahme an der WM – Foto: Denis Doyle/Getty Images

Doch Jesé wurde nach seiner Zwangspause, die ihm der Ex-Schalker Sead Kolašinac in einem Champions-League-Spiel beschert hatte, nicht mehr der Alte. Er ließ sein Können im Santiago Bernabéu nur noch selten aufblitzen. Sein Selbstvertrauen war weg. Stattdessen füllte er zunehmend die Seiten spanischer Klatschblätter. 2015 wurde seine Affäre mit dem Model Fátima Heredia bekannt. Seine Freundin Melody tobte. „Er lud mich immer in Hotels ein, wenn ich ihn in Madrid besuchte. Er meinte, wir hätten dort mehr Ruhe, bis mir später klar wurde, dass Fátima einige Sachen in seiner Wohnung herumliegen hatte. Er betrog mich, auch wenn ich es damals nie wahrhaben wollte. Ich dachte immer, wir würden es irgendwie schaffen“, berichtete sie erst vor kurzem in einem Interview mit VANITATIS.

Ärger mit Frauen und Sorgen um dritten Sohn

Der Versuch, die Beziehung aufrechtzuerhalten, scheiterte. Jesé brach schließlich den Kontakt zu seiner Lebenspartnerin ab, obwohl sie ein weiteres Kind von ihm erwartete. Der kleine Neizan kam Mitte 2016 zur Welt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Real-Star aber schon neu verliebt. In Aurah Ruiz, eine 28 Jahre alte Dame der Kategorie „Instagram-Model“, die lange über die spanische Dating-TV-Show „Mujeres, hombres y Viceversa“ nach einem Partner gesucht hatte.

Jesé Rodríguez Paris St. Germain
Jesé mit seiner Freundin Aurah – Foto: Bertrand Guay/AFP/Getty Images

Mit ihr ist er bis heute zusammen, hat aber eher mehr statt weniger Sorgen. Und damit sind nicht etwa die sündhaft teuren Kleidungs- und Schmuckstücke gemeint, die sie vor allem während seines halbjährigen Intermezzos in Paris auf seine Kosten ausgegeben haben soll. Ihr gemeinsamer Sohn Nyan kam Ende Juni diesen Jahres zu früh und mit einer bislang unbekannten Krankheit zur Welt. Seither kämpft der Knirps in einem Krankenhaus auf Las Palmas um sein Leben. Sein Zustand hat sich spanischen Medienberichten zufolge in den vergangenen Wochen wieder verschlechtert.

Kein Wunder also, dass sich Jesé nicht auf seinen Beruf konzentrieren kann. Er lebt sozial isoliert im 3.000 Kilometer entfernten England und muss sich an eine andere Liga, andere Sprache, andere Kultur und andere Wetterbedingungen gewöhnen. Das ist zu viel für ihn, um durchzustarten und seine Karriere zu retten. Hinzu kommen diverse Nadelstiche von Aurah, die in Nyans unmittelbarer Nähe wohnt und im Vergleich zu Jesé jeden Tag für den Kleinen da sein kann. Mitte November tadelte sie ihren Partner in einem Live-Video auf Instagram: „Während dein Sohn krank ist und auf dich wartet, gehst du mit Freunden Essen. Du bis fast nie hier.“

Vielleicht rastete Jesé auch deshalb wenige Tage später beim Spiel gegen Swansea aus. Und vielleicht stellte ihn Stoke auch deshalb am vergangenen Wochenende bis auf Weiteres frei. Für das einstige Super-Talent ist der Fußball momentan verständlicherweise nur eine Nebensache. Auch wenn das wohl irgendwie schon immer der Fall war.

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Kommentare
Oh man schade um ihm aber gibt halt wichtigeres als Fußball und dazu erst 24 Jahre . Harte Zeiten für Jese aber du schaffst das bist doch ein stabiler Mann . Und was die Karriere angeht das schaffst du auch in 2 Jahren bist du wieder bei UNS und zwar gereift und wieder der Alte der die Seitenlinie entlang donnert . Gebe dir Gott Kraft das dein Sohn das packt . ;-)
 

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