
„Die Krise hat jeden erreicht“
MADRID. In 2018 hätte alles anders werden sollen, doch statt zur großen Aufholjagd in der Liga zu blasen, ließ Real Madrid am 18. Spieltag beim 2:2 gegen Celta Vigo erneut Punkte liegen. Bei aktuell 16 Punkten Rückstand auf den Tabellenführer aus Barcelona (mit einem Nachholspiel in der Hinterhand) können die ohnehin nur noch zarten Meisterschaftsträume nun endgültig begraben werden. Was jedoch weitaus schwerer wog als der erneute Punktverlust im Estadio Balaídos, war der einmal mehr lust- wie inspirationslose der Blancos, der im Lager der Madrilenen für große Fragezeichen und noch mehr Enttäuschung sorgte.
Für Jorge Valdano ist der jüngste Auftritt in Galizien das Ergebnis eines schleichenden Prozesses, der sich in den letzten Monaten seinen Weg gebahnt hat. „Es ist sehr schwierig, genau zu sagen, was mit Madrid seit dem Sommer passiert ist. Eine Mannschaft stürzt nicht einfach so in den Abgrund, sie baut aus einem bestimmten Grund ab und verliert nach und nach ihr Selbstvertrauen. Es ist der Moment gekommen, in dem die Krise jeden erreicht hat“, so der frühere Profi, Trainer und Generaldirektor der Königlichen bei ONDA CERO.
Ein akutes Problem sieht der Argentinier dabei in der mangelhaften Balance der Madrilenen, die sich zum einen in Ballbesitz schlecht positionieren, um etwaige Ballverluste abzufangen, zum anderen während des Pressings oft unkoordiniert und mit großen Lücken zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen anlaufen: „Mannschaften wie Real ordnen sich um den Ball herum, sobald sie unpräzise werden, beginnen sie, es dem Gegner leicht zu machen. Sie erscheinen taktisch nicht sehr geordnet. Ich habe das Gefühl, dass die Spieler, die Energie und Lust haben, versuchen, vorne zu pressen, und die eher konservativen und auf Balance bedachten Spieler versuchen, weiter hinten zu warten. Das Team ist unberechenbar. Es gibt Momente, in denen es scheint, dass man den Gegner auffressen will, in anderen Momenten wiederum wartet man extrem weit hinten.“
„Es ist ein Problem der Ordnung und das obliegt dem Trainer“
Nun liege es vor allem an Zinédine Zidane, diese Probleme schnellstmöglich in den Griff zu bekommen. Für Valdano ist der große psychologische Effekt, den der Franzose als Nachfolger des glücklosen Rafael Benítez auf seiner Seite wusste, mittlerweile verpufft, nun sei „Zizou“ besonders in taktischer Hinsicht gefragt: „Ich weiß das nicht in Prozenten zu beziffern, aber Zidane kam vor zwei Jahren und konnte der Dynamik im Team eine Wende geben. Jetzt steht er vor einer ähnlichen Herausforderung. Damals musste er Rafa Benítez korrigieren, jetzt muss er sich selbst korrigieren. Er trägt seinen Teil der Verantwortung, weil sie ein Problem mit der Ordnung haben und das obliegt ganz klar der Verantwortung des Trainers.“
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Neben den taktischen Mängeln brachte der 62-Jährige auch die körperliche Komponente als mögliche Ursache ins Spiel. Wie schon gegen Barcelona (0:3) erfolgte nämlich auch gegen Celta ein merklicher Einbruch in der zweiten Halbzeit: „Wenn wir Gründe finden wollen, die uns helfen sollen, das Problem zu verstehen, müssen wir ein Auge auf den physischen Zustand werfen, weil die Mannschaft gegen Barça im zweiten Durchgang eingebrochen ist. Das Auftreten war nicht dasselbe wie im ersten Durchgang. Nicht alle Spieler haben die gleiche Verantwortung oder die gleiche Energie, aber sie fallen Tag für Tag mehr auseinander und das ist alarmierend.“
Natürlich seien in der aktuellen Situation jedoch auch die Spieler selbst gefragt, so Valdano weiter: „Aber wir sollten die Spieler nicht aus der Verantwortung ziehen. Dafür sind sie zu groß, um das zu tun. Das Kuriose ist, dass es vor Kurzem noch so schien, dass diese Mannschaft einen Zyklus begründet, jetzt ist man verwirrt, weil zwar Qualität, Erfahrung und Führungsqualitäten vorhanden sind, aber das Team hat sich zurückgelehnt und wirkt viel verwundbarer als noch vor einigen Monaten.“
„Marcelo wird nicht in der Defensive vermisst“
Dass sich zahlreiche Leistungsträger der vergangenen Spielzeit gegenwärtig in einem Leistungsloch befinden, kann ebenfalls als einer der Hauptfaktoren für die aktuelle Krise angeführt werden. Insbesondere Marcelo ist vor allem offensiv in dieser Saison noch auf der Suche nach der Genialität und Durchschlagskraft des letzten Jahres. Wenngleich der Linksverteidiger gegen Celta vor allem defensiv einen rabenschwarzen Abend erwischte, bemängelte Valdano beim Brasilianer die derzeit ausbleibenden Offensivimpulse, die dem Spiel der Königlichen weitaus mehr abgehen würden: „Barcelona verfügt in Ballbesitz über eine bessere Balance und über das Spiel betrachtet scheint es so, dass sie das Tempo anziehen oder drosseln, je nachdem wie es ihnen behagt. Bei Real neigen die Spieler dazu, nach innen zu ziehen, und die Außenverteidiger gehen nach vorne. Man beschuldigt Marcelo, dass er nicht schnell genug zurückkommt. Aber Marcelo ist Marcelo, zur Zeit sorgt er offensiv allerdings nicht für Destabilisierung beim Gegner und da wird er auch vermisst, nicht in der Defensive. Das balancieren Casemiro oder die Innenverteidiger aus.“
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