Kommentar

Wort zum Spieltag: Ramos muss lernen, sich zu beherrschen

Sergio Ramos sorgt mit einer nicht geahndeten Tätlichkeit und einem Platzverweis gegen Deportivo La Coruña mal wieder für Schlagzeilen. Für REAL TOTAL-Redakteur Yannick Frei hat der Kapitän das Fass damit zum Überlaufen gebracht. Denn: Die zahlreichen Ausrutscher der Nummer 4 in der jüngeren Vergangenheit sind eines Spielführers Real Madrids eigentlich nicht angemessen. Das Wort zum Spieltag.

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Sergio Ramos
Sergio Ramos hatte sich mal wieder nicht im Griff – Foto: Armend Nimani/AFP/Getty Images

Das Fass ist voll

Eines vorneweg: Natürlich ist mir bewusst, wie wichtig Sergio Ramos für dieses Real Madrid ist und dass es eigentlich keinen besseren Kapitän als dieses Mentalitätsmonster, das wahrlich sein letztes Hemd zur Verteidigung dieses Wappens opfern würde, geben kann. Ich will an dieser Stelle auch keine Diskussion über das Kapitänsamt anstoßen. Das wäre sowohl übertrieben als auch lächerlich zugleich. Dennoch ist es in Anbetracht der letzten Vorkommnisse durchaus angebracht, kritische und mahnende Worte in Richtung der Nummer 4 zu verlieren. Denn: In letzter Zeit brachte der temperamentvolle Andalusier das Fass ein paar mal zu oft zum Überlaufen.

Dass Ramos – besonders gegen vermeintlich kleinere Gegner – immer mal wieder für einen großen Bock gut ist, ist hinlänglich bekannt. Und auch wenn diese zumeist offensichtlich aus Unkonzentriertheit oder Überheblichkeit resultieren, drückt der geneigte Madrid-Fan in solchen Situationen oftmals irgendwie ein Auge zu, schließlich kann man sich letzten Endes doch immer wieder sicher sein, dass „el Matador“ in den ganz großen Spielen auf den Punkt seine Top-Leistung abruft. Womit mich Ramos aber reihenweise zur Weißglut treiben kann, sind seine unnötigen und überharten Fouls, durch die er sich reihenweise überflüssige Gelbe oder sogar Rote Karten abholt. Ob das nun gegen Léganes oder den FC Barcelona (Lionel Messi lässt grüßen) der Fall ist, ist völlig unerheblich, in nahezu allen Situationen ist eigentlich ersichtlich, dass es sich entweder um Frust-Fouls oder kalkuliertes überhartes Einsteigen handelt. Beides Situationen, die sich ein Kapitän – und noch dazu bei einem Verein wie Real Madrid – eigentlich nicht erlauben darf. 


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Auch im Sieg gilt es, Größe zu beweisen

Was mich in letzter Zeit aber noch viel mehr ärgerte, waren die unsportlichen Aktionen, die auf die Kappe des Innenverteidigers gingen. Angefangen bei der Schauspieleinlage im Champions-League-Finale gegen Juan Cuadrado bis hin zum fast schon Verhöhnen von Messi im Rückspiel der Supercopa (2:0), als Ramos vorgab, „la Pulga“ den Ball in die Hand zu drücken, um ihn im letzten Moment doch noch wegzuwerfen (Video). Besonders letztere Szene sorgte bei mir für große Verärgerung, da sie, wenn man ehrlich ist, das Verhalten eines schlechten Gewinners widerspiegelte. Klar ist es schön, dass man den Erzrivalen nach langer Zeit endlich mal wieder in die Schranken weisen kann, doch sollte vor allem Ramos wissen, wie es sich anfühlt, auf der anderen Seite zu stehen. Auch im Moment des Triumphes sollte man niemals vergessen, wo man herkommt, und vor allem seinen Gegenüber mit Respekt behandeln.

Zumal es sich hierbei um Werte handelt, die eigentlich tief im Madridismo, sogar in der Hymne, verankert sind. Sowohl in der Niederlage als auch im Sieg Größe zu beweisen, zählt zu den „heiligen“ Regeln an der Concha Espina und sollte von jedem, der dieses Trikot trägt, auch entsprechend gelebt werden. Als Kapitän ganz besonders. Andererseits verbietet es sich, sich über das Verhalten eines Luis Suárez zu echauffieren – auch wenn dieses natürlich ebenso abzulehnen ist. Aber wie heißt es so schön: Erst einmal vor der eigenen Haustüre kehren.

Ramos sollte sich an Pepe orientieren

Zu allem Überfluss holte sich Ramos jetzt gegen Deportivo auch noch seinen nächsten Platzverweis. Den 23. im 526. Spiel für Real! Klar, über die zweite Gelbe lässt sich trefflich streiten, doch sich nach der nicht geahndeten Tätlichkeit gegen Fabian Schär nach Spielende vor die Kameras zu stellen und gegen die Schiedsrichter zu ledern, halte ich für reichlich unklug. Und irgendwie stellte diese Situation auch das große Dilemma des Kapitäns in diesem Zusammenhang zur Schau: Der Spanier will immer gewinnen und würde auch für seine Teamkollegen sprichwörtlich durchs Feuer gehen, wenn dabei jedoch regelmäßig die Emotionen mit ihm durchgehen, ist keinem damit geholfen.

Ramos sollte sich in meinen Augen ein Vorbild am kürzlich abgewanderten Pepe nehmen. Dem gelang es in den letzten Jahren auch, sich (überwiegend) komplett auf das Sportliche zu fokussieren und anderweitige Eskapaden auf dem Feld nahezu komplett zurückzufahren, was sich letztlich auch extrem positiv auf seine Leistung auswirkte. Und genau das würde ich mir in Zukunft auch von unserem Capitano wünschen.

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Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Wenigstens einer der sich nicht alles gefallen lässt,im Fußball läuft heutzutage sowieso alles zu glatt ab,bloß nur noch nichtssagende Aussagen in Interviews da tun solche reaktionen auf dem Platz mal gut.
 
Was hatte denn gestern Schärs Kopf in Ramos' Gesicht verloren? Das sollte auch geahndet werden, oder? Oder ist das keine Tätlichkeit, weil er sich anschließend so theatralisch fallen ließ, da Ramos' auf seine dreckige Provokation einging, um seine Teamkameraden zu schützen? Klar ist SR4 heißblütig und für solche Aktionen zu haben, aber man sollte Reals Kapitän nicht als Buhmann darstellen, der ein zügelloses Monster auf dem Platz ist. Er ist immer zur Stelle und rettete Real schon zu oft den Hintern, besonders in entscheidenden Partien. Er ist eine Führungsperson, die man wahrscheinlich so eine lange Zeit nicht mehr haben wird, geht immer voran und kämpft bis zum Ende. Da kann ich über solche ''Schwächen'' gerne hinwegsehen.
Zum CL-Finale: Cuadrado hat ihn getroffen, auch wenn es viele immer noch nicht wahrhaben wollen. Ob er das Meiste aus dieser Situation macht, war wohl seine Entscheidung. Ich kann den Schmerz nicht nachempfinden, den er dabei gespürt hat, da es rein subjektiv ist.
Messi bekam übrigens nur seine eigene Kost vorgesetzt und nannte Ramos daraufhin einen Hurensohn. Ein schlechter Verlierer (und Gewinner) ist ganz klar der Zwerg.
 
Ich kann mich über diese Dinge beim besten Willen nicht ärgern.
Ramos ist ein extrem temperamentvoller Spieler, was bei Real Madrid in den richtigen Situationen durchaus geschätzt wird, wenn es dann aber in die andere Richtung ausschlägt ist die Kritik groß. Klar kann man sich immer die Rosinen rauspicken und alles andere verteufeln, wird aber nichts ändern. Ramos ist extrem leidenschaftlich, was ihn dazu befähigt in den Momenten wenn keiner mehr dran glaubt, kleine Wunder zu vollführen, in anderen Momenten eben etwas überhart zu reagieren. Das sind die zwei Seiten einer Medaille und die gehören nun mal zusammen. Hinzu kommt, dass Ramos meines Wissens noch nie einen Gegenspieler verletzt hat, er rastet nicht völlig aus und verhält sich nicht auffällig unsportlich.
Ein Ramos mit weniger Leidenschaft würde dann eben auch nicht in der 93. Minuten das entscheidende Cl Tor schießen... und ja, in dieser ganzen seichten und glattgebügelten Fußballwelt ist Ramos für mich ein herausragender Spieler und Kapitän mit Character, den ich mit all seinen Stärken und Schwächen schätze.
 
Vor allem ist Ramos ein extrem fairer Sportsmann, der nie schlecht über seine Gegner redet und sie immer mit Respekt behandelt. Selbst nach den größten und ekelhaftesten Kämpfen auf dem Platz (z.B. gegen Atletis Diego Costa damals) klatscht er mit seinen Gegnern ab, umarmt sie etc. Selbiges auch vor den Spielen, wo er immer der Erste ist, der seine Gegner begrüßt, sogar solche Kotzbrocken wie Messi.
 
Ich kann mich über diese Dinge beim besten Willen nicht ärgern.
Ramos ist ein extrem temperamentvoller Spieler, was bei Real Madrid in den richtigen Situationen durchaus geschätzt wird, wenn es dann aber in die andere Richtung ausschlägt ist die Kritik groß. Klar kann man sich immer die Rosinen rauspicken und alles andere verteufeln, wird aber nichts ändern. Ramos ist extrem leidenschaftlich, was ihn dazu befähigt in den Momenten wenn keiner mehr dran glaubt, kleine Wunder zu vollführen, in anderen Momenten eben etwas überhart zu reagieren. Das sind die zwei Seiten einer Medaille und die gehören nun mal zusammen. Hinzu kommt, dass Ramos meines Wissens noch nie einen Gegenspieler verletzt hat, er rastet nicht völlig aus und verhält sich nicht auffällig unsportlich.
Ein Ramos mit weniger Leidenschaft würde dann eben auch nicht in der 93. Minuten das entscheidende Cl Tor schießen... und ja, in dieser ganzen seichten und glattgebügelten Fußballwelt ist Ramos für mich ein herausragender Spieler und Kapitän mit Character, den ich mit all seinen Stärken und Schwächen schätze.

Gut erkannt.
Gar nix muss er. Der Mann versprüht Feuer und das ist gut so.
 

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