
Bale doppelt, Ronaldo salutiert, Sevilla holt auf
MADRID. Mitten in der zweiten von drei englischen Wochen am Stück gab es für die Königlichen mehr oder weniger leichte Beute. Der auswärts noch sieglose FC Sevilla hat sich in der jüngeren Vergangenheit schon oft als Aggressionstherapie bewiesen, so musste der Tabellenzehnte auch heute herhalten. Denn Grund für Druck und Wut ablassen gab es für die Merengues genug, haben sie doch am Samstag erst den Sprung an die Tabellenspitze vergeigt, und den FC Barcelona stattdessen auf sechs Punkte davon ziehen lassen. Doch da gab es noch einen anderen, dem der Kamm schwillte – Cristiano „Kommandant“ Ronaldo. Von FIFA-Boss Joseph Blatter veralbert, erhoffte sich der Madridismo an diesem elften Spieltag eine gewaltige Trotzreaktion des portugiesischen Superstars. Viel tat sich im Vorfeld, viele Gerüchte entstanden. „Ronaldo Maravilla“-Sprechchöre in den Minuten 9, 10 und 77? Gab es nicht. Aber Ronaldos Spiel? War es nicht ganz. Zumindest nicht nur – denn es erstrahlten eher andere, fast schon Vergessene oder zumindest in der Kritik stehende. Carlo Ancelotti kündigte bereits an, leicht rotieren zu wollen – im Vergleich zur 2:1-Schlappe in Barcelona standen aber „nur“ Álvaro Arbeloa, Asier Illarramendi, Isco und Karim Benzema auf dem Feld. Vor allem die beiden letztgenannten standen zuletzt unter besonderer medialen Beobachtung – gleiches galt für Gareth Bale. Und als hätte sich ein anderer alter Mann über die Drei lustig gemacht, drehte dieses königliche Trio plötzlich auf!
Isco in der 4. Minute direkt mit der ersten dicken Chance – doch die wundervolle, direkte Kombination über Arbeloa, Bale und Benzema konnte der 21-Jährige trotz unverschämt guter Mitnahme nicht ins lange Eck schieben – es fehlten Zentimeter! Schon früh zeigte sich, wie teilnahmslos die Sevillanos zu Werke gingen, auch wenn deren erste Chance nicht lange auf sich warten ließ – aber bei Jairos ungenauen Schuss wäre López zur Stelle gewesen. Inmitten lautstarker Fangesänge – tolle Stimmung im Bernabéu trotz frostiger Bedingungen – kombinierten sich die Madrilenen dann zur Führung. Bei einem Konter in der 13. Minute war Isco nicht zu stoppen, er bediente Benzema, der mit Übersicht am Strafraum auf Bale, nicht auf den ins Zentrum gestarteten Ronaldo abgab. Der Waliser bewahrte Ruhe und schlenzte das Spielgerät aus 13 Metern in den langen Winkel – schöner kann eine Heimtorpremiere kaum ausfallen!
Das Bernabéu auch angesichts des nächsten Doppelpass‘ zwischen Bale und Benzema entzückt. Doch Sevilla-Keeper Beto machte die wundervolle, und durch unverschämt viel Freiraum entstandene „Balezema-Kombo“ zunichte. Ohnehin begeisterte die Mannschaft durch ihr variables Spiel, einzig Cristiano Ronaldo sollte ins Offensivspiel nicht wirklich integriert werden – noch nicht! Vielleicht auch, weil der Portugiese als letzte Station den finalen Pass im Strafraum erhalten sollte, das erklärte seine häufige Passivität im ersten Durchgang. Dann ein Freistoß, 35 Meter, rechtes Halbfeld. Eigentlich eine Sache für die Nummer 7. Nicht so heute, nicht so in der 27. Spielminute: Gareth Bale nahm Anlauf und über Umwege – die Gästemauer fälschte entscheidend ab – schlug die Kugel im Kasten der Sevillanos ein! Zack, wurde aus dem ersten Tor im Bernabéu, der erste Doppelpack im Bernabéu – doppelter Herzjubel inklusive! Solides Fundament, auf dem sich ein schicker Turm bauen ließ – dafür sorgten schon zuvor der Waliser mit einer weiteren Schussgelegenheit und Marcelo mit begeisternden Tänzchen, dank derer er seine Gegenspieler zurück in die Grundschule schickte. Aber nicht nur der Brasilianer, der seit Wochen in bestechender Form spielt, hatte für heute die feinen Schuhe ausgepackt – auch Madrids neuer Spielmacher Isco sprühte wieder vor Selbstbewusstsein. Nach der von Carlo Ancelotti als „Pause“ bezeichneten Startelf-Auszeit des Spaniers, gab die Nummer 23 heute wieder den unberechenbaren Eindruck ab, den man von ihr sehen will. Er traute sich Solos zu, auch wenn ihm das Glück beim Abschluss oder dem einen oder anderen finalen Pass noch fehlte. Definitiv unglücklich agierte sein Bewacher in der 31. Minute, als er den Feinfuß an der Strafraumgrenze zu Fall brachte. Dieser nahm das Geschenk an, ging zu Boden und hörte die Pfeife ertönen – so wie Cristiano Ronaldo wenig später das Bernabéu seinen Namen rufen hörte, da hatte er den fälligen Strafstoß zum 3:0 versenkt. Seine Reaktion? Einzigartig: Auf Blatters „Kommandant“-Paradie folgte der Kommandant-Jubel, Cristiano Ronaldo salutierte, so wie es der FIFA-Präsident aus Respekt auch bei der nächsten Begegnung mit dem Superstar tun sollte.
3:0, lockere Angelegenheit. Denkste! Sevilla fand bis dahin nicht statt und benötigte erst eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters, der aus dieser einseitigen, eine maximal unterhaltsame Partie machte. Sevillas Figueiras ging im Strafraum zu Fall, nachdem er Sergio Ramos spürte. Wo Mascheranos Einsatz im Clásico noch als Kuschelattacke gewertet wurde, folgte auf Ramos‘ Streichler mit einiger Verzögerung der Pfiff zum Elfmeter. Der Kapitän der Andalusier, Ivan Rakitic, lief an und guckte Diego López aus. Nur noch 3:1 (38.). Und da war es um die Madrider Defensive geschehen – vogelwild die Arbeloa-Varane-Ramos-Marcelo-Kette plötzlich. Zwei Minuten später überlief Vitolo den lahmenden Arbeloa, Varane kam dem Spanier zur Stelle und ließ dadurch seinen Gegenspieler Jairo aus den Augen. Der Spanier erhielt den Ball am fünf-Meter-Raum und legte gedankenschnell zurück auf den Torschützen Bacca – dessen im Nirgendwo stehender Bewacher Ramos und der inzwischen wütende López konnten nur staunen, als der Kolumbianer das Leder zum 3:2 über die Linie schob.
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Magischer Abend – zehn Treffer und kein Ende in Sicht
Welch eine Halbzeit! Die Sevillanos mit einer 100 Prozentigen, die Madrilenen mit einer 50 Prozentigen Torausbeute. Der Unparteiische Teixeira Vitienes brachte die Gäste wieder ins Spiel, doch was die königliche Defensive fortan veranstaltete hatte mit Rekordmeistertum wenig zu tun. Denn wer dachte, die ersten 45 Minuten waren Unterhaltung pur, sollte eines besseren belehrt werden. Ohne Wechsel kamen beide Mannschaften zurück aufs Feld – beide mit Torhunger. In der 52. Minute stand nur López dem Ausgleich der Andalusier im Weg, Jairo konnte (unter Bedrängnis von Varane) das Leder nicht am 31-Jährigen vorbei bringen. Ausgleich verpasst hier, Führung ausgebaut dort – der direkte Gegenzug ließ das Bernabéu wieder von seinen Sitzen aufstehen! An der Spitze eines Lehrbuchkonters stand Karim Benzema. Die Nummer 9 vollendete den perfekten Pass Bales‘ und erhöhte zum 4:2 (53.). Sein Dank galt Co-Trainer Zinédine Zidane, der den Stürmer scheinbar von seinem Selbstvertrauenszaubertrank kosten ließ. Torchancen, so richtig mit „schade, der war knapp, weiter so – der nächste“ gab es in diesen zweiten 45 Minuten kaum – nur Tore. Nur Spektakel! So auch sieben Minuten später: Bale auf Ronaldo, Ronaldo ins Tor. So einfach kann’s gehen – ging es heute auch! Kurz nachzählen: 5:2 für Real Madrid! Alter drei-Tore-Vorsprung mit viel Theater wieder hergestellt. Hühnerhaufen hier, Unfassbares dort. Weitere drei Minuten später: Rakitic. Traumtor. Dem schicken Treffer des Kroaten voraus gegangen war eine strittige Szene im Strafraum der Gäste – doch zwischen zwei andalusischen Verteidigern ging Bale zu einfach und ohne wirklichen Kontakt zu Boden. Ein Spiel, das Zuschauer lieben, Trainer verabscheuen – Livetickerbetreuer vermutlich ebenfalls. Es gab keine Ordnung, es gab keinen Halt. Müssten die Zuschauer im Madrider Fußballtempel nach Toren den Eintritt bezahlen, sie hätten den heutigen Besuch ihrer Mannschaft bereut. Denn: In der 71. Minute klingelte es erneut: Benzema bediente Ronaldo, der mit dem klasse Antritt, der Strafraumlinie entlang. Und so wie es dieses verrückte Spiel heute wollte, senkte sich der abgefälschte Schuss des 28-Jährigen über Gäste-Keeper Beto hinweg ins Tor. So langsam wurden die Finger an der Hand knapp – das neunte Tor des Abends, 6:3 für Real Madrid, wahnsinn!
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Karim her! Ancelotti hatte inzwischen gewechselt, wollte mit Modric für Isco und den frenetisch Willkommen geheißenen Alonso für Illarramendi wohl etwas für Ordnung sorgen und auch Sevilla war dank Mbias‘ Gelb-Roter Karte nur noch zu zehnt – doch irgendwie ging es nach wie vor nur hin und her. Keine halben Sachen – Benzema sorgte in der 80. Minute für das zehnte Tor des Abends: 7:3! In Worten: sieben zu drei! Der 25-Jährige drückte dabei in alter Killer-Manier eine Marcelo-Flanke gegen die Laufrichtung des Sevilla-Schlussmanns über die Linie. Gameiro hätte zuvor für den nächsten Treffer der Emery-Elf sorgen können, aber López war zur Stelle und auch der Ex-Bundesligist Rakitic vergab DIE Chance auf den nächsten Treffer – nach streitbarem Ronaldo-Foul an der Strafraumgrenze ließ sich der 25-Jährige von der Atmosphäre anstecken und versemmelte den Elfmeter, wie einst Sergio Ramos gegen Bayern München. Fußballfeinschmecker könnten von diesen 90 Minuten noch lange zehren – denn zum Fingerlecken war auch Sergio Ramos‘ Freistoß in der 93. Minute, der Beto noch mal zu einer letzten Flugeinlage herausforderte. Der Schlusspunkt einer Partie, über die man sich nur die Augen reiben kann.
Vom Blatter-geplagten Ronaldo, über den freigelassenen Bale, den wieder aufkeimenden Isco oder den wiederbelebten Benzema – diese 90 Minuten schreien förmlich nach „NOCH MAL!“. Bis man den Sevillanos wieder begegnet dauert es zwar noch etwas, doch vielleicht steckt schon im zwölften Spieltag am Samstag bei Rayo Vallecano (20 Uhr, LIVE auf LAOLA1.tv und im REAL TOTAL-Liveticker) genau so viel Spektakel, wie in dem heutigen Abend.
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