Spielbericht

Rückschritt trotz Sieg – Offensive effektiv, Defensive schlampig

Wer beim Tabellenvorletzten Rayo Vallecano einen gemütlichen Spaziergang erwartete, täuschte sich. Gegen widerspenstige Hausherren zitterten sich die Blancos mit viel Glück und einer brutal effektiven Offensive zu einem knappen Auswärtssieg trotz zwischenzeitlicher 3:0-Führung.

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Cristiano Ronaldo trifft gegen Rayo Vallecano
Treffen, wenig jubeln. Siegen, wenig feiern. Real enttäuscht bei Rayo Vallecano.

Real maximal passiv, aber auch brutal effektiv

MADRID-VALLECAS. Wenig Anteile, maximaler Erlös. Mal wieder zu Gast bei einem widerspenstigen Kellerkind der Liga bot sich dem Madrider Fußballfan der gewohnte Eindruck: Mutige Hausherren, nervöse Merengues, viele Spielunterbrechungen bekleidet von einer hitzigen Atmosphäre. Vor dem Champions-League-Rückspiel bei Juventus Turin am Dienstag (20:45 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker) sollte es für Real Madrid im Estadio de Vallecas aus dem gleichnamigen Madrider Stadtteil keinen Spaziergang geben. Die frechen Worte vor diesem kleinen Madrider Stadtderby sollten von Rayo Vallecano keine platzenden Blasen sein – mit Herz, Mut und Biss sollten die Hausherren über die gesamte Partie zu mehr Anteilen als ihre weltbekannten Herausforderer kommen. Während die einen Kampf und Sieg ankündigten, sprach Carlo Ancelotti im Vorfeld dieses zwölften Spieltags von Rotationen. Mit Startelf-Rückkehrer Xabi Alonso, Daniel Carvajal, Fábio Coentrão, Luka Modric und Ángel Di María wartete der Italiener gleich mit fünf Änderungen im Vergleich zum 7:3-Spektakel am Mittwoch gegen Sevilla auf. Eine Schonungsmaßnahme kam vor dem wichtigen vierten Spieltag in der Königsklasse für einen Mann jedoch nicht in Frage: Cristiano Ronaldo! Inmitten eines von Beginn an zähnefletschenden Auftritts der Vallecanos schenkte der 28-Jährige seinen anfangs sehr nervösen Kollegen frühe Sicherheit. Bedient von Luka Modric vom Mittelkreis (den CR7 aus der eigenen Hälfte selbst anspielte), nutzte der Portugiese das sehr weite Aufrücken der Rot-Weißen eiskalt aus, tunnelte Gegenspieler Gálvez und sorgte per Maßarbeit zur 1:0 Führung in der 3. Minute! Nach holprigen ersten Sekunden doch noch ein Einstand nach Maß!

Der Tabellenvorletzte jedoch unbeeindruckt, wollte seine Träume vom ersten Sieg über Real Madrid seit 1997 unbedingt wahr machen – Diego López mimte in der 5. Minute das erste Mal den Spielverderber. Höchstarbeit für seine Vordermänner, unter denen Sergio Ramos und Pepe in der Folge den einen oder anderen Schuss blocken mussten. Der in Blau auflaufende Rekordmeister agierte auffällig passiv, ließ den Underdog machen und schnitt lediglich den letzten Pass oder Abschlussversuch ab. Ihren hohen Ballbesitz und Spielanteil konnte die Paco-Elf nicht in Zählbares ummünzen, es fehlten die letzten Ideen, das nötige Stückchen Glück. So auch in einer strittigen Szene mit Rechtsverteidiger Carvajal, der zwar bis zu seiner gelb-rot-gefährdeten Auswechslung in der zweiten Hälfte stets körperlich dagegen hielt, aber in der 6. Minute zu stümperhaft zu Werke schritt und seinen Gegenspieler zu Fall brachte – die Pfeife des Schiedsrichters blieb stumm. Neben dem Verteidiger sah auch Alonso früh Gelb und wurde nach intensiven, aber eher blassen 45 Minuten für seinen „Erben“ Asier Illarramendi ausgetauscht.

Bis zum Seitenwechsel sollte jedoch noch eine Menge passieren: So strittig, wie bei Carvajals Strafraum-Szene wurde auch Luka Modric in der Folge am Strafraum der Heimmannschaft zu Fall gebracht, auch hier ließ Álvarez Izquierdo weiter laufen. Offensiv fanden die Merengues nicht statt – bis auf Gareth Bale war keiner der vier Offensiv-Stars regelmäßig zu sehen. Ángel Di María blieb auf seiner durchweg zentralen Position volle 90 Minuten unsichtbar. In der 28. Minute hätte es dann fast den fälligen Ausgleich gegeben, doch der Vorjahresachte stand sich beim 1:1 selbst im Weg, schoss sich beim Torabschluss selbst an und obwohl das Spielgerät vermutlich auch ohne das (ungewollte) Ablenken den Weg ins Tor gefunden hätte, fiel die Entscheidung (korrektermaßen) auf Abseits. Pech für die kleinen, Glück für die großen Madrilenen. Nach einem nächsten offensiven Lebenszeichen durch einen Ramos-Kopfball nickte Karim Benzema eine Bale-Flanke in der 31. Minute über die Linie! Aus heiterem Himmel das 2:0 für Real, doch der Wille der Abstiegsgefährdeten war noch lange nicht gebrochen. Vor dem Seitenwechsel zeigte sich jedoch, dass die Rot-Weißen selbst individuelle Fehler der Merengues nicht ausnutzen konnten – sie rannten mit dem Kopf vorweg gegen die königlichen Abwehrbäume. Von diesen musste noch einer vor dem Kabinengang das Feld verlassen: Coentrão knickte bei einem Luftzweikampf in der 15. Minute böse um, versuchte bis zur 44. Minute jedoch weiter zu spielen – Marcelo kam unverhofft doch noch zum Einsatz. Ehe der heute mal wieder streitbare Unparteiische zur Halbzeit pfiff, gab Ronaldo noch ein Streufeuer per Direktabnahme aus 20 Metern sowie einen Kopfball nach Carvajal-Flanke ab.

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Trotz 3:0-Führung mit großem Zittern zum 3:2-Auswärtssieg

Neue Halbzeit, neues Glück – erneut waren noch keine 180 Sekunden absolviert, da fiel der nächste Treffer. Ronaldo sorgte für seinen 221. Treffer im 214. Einsatz für Real Madrid – der Applaus ging jedoch an Bale und dessen wunderschöne Vorarbeit, einer der wenigen Szenen in dieser Partie, in der man den Abstand beider Mannschaften in Tabelle und Kontostand ausfindig machen konnte. Wer dachte, mit der überraschenden 3:0-Führung der Gäste brachen Wille und Kraftreserven des Vorletzten, täuschte sich weiterhin! Die Mannen von Paco Jémez wollten sich einfach nicht geschlagen geben, doch nur Blancos selbst konnte Rayo wieder ins Spiel bringen. Lieferte Pepe bis zur 53. Minute noch eine Spitzenleistung, unüberwindbarer als Herr der Ringes Gandalf ab, so hatte er in jener Spielminute einen kurzen Aussetzer und brachte Jonathan Viera im Strafraum überflüssig zu Fall. Der Gefoulte trat selbst an und verkürzte zum 3:1. Die Ancelotti-Elf plötzlich nicht mehr wiederzuerkennen, zehn Feldspieler schwammen, schwebend unwirksam, kaum anwesend – nur 120 Sekunden nach dem vierten Tor des Abends krachte es erneut. Erst (nach Flugkopfball) an der Latte, dann bei Viera (dieses Mal von Marcelo im Sechzehner zu Fall gebracht), dann hinter López (erneut durch einen souverän verwandelten Strafstoß des 24-jährigen Spaniers)! Wie schon in der ersten Hälfte gegen Sevilla verschenkte der Rekordmeister eine solide 3:0-Führung und ließ den Gegner auf ein Tor heran kommen. Doch folgte gegen die Andalusier ein maximal unterhaltsames Spektakel, gab es gegen die Madrilenen nur noch Kampf und Krampf! Mit etwas Glück durften die Merengues die Partie bis zum Ende mit elf Mann bestreiten, Carvajal kam nach einem taktischen Foul ohne seine zweite Gelbe Karte davon – die Auswechslung folgte prompt. Und mit noch mehr Glück sahen die Königlichen Szene um Szene zu, wie Rayo Großchance um Großchance vergab. Unter dem Strich wäre für die Hausherren wohl mehr als nur ein Unentschieden verdient gewesen, doch sie verzweifelten an sich selbst. Diego López wuchs mal wieder über sich hinaus, lenkte einen Schuss an den Pfosten ab. In der 69. Minute versemmelte dann der eingewechselte Embarba DIE Chance auf das 3:3, in der 80. sollte selbst das unbehütete Tor der überforderten Gäste nicht groß genug sein, damit die Rot-Weißen sich selbst belohnten. Der Titel „zweit-harmloseste Offensive der Liga“ kam nicht von ungefähr!

Erschreckend, wie unbeholfen Real Madrid dem unendlichen Druck des Tabellenvorletzten standzuhalten versuchte. Bälle wurden nur noch weg gedroschen, weder Zuschauer noch Chef-Trainer hielt es auf ihren Sitzen. Inmitten einer natürlich hektischen Schlussphase hätte die Lebensversicherung des Tabellendritten mal wieder für den „Lucky Punch“ sorgen können – doch nach einem klasse Solo-Dribbling scheiterte CR7 gleich doppelt am selten geprüften, aber in der 83. Minute unüberwindbaren Rubén. Es wäre auch zu viel des Guten gewesen – aus diesem 3:2-Sieg gibt es bis auf die drei Punkte wenig Positives zu ziehen. Wenig Anteile, maximaler Erlös – diese Partie gegen die schlechteste Defensive der Liga war definitiv ein Rückschritt! Und da dieser Auswärtssieg durch Coentrãos Verletzung obendrein noch teuer erkauft war, kann es am Dienstag in Turin nur besser werden.

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Inhaltsverzeichnis

  1. Seite 1 Spielbericht zum zwölften Spieltag bei Rayo Vallecano
  2. Seite 2 Spielstatistik und REAL TOTAL-Spieler des Tages
von
Nils Kern

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