
Bislang kann man aus Madrider Sicht mit dem Verlauf der Saisonvorbereitung eigentlich mehr als zufrieden sein. Die Handschrift von Rafael Benítez, besonders was die Arbeit gegen den Ball angeht, ist deutlich erkennbar. Aber auch die Offensivabteilung befindet sich auf einem guten Weg, wie vor allem die Auftritte gegen Manchester City (4:1) und Inter Mailand (3:0) zeigten. Mit einer taktischen Maßnahme Benítez’ kann ich mich allerdings nicht anfreunden: Gareth Bales Versetzung in die Mitte.
Dass Benítez den Waliser als einen Fixpunkt in seinem System etablieren will, ist offensichtlich. Daran ist auch wenig Verwerfliches, wäre es bei Bales fantastischen Voraussetzungen geradezu fahrlässig, diese nicht in vollem Maße nutzen zu wollen. Aber ob dies im Zentrum gelingt? Wenn man nämlich ehrlich ist, verfügt man mit James Rodríguez und den in der Vorbereitung groß auftrumpfenden Isco über zwei Spieler, die für diese Position schlichtweg die bessere Eignung besitzen. Was Ballannahme und -behauptung auf engstem Raum, First Touch und den letzten Pass angeht, bringen diese beiden einfach das bessere Gesamtpaket mit. Bales große Stärken – seine enorme Physis, sein Tempo und wuchtiger Abschluss – gehen in der Mitte des Spielfelds hingegen vollkommen unter.
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Diese würden meiner Ansicht nach weitaus besser zur Geltung kommen, wenn Bale auf seine angestammte Position auf dem Flügel zurückkehren würde. Ob nun auf rechts oder links, ist dabei völlig unerheblich. Auf den Außen ist der Gegnerdruck beileibe nicht so hoch wie im Zentrum, was die Zahl der Abschlüsse deutlich erhöht. Und – noch viel wichtiger – es ist möglich, mit Tempo aus der Tiefe zu kommen, um Fahrt in Richtung Tor aufzunehmen. Gibt es dafür einen von den Anlagen her prädestinierteren Spieler als Bale? Ich denke nein. Ein Fußballer mit seinen Charakteristika ist für den Flügel gemacht.
Aus diesem Grund würde ich eine Rückkehr auf die Außen mehr als begrüßen, da man sich so eine unnötige Baustelle ersparen könnte. Zumal an einem Isco in dieser Form im Zentrum auch ein Benítez nur schwer vorbeikommen dürfte. Um das Experiment zu diesem Zeitpunkt bereits als gescheitert zu erklären, ist es selbstverständlich noch zu früh. Dennoch lassen die letzten Auftritte wohl erahnen, dass dem Team mit einem Bale auf der Außenbahn weitaus mehr geholfen wäre.
Was der Waliser braucht, ist Selbstvertrauen, Mut, eine breite Brust – und keine neue Position. Beim entscheidenden Champions-League-Halbfinal-Rückspiel gegen Juventus Turin vergangene Saison im Estadio Santiago Bernabéu fiel es mir besonders auf: Bale ging dem Risiko irgendwann aus dem Weg, spielte überwiegend Sicherheitspässe.
Er brach seine Vorstöße ab, versuchte nur noch wenig auf eigene Faust. Denn je öfter ihm etwas misslang, desto aufgebrachter wurden die Fans. Er ließ es einfach sein, bevor das Publikum ihn vermutlich ans Kreuz genagelt hätte – und konnte so seine wahren Qualitäten, die Real 91 Millionen Euro wert waren, nicht zeigen. Nicht nur an diesem 13. Mai gegen Juventus. Dass Bale auf der rechten Seite eine Waffe sein kann, weiß jeder. Ob er dorthin zurückkehrt, wohl nur Benítez.
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