Kommentar

Wort zum Spieltag: Zidane hat nicht nur Glück

Zinédine Zidane stellt mit Real Madrid einen historischen Rekord auf. Kritiker und Neider behaupten, dieses Kunststück sei nur durch Glück zustande gekommen. Tatsächlich war Glück aber nur ein Nebenfaktor – auch beim späten 3:2-Erfolg über Deprtivo La Coruña. REAL TOTAL-Redakteur Kerry Hau mit dem Wort zum Spieltag.

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Denis Doyle/Getty Images
„Zizou“ übernahm Real im Januar 2016 – Foto: Denis Doyle/Getty Images

Zinédine Zidane blickte nervös auf die Uhr, ging die Coaching Zone im Estadio Santiago Bernabéu kopfschüttelnd auf und ab. Gerade hatte Ex-Blanco Joselu Deprtivo La Coruña mit einem Blitz-Doppelpack in Front gebracht. Ein Schock. Ein böses Omen, schließlich waren schon viele frühere Madrilenen wie Fernando Morientes oder auch Álvaro Morata zu Punkte- oder gar Titelkillern geworden.

Sollte Zidanes Team tatsächlich Zuhause gegen den 16. der Liga all die harte Arbeit der vergangenen Wochen wegwerfen? Den historischen Rekord von 35 ungeschlagenen Spielen verpassen? Mit einem knappen Vorsprung vor dem FC Barcelona das Kalenderjahr 2016 beenden? Nein! Mariano Díaz hatte etwas dagegen. Und Don Sergio Ramos natürlich. Oder besser gesagt: Elf Freunde. Denn ohne die punktgenauen Hereingaben von Lucas Vázquez und Toni Kroos wären die Tore nie zustande gekommen. Ohne den Willen jedes Einzelnen, den Glauben an drei weitere Punkte, hätten Vázquez und Kroos nie die Gelegenheit bekommen, Mariano und Ramos zu assistieren.

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Dass im Nachhinein viele wieder von Glück sprechen, ist in Ordnung. Denn du brauchst Glück, um binnen zehn Minuten das Ruder derart herumzureißen. Es ist aber nicht nur Glück. Es ist kein Zufall, 35 Spiele in Folge ohne Niederlage zu beenden. Zidane hat einer vor genau einem Jahr noch tot gesagten Mannschaft eine unglaubliche Siegermentalität verliehen. Sie zu einer Einheit geformt. Sie mit seinem Charisma dazu gebracht, nicht nur für sich, sondern auch für ihn alles bis zur letzten Sekunde in die Waagschale zu werfen. Genau diesem Zusammenhalt ist der neue Vereinsrekord zu verdanken.

Klar, Zidane wird sich in Zukunft mindestens zwei Mal überlegen, ob er so kräftig durchrotiert und Schlüsselspieler wie Luka Modrić, Karim Benzema oder Cristiano Ronaldo auf einen Schlag schont. Nach elf Monaten im Profigeschäft hat der Franzose verständlicherweise noch nicht ausgelernt, das betont er selbst immer wieder. Er ist sich darüber im Klaren, dass er ohne die Last-Minute-Rettung von Ramos angeprangert worden wäre. Doch das spielt jetzt keine Rolle. Alle sind glücklich. Sogar Ronaldo, der trotz guter körperlicher Verfassung am Samstagabend auf der Tribüne Platz nehmen musste.

Auch dafür verdient Zidane ein Lob. José Mourinho, Carlo Ancelotti und Rafael Benítez schafften es nie, dem torhungrigen Portugiesen Ruhepausen schmackhaft zu machen. Als Zidane diese Entscheidung traf, stand der Rekord für ihn an zweiter Stelle. Denn wen interessieren am Saisonende 35 ungeschlagene Spiele, wenn man seine ganz Energie in der Hinrunde verbraucht und in der entscheidenden Phase nicht voll auf der Höhe ist? Gelingt Zidane nach der Klub-Weltmeisterschaft das, was seinem früheren Mentor Ancelotti vor zwei Jahren nicht gelang, könnte es eine glorreiche Saison werden. Eine Saison, nach der sogar die größten Kritiker und Neider nicht mehr nur von Glück sprechen.

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Kommentare
Naja, Glück ist immer relativ und muss nicht zwingend negativ sein. Bei manchen Siegen diese Saison war sicher auch das nötige Glück dabei, das kann und sollte man auch zugeben, es ist/war nicht so, als würde man jeden Gegner nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen. Aber, Glück gehört ein Stück weit auch zum Fussball. Wir hatten in den letzten Jahren oft Pech, man hat eigentlich gut gespielt, aber trotzdem Punkte und/oder Spiele verloren, weil der Ball nicht ins Tor wollte, man unnötige und/oder glückliche Gegentreffe kassierte und nicht selten fragwürde Schiri-Entscheide fielen. Ich bin ansonsten nicht zwingend jemand, der an Schicksal usw. glaubt, aber es ist/war schon auffällig, wie oft Dinge gegen uns liefen, während sie bei anderen Mannschaften fast immer für sie liefen *hust* Barca *hust*. Es ist fast ein bisschen so, als würde all das Glück, dass uns in den letzten Jahren oft gefehlt hat, nun mit Zidane auf einmal bei uns Einzug halten. Von glücklichen Siegen kann man halten, was man will, aber sie sind teil des Fussballs und ich werde mich nach all den Jahren, wo wir kein Glück hatten, sicher nicht beklagen, wenn es es mal auf unserer Seite ist. Und man kann sein Glück auch erzwingen, und gerade der Teil ist bei Zidane finde ich schon sehr ausgeprägt. Wenn die Mannschaft mal ins Hintertreffen gerät, rappelt sie sich auf und kämpft bis zum (bitteren) Ende, das war nicht immer so. Unter Benitez war man oft nach so 70 Minuten klinisch und auch psychisch mehr oder weniger tot und es ging nix mehr. Unter Zidane ist dagegen wirklich der Wille und auch die dafür nötige Kraft da, nochmals alles geben zu wollen. Unter Mou und auch anderen waren Gegentore, geschweige den Doppelpacks in so kurzer Zeit oft der Todesstoss und ein Punktverlust war schon fast garantiert, dass ist nun nicht mehr der Fall. Bei aller durchaus berechtigten Kritik an Zidane, an der Einstellung bzw. am Willen liegt es definitiv nicht.

Insofern, etwas Glück gehört immer dazu und man verliert keine 35 Spiele in Folge nicht durch reines Glück, Zidane ist nicht perfekt, aber er macht auch nicht alles falsch und wenn er was falsch macht, scheint er das nötige Glück zu haben, um es sich leisten zu können.
 
Einer der besten Artikeln bisher! Sehr empfehlenswert zu lesen für jeden der meint wir hätten immer nur Glück oder für alle die Zidane's Arbeit nicht schätzen.
 

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