Interview

„Einige vergessen mitunter, dass Fußball Spaß ist – Zidane nicht“

Die anfängliche Skepsis gegenüber Zinédine Zidane als Trainer bei Real Madrid ist mittlerweile vielerorts in Begeisterung umgeschlagen. Die Triumphe mit den Königlichen lassen die Reputation des Franzosen immer weiter wachsen. Fabien Barthez überraschen die Erfolge seines Landsmannes jedoch keinswegs, wie er in einem Interview mit der Webpräsenz der FIFA erklärte, schließlich sei „Zizou“ bereits als Spieler bei großen Gelegenheiten stets zur Stelle gewesen. Vor allem aber sei Zidane „Kenner des Fußballs“, der die sportliche und menschliche Komponente hervorragend zu verbinden vermag.

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Denis Doyle/Getty Images
Zidanes Erfolge bei den Königlichen hinterlassen Eindruck – Foto: Denis Doyle/Getty Images

„Die Erfolge sind Zidane nicht in den Schoß gefallen“

MADRID. Zinédine Zidanes Bilanz nach einem knappen Jahr als Trainer von Real Madrid ist beeindruckend: Drei Titel, darunter der Gewinn der UEFA Champions League, bis dato insgesamt lediglich zwei Niederlagen sowie aktueller souveräner Tabellenführer der Primera División mit drei Punkten Vorsprung auf den FC Barcelona bei einem Spiel weniger. Das Kapitel „Zizou“ auf der Trainerbank der Königlichen ist bislang eine einzige Erfolgsstory. Eine Erfolgsstory, mit der nicht zwangsläufig zu rechnen war, schließlich verfügte der einstige Spielmacher zu Beginn seines Engagements über keinerlei Erfahrung als Übungsleiter einer ersten Mannschaft, geschweige denn eines Topklubs des Formats der Blancos.

Dass jenes Experiment letztlich jedoch von überwältigendem Erfolg gekront war, überraschte Fabien Barthez, französische Torwart-Ikone und lange Jahre Nationalmannschaftskollege Zidanes, nur bedingt. Schließlich sei dieser bereits zu aktiven Zeiten ein absoluter „Big-Game-Player“ gewesen, der in wichtigen Momenten stets zur Stelle war und die sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen wusste. Genau dies habe er nun auch an der Seitenlinie getan: „Alle reden nur vom Erfolg, ich aber sehe das Ganze aus einem anderen Blickwinkel. Denn es handelt sich nicht etwa um Erfolge, die ihm quasi in den Schoß gefallen sind. Vielmehr musste auch er seine Chance suchen und, wenn sie dann da war, auch zu nutzen wissen. So wie beispielsweise Cruyff, Maradona und Pelé hat es auch Zidane stets vermocht, bei großen Turnieren für den gewissen Unterschied zu sorgen.“

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Vor allem aber, so der Welttorhüter des Jahres 2000, sei Zidane ein absoluter Fachmann, der als Verfechter des schönen Spiels allerdings nie die Quintessenz des Fußballs vergisst: den Spaß. Barthez: „Zidane ist ein wahrer Kenner des Fußballs. Er mag das offensive Spiel. Vergessen wir nicht, dass der Fußball in erster Linie Spaß ist. Einige neigen mitunter dazu, das zu vergessen, aber nicht Zidane. Ich höre ihm zu, wenn er redet, und ich sehe mir an, was er macht. Mein Eindruck ist, dass er auf eine Kombination von Vergnügen und Arbeit setzt.“

„Zidane kann sowohl zuhören als auch beobachten“

Neben den fachlichen Qualitäten hob Barthez aber vor allem die menschliche Komponente seines ehemaligen Mitspielers hervor. Aufgrund dessen natürlichen Aura und Charismas sowie dessen hervorragenden Umgangs mit der Mannschaft sei Zidane der Respekt seiner Spieler sicher: „Er wird von seiner Mannschaft geachtet, weil er selbst ein großartiger Spieler war. Vor allem aber auch deshalb, weil er ein guter und ehrlicher Coach ist, der über einen gesunden Menschenverstand verfügt. Und er sagt stets die Wahrheit, ob es einem nun gefällt oder nicht. Genau das ist enorm wichtig, um als Trainer das Vertrauen seiner Spieler zu haben. Ich sage das nicht, weil er mein Freund ist. Nein, objektiv betrachtet hat er es einfach verstanden, das Verbindende in den Vordergrund zu stellen und sich entsprechend in die Mannschaft einzubringen. Das war schon immer der Schlüssel zu seinem Erfolg. In seinen Augen kann man nur gewinnen, wenn man auch Freude am Spiel hat.“

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Auch wenn der dreifache Weltfußballer kein Mann der großen Worte sei, war er stets jemand, der durch sein Auftreten und seine Initiative auf dem Platz Verantwortung übernahm, so Barthez weiter. Dass er abseits des Platzes etwas zurückhaltender agiert, sei der Trainertätigkeit keinesfalls hinderlich: „Zidane besitzt die Qualitäten eines Hochleistungsportlers, und er kann sowohl zuhören als auch beobachten. Das hat er schon während seiner gesamten Spielerkarriere getan und es so nach ganz oben geschafft. Ebenso handelt er auch bei seiner heutigen Tätigkeit als Trainer. Er hat sich nie lautstark zu Wort gemeldet, um der Welt mitzuteilen, dass er Trainer von Real Madrid werden würde. Das ist nicht seine Art. Dass Didier Deschamps aufgrund seiner Führungsqualitäten und seiner Ansprachen als Spieler einmal Nationalcoach werden würde, war weitaus wahrscheinlicher. Zidane war vor allem auf dem Platz ein echter Leader. Auch wenn er ab und zu etwas sagte, seine Verantwortung für die Mannschaft zeigte er meist in dem Augenblick, da er den Ball hatte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er mit der Zeit immer mehr zum Schlüsselspieler avancierte und folglich auch verbal etwas aktiver wurde.“

Barthez sieht Santos als Favorit bei Welttrainer-Wahl

Den Titel als „The Best – FIFA-Welttrainer 2016 “ traut Barthez seinem einstigen Kompagnon allerdings noch nicht zu. Für den Champions-League-Sieger von 1993 hat Portugals Fernando Santos die ganz klare Favoritenrolle inne: „Es ist bereits eine wunderbare Sache, dass er es unter die besten Drei geschafft hat. Bei einer UEFA EURO den Titel zu holen ist nach meinem Ermessen schwieriger als die UEFA Champions League zu gewinnen. Einerseits ist das Niveau höher, andererseits findet das kontinentale Turnier nur alle vier Jahre statt. Die Portugiesen haben sich den Titel redlich verdient, denn sie sind als geschlossene Mannschaft aufgetreten. Es ist also vor allem ein Verdienst der Spieler, die auf dem Platz gestanden haben. Aber auch des Trainers, dem es gelungen ist, sie zum Turniersieg zu führen.“

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

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