
„Wir müssen für die nächsten Jahre Dinge verändern“
MADRID. Er ist wieder hier, in seinem Revier. War nie wirklich weg, hat sich nur versteckt. 284 Tage nach seinem unerwarteten Rücktritt ist Zinédine Zidane am Montag nicht minder überraschend als Trainer zu Real Madrid zurückgekehrt. Zuvor hatte Santiago Solari seinen Platz räumen müssen. Wie im Falle von Julen Lopetegui endete seine Zeit an der Seitenlinie des Santiago Bernabéu jäh. „Zizou“, die Spieler- und Trainer-Legende, soll es wieder richten.
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„Wir werden Dinge verändern, das ist sicher. Und das müssen wir für die nächsten Jahre auch“, kündigte der 46-jährige Franzose am Montag schon einmal an. Was genau anders werden wird, bleibt abzuwarten. Einige Profis dürften aber profitieren.
REAL TOTAL notiert die wichtigsten Fragen zum Zidane-Coup.
- Warum wollte Real Madrid Zinédine Zidane?
Zidane ist der Inbegriff des Erfolgs. Seine erste Amtszeit an der Concha Espina beendete er nach zweieinhalb Jahren mit stolzen neun Titelerfolgen – nur ein Trainer gewann mehr bei Real. Er hinterließ ein Real, das sich schon lange an der Weltspitze befand. Dank dieser goldenen Ära konnte sich der Verein zuletzt über 1.000 Tage als amtierender Champions-League-Sieger freuen. Trotz seiner nach wie vor jungen Laufbahn als Trainer ist er zudem schon geübt darin, eine kriselnde Mannschaft nach oben zu führen. Auch daran wird man sich in der Führungsetage sicherlich erinnert haben. Zidane übernahm Anfang 2016 und gewann keine fünf Monate später die Königsklasse. Dass der einstige Weltklasse-Spieler für viele Profis nicht nur Trainer, sondern auch ein fußballerisches Idol ist, ist in der täglichen Arbeit obendrein hilfreich. Er wird von dem Großteil enorm geschätzt. Marcelo berichtete beispielsweise erst zuletzt: „Wir hatten eine wunderbare Beziehung. Ich habe alles für ihn getan. Ich bin gerannt, habe gekämpft, habe verletzt gespielt. Ich habe praktisch mein Leben für Zidane gegeben.“

- Warum sagte Zidane zu?
Nach eigener Aussage fühlt sich der 46-jährige Franzose inzwischen wieder bereit, dem Job des Trainers nachzugehen. Er habe seine Akkus wieder aufgeladen, teilte er am Montag bei seiner Vorstellung mit. Zum Ende seiner ersten Amtszeit hin machte Zidane kein Geheimnis daraus, ihn würde die zeitaufwendige und intensive Aufgabe als Real-Trainer viel Kraft kosten. Vor allem deshalb trat er auch zurück. Die knapp zehn Monate Pause haben ihm nun gereicht. Erneut bei den Königlichen angeheuert habe er auch wegen seiner Verbundenheit und des guten Verhältnisses zu Florentino Pérez („Ich liebe ihn und den Klub“). Er wollte Real in der überaus schweren Situation nicht im Stich lassen.
- Erhält Zidane diesmal mehr sportliche Macht?
Es gab personelle Entscheidungen, die offenbar über Zidanes Kopf hinweg oder zu dessen Missfallen getroffen wurden. Wie etwa der Kauf von Daniel Ceballos, abgelehnte Wunschtransfers oder allen voran der Verkauf von Cristiano Ronaldo, der zu jenem Zeitpunkt absehbar war. Zidane, so heißt es, hätte den Portugiesen unbedingt halten und stattdessen lieber Gareth Bale abgeben wollen. Der walisische Offensiv-Star hatte seinen Stammplatz verloren. All das soll im vergangenen Mai ebenfalls einer der Gründe für den Rückzug von dem Trainer-Posten gewesen sein. Möglich, dass “Zizou” das Comeback mit dem Versprechen, sportlich mehr Mitspracherecht zu erhalten, schmackhaft gemacht wurde – wobei Real wegen der Katastrophen-Saison so oder so vor einem Umbruch steht. Um die Frage seriös zu beantworten, muss erst noch Zeit vergehen.
- Kommen neue Top-Stars?
Man müsse zwingend etwas ändern, teilte Zidane am Montag mit. Florentino Pérez wiederum stellte noch am selben Abend klar, es werde keine Revolution geben. Punktuelle Veränderungen sind aber wohl ohne jeden Zweifel zu erwarten – gerade mit Blick auf die in dieser Saison so häufig stotternde Offensive. Das fordern die Fans auch. Fraglich bleibt: Wer genau kommt? Paris Saint-Germain wird mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin einen Teufel tun und seine Superstars Kylian Mbappé und Neymar ziehen lassen – erst recht nach dem erneuten Scheitern in der Champions League. Eden Hazard, dessen Name ebenfalls häufig in Verbindung mit Real fällt, gilt da schon als realistischere Verpflichtung. Der Chelsea-Star will nach Madrid und Zidane hält große Stücke auf ihn. Aktuell ist aber kein Mega-Einkauf konkret absehbar.
- Was wird aus Marcelo und Isco?
Die zwei größten Sorgenkinder unter Solari, wobei Isco schon von Anfang an keine Rolle spielte. Für beide ist Zidanes Ankunft ein Segen, sodass ein Verbleib in beiden Fällen wieder als viel wahrscheinlicher gilt. Zum Ende der ersten Zidane-Ära entwickelte sich Isco wegen Gareth Bales Verletzungsproblemen zum Stammspieler, Marcelo war ohnehin gesetzt. Beide Profis werden von dem Franzosen jetzt wohl wieder aufgebaut. Auf der linken Abwehrseite wird dabei zugleich interessant sein, die Personalie Sergio Reguilón zu verfolgen.
- Was passiert zwischen den Pfosten?
Dass Keylor Navas drei Jahre lang die Nummer eins von Real war, hatte er insbesondere Zidane zu verdanken. Der Coach lehnte es Sommer für Sommer ab, einen neuen Schlussmann zu verpflichten. Er war von Navas einfach überzeugt. Erst nach seinem Abschied kam Thibaut Courtois. Navas und Zidane bauten über die Jahre ein respektvolles und vertrauensvolles Verhältnis zueinander auf. Die Rückkehr des Franzosen stellt für den Costa-Ricaner eine großartige Nachricht dar, wenngleich erst einmal nicht zu erwarten ist, dass Courtois komplett in das zweite Glied abrückt. Die Situation zwischen den Pfosten wird allemal spannend zu verfolgen sein.

- Flüchten Gareth Bale und Daniel Ceballos vor Zidane?
Zwei Personalien mit Explosionsgefahr. In dem Glauben, dass „Zizou“ so schnell schon nicht zu den Merengues zurückkehren würde, äußerten sich Bale und Ceballos in den zurückliegenden Monaten alles andere als positiv.
Ceballos im September 2018: „Wenn Zidane noch da wäre, hätte ich mit Sicherheit einen Abgang angestrebt. Warum ich so wenig unter ihm spielte, muss er erklären. Weil er es war, der mir keine Gelegenheiten gab. Ich arbeitete hart, versuchte, es ihm schwer zu machen, aber irgendwann kommt der Moment, wo du siehst, dass es unmöglich ist.“
Bale diesen Februar: „Unsere Beziehung war gut, aber ich würde nicht sagen, dass wir beste Freunde waren. Es war eher ein normales berufliches Verhältnis. Warum ich im Champions-League-Finale gegen Liverpool nicht in der Startelf stand, darüber hat mit mir nicht gesprochen. Ich habe mit ihm seither auch nicht mehr geredet.“

Der Waliser war 2017/18 am Ende meistens nur noch Joker, während Ceballos, der unter Julen Lopeteui und Solari mehr Chancen bekam, von seinen ohnehin bloß 22 Einsätzen bei Zidane nur neunmal von Anfang an mitwirkte. Ob es dem Duo jetzt ähnlich ergehen wird? In beiden Fällen ist ein Abgang möglich.
- Holt Zidane James Rodríguez zurück?
So gut wie ausgeschlossen! Hatte James bislang selbst eine Rückkehr in die spanische Hauptstadt in Betracht gezogen, dürfte seine Hoffnung jetzt einen Dämpfer erlitten haben. Unter Zidane verschwand er bei Real einst schließlich aus dem Spotlight. Wegen dem Franzosen flüchtete der Kolumbianer auf Leihbasis bis zum 30. Juni 2019 zum FC Bayern. Zudem gab Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge kürzlich erst zu verstehen: „Hier sind alle happy mit ihm. Ich gehe fest davon aus, dass James auch in der nächsten Saison beim FC Bayern spielen wird.“
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