
Tiefwert seit 2009
MADRID. Auch aus Zuschauersicht war die Saison eine zum Vergessen. Schon bevor das erste Mal die Kugel im Estadio Santiago Bernabéu rollen konnte, hatten die Königlichen einen ersten Negativrekord zu verzeichnen: Dem Start in 2018/19 – sogar ein Spiel mit Derbycharakter, wenngleich der Gast “nur” der FC Getafe war – wollten lediglich 48.446 Zuschauer beiwohnen.
Eine bittere Marke, welche seit 2009 nicht mehr erreicht wurde, als es damals für die Blancos am vorletzten Spieltag lediglich um die vielbemühte “goldene Ananas” ging. Doch der negative Höhepunkt wurde nochmal getoppt, als erst kürzlich die Partie am 36. Spieltag gegen den FC Villareal von gerade einmal 46.294 Personen besucht wurde. Ein Bild, welches sich wie ein roter Faden durch diese schwierige Spielzeit zu ziehen vermochte.
Nur sechs Stadien in Europa besser besucht
Mit dem Durchschnittswert von 61.020 Zuschauern pro Spiel würde Real im Bundesliga-Vergleich zwischen dem FC Schalke 04 (61.069) und dem abstiegsbedrohten VfB Stuttgart (54.550) rangieren. Immerhin: Innerhalb Europas Top-Ligen steht Real damit auf Rang sieben hinter Dortmund, Barcelona, Bayern, Schalke, United und Inter.
Tribünenbild wie ein Schweizer Käse
Und trotzdem: Dieser Wert stellt für die Merengues dem schlechtesten des Jahrtausends dar und bedeutet im Schnitt pro Spiel über 5.000 Zuschauer weniger, als noch im Vorjahr. Zum Vergleich: 2006/07, in der besten Saison seit dem Millennium, besuchten im Mittelwert jedes Spiel 76.650 Zuschauer. Daraus folgt eine Differenz von über 15.000 Besuchern – etwa die Menge an Personen, welche Bundesliga-Aufsteiger SC Paderborn überhaupt in seiner Arena unterbringen kann.

Bereits in den Jahren zuvor zeichnete sich eine rückläufige Tendenz ab, diese Spielzeit bildet allerdings den negativen Höhepunkt. In der Saison 2016/17 waren noch durchschnittlich über 10.000 Zuschauer pro Spiel mehr anwesend. Plus: Kein einziges Mal in der abgelaufenen LaLiga-Spielzeit konnten die Königlichen ausverkauft melden, lediglich das Rückspiel im Halbfinale der Copa del Rey gegen Barcelona wusste in diesem Jahr die Ränge zu füllen. Und in der Champions League zeigte sich ein noch schlimmeres Bild: Der Schwund von durchschnittlich 11.000 Zuschauern ist ein noch dickeres Brett! Bei der Heimpleite gegen ZSKA Moskau besuchten lediglich 51.636 Zuschauer die Partie.
No Cristiano, no Party?
Zu Beginn der Saison hieß es in manchen Medien “No Cristiano, no Party” und der Abgang des Superstars wurde für den Schwund verantwortlich gemacht. Möglicherweise einer der Gründe, aber sicherlich nicht die hauptsächliche Ursache, denn die aktuelle Tendenz war schon in Anwesenheit des Portugiesen zu erkennen. Es ist nur logisch, dass die sportliche Misere für einen eklatanten Rückgang der Zuschauer geführt hat, dazu kommen späte Anstoßzeiten und teurere Ticketpreise. Nur 18 ihrer 27 Heimspiele haben die Königlichen gewonnen, ganze acht verloren. Zudem scheint das “Opernpublikum” erfolgsverwöhnt und interessiert sich nach vier gewonnen Königsklassen-Titeln in fünf Jahren augenscheinlich nicht mehr für jeden “Provinzklub”, der in die Hauptstadt kommt – traurig, aber wohl auch wahr!
Schon früh mussten die Blancos im Meisterschaftsrennen die Segel streichen, in der Champions League war bereits im Achtelfinale Schluss. Die interessanten Spiele, wie einen “Showdown” in LaLiga oder Viertel- und Halbfinale in der Königsklasse, mit sicherlich größerem Publikumszuspruch, gab es in dieser Spielzeit schlichtweg nicht.

Über eine erschreckende Tendenz sollte die Begründung des “Horror-Jahres” keinesfalls hinwegtäuschen – Zahlen lügen nicht. Auch die Tatsache, dass selbst die “Grada”, jene Kurve im Bernabéu, wo sich die hartgesonnenen und eigentlich treuesten Fans aufhalten, zeitweise ein löchriges Erscheinungsbild aufgezeigt hatte, ist nicht wegzureden. Die Verantwortlichen sollten deshalb gewarnt sein und nicht nur durch den Umbau tunlichst gegensteuern. Es muss gewiss in der kommenden Saison etwas unternommen werden, um auch aus Zuschauersicht eine Kehrtwende einzuleiten. Wenn dann die Akteure in der neuen Spielzeit wieder die erwartete Freude am Fußball zutage legen, steigen automatisch analog die Zuschauerzahlen wieder an – denn das “Opernpublikum” will bespaßt werden.
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