
Vom Canterano zum Galáctico falsch abgebogen
GRANADA. Real Madrid, Tottenham Hotspur, FC Valencia und jetzt FC Granada. Das sind nur einige Stationen in der langen Fußballkarriere des ehemaligen Canteranos Roberto Soldado, der in Madrid ganz groß raus kommen wollte. Im Interview mit der britischen Tageszeitung THE GUARDIAN spricht der Spanier nun offen über seine Zeit bei den Königlichen – und gesteht Fehler ein. „Wenn ich heute Fotos (von seiner Zeit in Madrid; d. Red.) sehe, schäme ich mich“, gibt der Spanier seine damaligen Gewichtsprobleme von bis zu „sieben Kilogramm“ zu. Mit 20 Jahren wagte Soldado den Sprung aus der Castilla zu den Profis, kam in seiner ersten Profi-Saison 2005/06 aber nur zu 17 Einsätzen, in denen ihm immerhin vier Treffer gelangen – es sollten die einzigen im weißen Trikot bleiben.
Nach einer einjährigen Leihe bei CA Osasuna kehrte der Canterano 2007 an die Concha Espina zurück und traf dort auf die „Gálacticos“ um den heutigen Chefcoach Zinédine Zidane. Nicht nur der Konkurrenzdruck, sondern auch sein junges Alter machten ihm zu dieser Zeit einen endgültigen Durchbruch schwer: „Ich war wie ein Kleinkind. Dort spielten Spieler wie Raúl, Figo oder Zidane, richtige Profis. Doch ich orientierte mich an den Falschen und tat ihnen Dinge gleich, die ich nicht hätte tun sollen.“ Die ernüchternde Bilanz: Nur acht Einsätze, kein einziger Treffer und der Abschied aus Madrid.
Zu viel Party – „Hätte eine Backpfeife benötigt“
„Jeder muss die Verantwortung für seine Taten übernehmen und wissen, wo die Grenzen sind“, so die heute reflektierte Meinung des Mittelstürmers, der gutem spanischen Essen und dem Madrider Nachtleben nach eigenen Aussagen zu sehr angetan war. „Ich ging aus und dachte, ich sei größer als Beckham. Ich war mental nicht vorbereitet, man Kopf war nicht reif genug.“ Im Rückblick auf seine jugendlichen Sünden hätte Soldado sich jemanden gewünscht der ihn „greift, ohrfeigt und sagt ‘Was macht du da?’. Ich hätte gerne die Möglichkeit gehabt, zu 100 Prozent fokussiert für das damalige Real Madrid zu spielen.“ Ob er einen Durchbruch zwischen all diesen Weltklasse-Spielern für möglich gehalten hätte? „Vielleicht hätte ich mehr Chancen bekommen, wenn ich mich besser ernährt hätte“, so die ehrliche Einschätzung des Spaniers, der „noch heute daran denkt“.
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„Mein Vater und meine Frau, sie veränderten alles“
Roberto Soldados nächtliche Eskapaden gingen so weit, dass der Klub die Eltern des damaligen Sturmtalentes kontaktierte. „Mein Vater nahm sich eine zweijährige Auszeit und setzte mir Grenzen“, erinnert sich Soldado. Grenzen, die er alleine nicht erkannte: „Mit 17 oder 18 (damals noch Canterano; d. Red.) war ich der Erste, der bereit war auszugehen, sobald jemand fragte ‘Gehen wir etwas trinken?’.“
Einen Wandel in seiner Karriere bedeutete auch der Umzug zu einem Freund, der „gewissenhafter“ war. Als Soldado zu dem Zeitpunkt auch seine jetzige Frau kennenlernte, „veränderte sie alles“. „Da wusste ich, dass ich zu weit gegangen war. Ich hatte die Grenzen überschritten“, gesteht der Angreifer. „Ich lernte viele Leute beim Ausgehen kennen, die dieses Leben führen konnten, denn sie waren keine Profi-Fußballer, sie mussten nicht für Real Madrid auflaufen.“
Über Ex-Kollege Harry Kane: „Würde ihn gern bei Real sehen“
Trotz der Unterstützung seiner Familie war die Etappe Real Madrid für den damals 23-Jährigen beendet und er versuchte sein Glück beim FC Getafe und FC Valencia, von wo aus er es im Jahr 2013 bis zu Tottenham Hotspur schaffte. Keine Skandale, aber ähnlich starke Konkurrenz erwartete den Spanier dort in Person von Harry Kane. „Ich bereue nicht dorthin gewechselt zu sein, aber ich dachte, es würde besser laufen“, gesteht der Spanier ein. „Ich musste mich mit dem ‘Boom’ von Harry Kane messen. Er hätte gerne ein paar Jahre warten dürfen, um so durch zu starten“, scherzt Soldado über seinen Konkurrenzkampf mit dem englischen Star-Stürmer, dessen Name Jahr für Jahr auch durch die Madrider Gassen klingt. „Ob er gut genug für Real Madrid ist? Seine beste Zeit kommt erst noch, ich würde ihn gerne bei Real sehen“, so die Prognose des gescheiterten Canteranos.
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