Analyse

Wenn eine Abwehr Titel gewinnt, ist dieses Real zum Scheitern verurteilt

Real Madrid geht mit einer 1:4-Klatsche bei Krisen-Klub FC Valencia in die nächste Länderspiel-Unterbrechung. Die Defensive entwickelt sich zunehmend vom Prunkstück zurück zur altbekannten Schwachstelle. Alle Verteidiger sind an je einem Gegentreffer schuld. Erstmals überhaupt in der Liga fallen unter Trainer Zinédine Zidane vier Gegentore. Zum siebten Mal in Folge können die Königlichen ihr Gehäuse nicht sauber halten, stattdessen kassieren sie im Schnitt zwei Tore pro Partie.

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Real Madrid
Courtois griff in Valencia viermal hinter sich – Foto: imago images / Cordon Press/Miguelez Sports

Real kassiert in letzten sieben Spielen 14 Treffer

VALENCIA/MADRID. Keine 55.000 zusätzlichen und besonders lautstarken Gegner auf den steilen Rängen und eine bisherige Saisonausbeute des Kontrahenten, die wahrlich nicht für Angst und Schrecken sorgt: Real Madrid hatte gewiss schon mal ein mulmigeres Gefühl, als es auf die Reise zu einem Duell mit dem FC Valencia in dessen Estadio Mestalla ging. Vor diesem 9. Spieltag in der Primera División hatten es die „Blanquinegros“, vereinspolitisch schon seit einigen Monaten ein Unruheherd im spanischen Fußball, mit ihren elf Treffern gerade mal auf zwei Siege und zwei Unentschieden gebracht, woraus acht Punkte und Platz 13 resultierten. Dem gegenüber stehen 13 Gegentore, die zu vier Niederlagen führten.

Aber was hat das schon großartig zu bedeuten? „Jedes Spiel hat seine eigene Geschichte“, pflegt Zinédine Zidane zu sagen. Dem Team von Trainer Javi Gracia gelang es am Sonntagabend selbst unter diesen schlechten Vorzeichen und angesichts der Coronavirus-Pandemie ohne die Unterstützung des eigenen Anhangs, dem amtierenden Meister ein denkwürdiges blaues Auge zu verpassen. Nach dem Führungstor von Karim Benzema (23.) wurde es kurios: Elfmeter – 1:1 (35.). Ein Eigentor – 1:2 aus Reals Sicht (43.). Noch ein Elfmeter – 1:3 (54.). Und noch ein Elfmeter – 1:4 (63.). Valencias Carlos Soler wusste vermutlich nicht, wie ihm geschieht, nahm aber alle drei Geschenke vom Punkt aus dankend an. Der 23 Jahre alte Stürmer, seit 2017 Profi bei den „Fledermäusen“, hatte zuvor in 155 Pflichtspielen erst zwölfmal eingenetzt – und jetzt binnen 28 Minuten, wenn man die viertelstündige Halbzeitpause außen vor lässt, gleich dreifach per Strafstoß.

Ein Elfmeter-Dreierpack des Kontrahenten war Real in seiner 118-jährigen Geschichte zuvor noch nie untergekommen. Er steht sinnbildlich für die Defensive der Königlichen in dieser Saison. Das Debakel in Valencia war die siebte Partie hintereinander, in der sie nicht ohne Gegentor geblieben sind. Insgesamt kassierte Real dabei sogar 14 Treffer, also zwei pro Spiel. Prunkstück Defensive? Das war einmal – auch wenn vor nicht allzu langer Zeit. Sie ist zurück, die altbekannte Schwachstelle. Hatte Real in den letzten elf Partien der vergangenen Spielzeit nur sieben Tore kassiert, sind es in den ersten elf Spielen der neuen Saison satte 16. Fast das Doppelte. Ein alarmierender Trend, wegen dem Zidane schon nach der Pleite gegen Cádiz versicherte, er werde Lösungen suchen und Lösungen finden. Bloß ein Lippenbekenntnis? Ein Aufwärtstrend in der Performance der im Verbund einfach nicht sattelfesten Hintermannschaft ist jedenfalls nicht zu erkennen.

Jeder Verteidiger verschuldet ein Gegentor

Kurios: Im Mestalla hatte jeder einzelne Verteidiger jeweils einen Gegentreffer zu verschulden. Vor dem Ausgleich zeigt Schiedsrichter Jesús Gil Manzano wegen eines Handspiels von Lucas Vázquez, bedingt durch die personelle Situation erneut hinten rechts im Einsatz, auf den Punkt. Das Eigentor fabriziert Raphaël Varane, die nächsten Strafstöße werden durch Marcelo (umstrittenes Foul) und Kapitän Sergio Ramos (Hand) verursacht. „Keine Abwehr mehr da: Real Madrid hat hinten ein ganz großes Problem“, konstatiert die Sportzeitung MARCA nach der unter Zidane zweiten Begegnung, in der es viermal im Netz der Madrilenen zappelte. Nach dem 3:4 im Copa-del-Rey-Viertelfinale 2020 im Estadio Santiago Bernabéu gegen Real Sociedad war es nun in LaLiga erstmals so weit.

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Federico Valverde

Video-Highlights: Valencia 4:1 Real

Erst geführt und dann drei Elfmeter und ein Eigentor kassiert. Real Madrid blamiert sich beim... weiterlesen

Den Ausfall des aufgrund eines positiven Corona-Tests ebenso wie Éder Militão und Eden Hazard nicht einsatzfähigen „Staubsaugers“ Carlos Casemiro kompensierte Zidane hinter Spielmacher Isco mit Federico Valverde und Luka Modrić auf einer Doppelsechs. Zumindest der 22-jährige Uruguayer sei dort jedoch fehl am Platz, findet Jorge Valdano, bei den Blancos einst sowohl Spieler als auch Trainer und Generaldirektor. „Der Job eines zentralen Mittelfeldspielers verpflichtet dich dazu, sich nicht großartig zu bewegen. Valverde ist aber ein Box-to-box-Spieler. Wenn Valverde stillsteht, ist er nicht Valverde“, so der 65 Jahre alte Argentinier nach dem auch in offensiver Hinsicht ziemlich dürftigen Aufritt der Merengues bei dem spanischen Radiosender ONDA CERO.

Schuster-Abgesang auf Marcelo – Real generell „sehr limitiert“

Bernd Schuster, Meister-Trainer von 2008, hatte bereits im Nachgang an den glücklichen 3:2-Erfolg am vergangenen Dienstag in der Champions-League-Gruppenphase gegen Inter Mailand moniert, dass die Defensive zu viel zulasse. Seine Worte konnte er nach dem Valencia-Spiel als Experte bei ONDA CERO im Grunde genommen einfach wiederholen. „Alle Gegner kommen gegen Madrid zu vielen Chancen“, haderte der 60-Jährige und schob in seiner Kritik einen Abgesang auf den enttäuschenden Marcelo, für den inzwischen gesetzten Ferland Mendy in der Startelf, hinterher: „Marcelo konkurriert nicht mehr. Er spielt, weil er aufgestellt wird. Aber er kämpft nicht um den Platz.“

Real Madrid Trikot

Real habe generell „eine sehr limitierte Mannschaft, verfügt über kein Flügelspiel, ist im Mittelfeld langsam. Innerhalb von zwei Jahren wurde nichts getan. Die Mannschaft wurde nicht erneuert. Nach Cristianos Abgang ist die Mannschaft schwächer geworden, es gab keine gute Kaderplanung. Die Spieler, die eingewechselt werden, machen das Team nicht besser. Das ist kein gutes Zeichen“. Gegen Valencia kamen Martin Ødegaard, Rodrygo Goes, Toni Kroos, Mariano Díaz und Luka Jović im Laufe der zweiten Halbzeit. Keine Akteure, die die defensiven Versäumnisse in der Vielzahl vorne wettmachen können.

Es heißt ja so oft: Die Abwehr gewinnt Titel – wie etwa 2019/20, als Ramos und Co. das Spieljahr in Spanien mit 25 Gegentoren beendete. Jetzt sind es nach acht Runden schon neun. Die Hintermannschaft von Real ist in dieser Verfassung höchstens reif zum Scheitern. Greifen sie nach den erneuten Länderspielen endlich, die Lösungen von Zidane?

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Nicht nur die Abwehr ist mieserabel sondern vorallem unsere Sturmreihe inkl. Inkompetenz des Trainers
 
Nach der letzten Saison waren wir frohen Mutes, dass wir nun wenigstens eine sattelfeste Defensive haben und hofften, dass Zizou nun eine funktionierende Offensive installieren wird. Pustekuchen. Sogar die Defensive zerfällt mittlerweile in nahezu jedem Spiel und jeder Gegner kann sich mühelos Chancen erspielen. Von der Offensive braucht man gar nicht erst zu reden, weil sie immer noch von Zufällen abhängt und quasi inexistent ist. Ich weiß echt nicht, wie es weiter gehen wird, weil man anscheinend gegen jeden Gegner zittern muss während Zidane regungslos an der Seitenlinie steht.
 
Letze Saison waren Spieler wie Courtois, Carvajal, Mendy, Varane, Ramos und Casemiro in Überform. Diese Saison sind vor allem Varane und Casemiro weit von dieser Form entfernt.

Gestern war mir die Aufstellung von Zidane auch zu offensiv. Wenn Kroos statt Isco gespielt hätte wären wir defensiv sicher besser gestanden und offensiv hätte es auch nicht schlechter sein können.
 
Was meinte Zidane wir sind nach dem 1:1 in ein Loch gefallen ????????????
NEIN WIR SIND NICHT alle in ein Loch gefallen sondern wir liegen alle schon viel länger in einem Loch drin was dazu immer tiefer wird , nur schaffen wir es noch ab und zu mal den Kopf raus zu strecken was aber auch immer schwerer wird wegen der Tiefe . Alleine diese Antwort zeigt mir das er wirklich denkt es läuft eigentlich gut und das ist doch an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.
Denke Zidane denkt er ist Trainer bei Huesca und ist mit einem Klassenerhalt zufrieden . Unglaublich das Perez das mit macht und sogar mit ein HAUPTverantwortlicher ist das man so schnell so tief gefallen ist !Mein Vertrauen in das Team ist komplett weg leider und vor JEDEM Gegner denke ich mir hoffentlich kriegen wir keine klatsche !

Schuster hat er erkannt und das sagt doch alles !
Perez bekommt sein neues Stadion ja wunderbar und in der Zeit setzen ER und ZIDANE das Schiff gegen den Eisberg ohne es angeblich zu merken und das in Lichtgeschwindigkeit ! 2018 das noch beste Team der Welt aber mit der Tendenz nach unten und das hätte man sehen müssen aber man hat es verpennt und dabei kommt dann so was raus !
Mir fehlt jetzt auch mal so ne Wutrede in der Öffentlichkeit von Perez der die Jungs an deren Ehre packt . Wir sind am Boden und jetzt liegt es an Perez wie lange man da liegt .

Weiß nicht ob ihr auch so denkt aber diese Situation gerade ist sehr sehr gefährlich denn wie will man sie ändern ? Keine Zuschauereinnahmen , Keine Erfolge in der CL , Copa sowieso nicht und Meister wird man so auch nicht und dazu hat man ein fetten Kredit am Hals heißt Einnahmen die überschaubar sind und nicht um einen Umbruch zu starten den man ja jetzt angeblich schon 2 ,5 Jahre macht ! Die Brasilianer werden unter Zidane nie was und da lege ich meine Hand für ins Feuer ! Talente unter Zidane werden nicht besser ! Zidane ist für so etwas einfach nicht gemacht ! Der ganze Klub besteht gerade nur aus Planlosigkeit!
 
Zuletzt bearbeitet:
Erfolg beginnt mit einem Matchplan des Trainers, ob der Plan aufgeht oder nicht, ist nochmal was anderes. Normalerweise muss ein Coach der den größten Verein des Fußballs trainiert, einen Plan B, C jetzt lehne ich mich mal weit aus dem Fenster sogar einen Plan D haben. Zidane wusste das man diese Saison viel routieren muss, da ein Spiel auf das andere Spiel folgt, das 4-3-1-2 funktioniert nicht, wenn Isco nicht in Form ist, mit Hazard & Öde wurde es noch nicht probiert. Ein 4-2-3-1 mit einem Hazard auf der 10 würde ich vorerst nicht sehen wollen, weil falls sich Hazard mal wieder verletzt stehen wir nur noch mit Vini auf der linken Seite. Warum nicht mal ein 4-4-2 probierne mit Valverde und Case als 6er, Hazard und Rodrygo auf den Außen. Benze und Diaz vorne. Wie ich mir das vorstelle ? Valverde und Casemiro machen die "Drecksarbeit", Diaz ist vorne am pressen wie eine Bulle, während Benze und Hazard sich um das spielerische kümmern. Muss nur noch eine Rolle für Rodrygo gefunden werden.
 
Filip Knopp hat in seinem Artikel wieder mal alles auf dem Punkt gebracht! Man hat nur noch Angst vor dem nächsten Spiel. Jeder Gegner überrennt uns förmlich. Was trainieren die Spieler eigentlich? Immer nur klein klein Schweinchen in der Mitte? Wieso können unsere Spieler nicht rennen? Sind sie gehbehindert? Und wieso spielt die Flasche leer Marcelo eigentlich noch? Was erzählt Zidane den eigentlich? Geht mal raus und spielt mal schön immer hinten rum und lauft bloß nicht so schnell nach vorne, wartet bis der Gegner sich hinten wieder auf gestellt hat? Ach ja und geht bloß nicht 1 gegen 1 in den Strafraum ihr könntet gefault werden. Spielt lieber bis zur Grundlinie bis alle Räume zu sind. Und nur blinde Flanken aus dem Halbfeld, weil der Gegner sowieso schon lange wieder hinten ist. Und ständig steht Benzema seinen Mitspielern auf der linken Seite auf den Füßen und turnt zusätzlich planlos auf den ganzen Platz rum. In jedem Spiel ist das immer das gleiche Spiel. Die Saison hat nicht Corona sondern Pérez und Zidane verbockt. Pérez habe die cojones und schmeiß Zidane raus! Hole einen harten Hund, egal wenn auch übergangsweise und mache den Spielern Beine! Auch gerne im Januar ein zwei harte italienische Verteidiger, damit dahinten Ruhe rein kommt. So kann es nicht mehr weitergehen! Es muss ein härter Schnitt im Januar kommen. Am besten auch alle alten Spieler (30 +) verkaufen. Ich glaube wir werden uns noch alle wundern CL Gruppenphase raus in La Liga maximal Platz 4. Vielen Dank für die katastrophale Personalplanung und den Kampf auf dem Platz. Hala Madrid y nada más
 
Ohne Angriffspressing, keine Bälle in Offensive.

Gestern war viel Pech dabei, gegen Gladbach anfangs auch. Und Glück muss man sich seit jeher erkämpfen.

Dazu gehört eine Strategie und das passende Spielermaterial. Ausser Vinicius geht kaum ein Spieler ins 1 gg. 1, Ballbesitz von 65% aber gefühlt sinds kaum 50, weil die meiste Zeit Abwehrspieler den Ball haben.

Wie kannst du also so wenig Risiko gehen und trotzdem so anfällig sein?

mMn weil der Gegner keine Angst von dir hat und selbst 6-8 Spieler meist schnell, vertikal und natürlich über die schwachen Aussen (Vazquez, Marcelo) nach vorne treibt. Dann wird's halt schwierig jeden Ball sauber zu klären (siehe Varane) und die Hände bei jeder Flanke am Körper zu halten.

Meine Antwort wäre schnelles Gegenpressing/Angriffspressing, vertikales Spiel mit zweitem Stürmer und ganz einfach einen besseren Kader auf den AV-Positionen. (Reguilon oder Hakimi)

Vielleicht könnte man Favre mal beratend zur Seite holen und gleich noch Haland, Reina oder Sancho mitziehen ^^
 
Erfolg beginnt mit einem Matchplan des Trainers, ob der Plan aufgeht oder nicht, ist nochmal was anderes. Normalerweise muss ein Coach der den größten Verein des Fußballs trainiert, einen Plan B, C jetzt lehne ich mich mal weit aus dem Fenster sogar einen Plan D haben. Zidane wusste das man diese Saison viel routieren muss, da ein Spiel auf das andere Spiel folgt, das 4-3-1-2 funktioniert nicht, wenn Isco nicht in Form ist, mit Hazard & Öde wurde es noch nicht probiert. Ein 4-2-3-1 mit einem Hazard auf der 10 würde ich vorerst nicht sehen wollen, weil falls sich Hazard mal wieder verletzt stehen wir nur noch mit Vini auf der linken Seite. Warum nicht mal ein 4-4-2 probierne mit Valverde und Case als 6er, Hazard und Rodrygo auf den Außen. Benze und Diaz vorne. Wie ich mir das vorstelle ? Valverde und Casemiro machen die "Drecksarbeit", Diaz ist vorne am pressen wie eine Bulle, während Benze und Hazard sich um das spielerische kümmern. Muss nur noch eine Rolle für Rodrygo gefunden werden.

Rolle für Rodry..... ganz einfach, aus wenig Chancen und mit wenig Aufwand ein Tor erziehlen, er hat bereits gezeigt das er der richtige dafür ist.
Es ist faszinierend aber irgendwie ist Rodry in dieser hinsicht wie ein Lew oder sogar CR7 du kannst das ganze Spiel nichts von ihm sehen, für ein Tor oder Assist scheint er aber immer gut zu sein.
 

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