
Filip Knopp: Jedes Spiel mit Fans vor Ort
Mich nervt es, wenn die Rede davon ist, dass zum Beispiel Reals Meisterschaft wegen aller durch die Corona-Pandemie entstandenen Umstände doch so besonders sei. Gerade das ist für mich nicht der Fall! Klar haben Titelerfolge 2020 ein Alleinstellungsmerkmal erhalten, weil dieses Jahr ab März eben ein völlig anderes war. Ich will mir Spiele ohne die Anwesenheit von Fans aber unter keinen Umständen schönreden und mich selbst belügen, dass leere Stadien doch auch ihren Reiz hätten, weil der Fußball zu seinen Wurzeln zurückkehrt, es einzig und allein um das Spiel geht. Da zitiere ich einfach mal Thomas Doll: „Das ist doch alles bla bla bla, ist das doch! Alles bla bla bla ist das!“ Okay, die Wahrheit lag schon immer auf dem Platz, aber der Fußball ist mehr als nur ein Spiel, er ist eine Unterhaltungsbranche, ein Spektakel und macht ohne diese Emotionen und Atmosphäre durch die Fans nicht mal halb so viel Spaß. Insofern ist für mich klar: Das Real-Highlight 2020 waren all die 15 Partien – sechs davon im Estadio Santiago Bernabéu –, die vor begeisterten Fans stattgefunden haben. Kein Traumtor, kein Sieg, kein Titel vor einer Geisterkulisse kann das wettmachen! Ein titelloses Real-Jahr mit Fans hätte ich einem Titel-Jahr ohne Fans sofort unterschrieben.
Edin Soso: Valverdes Grätsche im Supercopa-Finale
Natürlich ist der Supercopa-Titel von eher geringer Bedeutung, und doch war dieser aus meiner Sicht die Grundlage für den späteren LaLiga-Titel. Die erste Trophäe in der zweiten Zidane-Ära brachte der Mannschaft und dem gesamten Verein die verloren geglaubte Siegermentalität zurück. Nach dem Final-Sieg gegen Atlético wussten alle: Real Madrid ist wieder da. Für diesen wiedererlangten Glauben an sich selbst steht eine Szene sinnbildlich: Die Grätsche des Fede Valverde an Álvaro Morata, der kurz vor Ende der Verlängerung auf dem sicheren Weg zum Siegtreffer für Atlético war. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Valverde sah Rot, die Königlichen mussten die letzten Minuten in Unterzahl bestreiten, retteten sich aber ins Elfmeterschießen und gewannen dort anschließend. Der Uruguayer selbst wurde zum „Man of the Match“ gekürt und nicht nur von den eigenen Mitspielern und Fans gefeiert – selbst Diego Simeone gab offen zu, dass er es genauso gemacht hätte. Solche Szenen und Aktionen sind es, die den Mythos begründen, nach dem Real Madrid Finals nicht spielt, sondern gewinnt.
Max-Friedrich Bading: Ramos’ Leistungen nach der Corona-Pause
In was für einer Form sich Sergio Ramos nach der Corona-bedingten und über drei Monate andauernden Unterbrechung des Spielbetriebs in LaLiga präsentiert hat, ist für mich schier unglaublich. Und weil ich in Worten kaum beschreiben kann, was ich da im Sommer gesehen habe, versuche ich es mit Zahlen: Der Kapitän und Innenverteidiger (!) erzielte in seinen zehn Spielen im Saison-Endspurt sechs Tore, darunter vier Mal das so wichtige 1:0. Das waren doch nur Elfmeter? Kopfballtor, Freistoßtor, Vollendung eines Konters – Ramos zeigte die volle Palette. Wer da glaubt, dass Ramos‘ Aktionismus vor des Gegners Tor sich negativ auf die eigene Defensive ausgewirkt haben müsste, irrt ebenso: In den zehn Spielen kassierten die Blancos nur sechs Gegentore bei fünf Spielen zu null. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen so einflussreichen und allgegenwärtigen Innenverteidiger erlebt zu haben wie diesen Sergio Ramos nach der Corona-Pause – mein königliches Highlight 2020.
Adrian Kühnel: Clásico-Sieg im vollen Bernabéu
2020 war schon ein kurioses und anderes Jahr – auch im Fußball. Und nach der Wiederaufnahme des Spielbetriebs ist es noch lange nicht dasselbe wie zuvor: Denn die Zuschauer in den Stadien, die für die tollen Atmosphären zuständig sind, müssen nach wie vor fern bleiben. Umso emotional gewichtiger erscheint mir deshalb auch der letzte Clásico vor ausverkauftem Haus. Real Madrid schlug den FC Barcelona am 1. März mit 2:0 im Estadio Santiago Bernabéu. Neben dem Sieg, der Optimismus im Hinblick auf die spätere Meisterschaft auslöste, war es zudem das bislang letzte Spiel an der Concha Espina. Bilder und Emotionen, die ich mir genau so für das „neue“ Bernabéu wünsche.
Nils Kern: Marco Asensios Comeback
Viel gibt der Fußball meinem Fan-Herz derzeit nicht mehr. Egal wo: In der immer engeren Taktung funktioniert der Fußball nur noch – keine Fans, keine Emotionen, vieles wirkt kalt und reißt mich nicht mehr mit. Doch da gab es diesen einen Moment. Wie heißt es so schön: „Solche Geschichten schreibt nur der Fußball!“ So auch am 18. Juni, als Marco Asensio nach 369-tägiger Verletzungspause und Höllendurchquerung zu seinem ersten Einsatz kam und nur 30 Sekunden nach seiner Einwechslung mit seinem ersten Ballkontakt 2019/20 ein Tor erzielte. Manchmal sind Märchen doch Real. Aber wie Asensio mit geflicktem Kreuzband und Außenmeniskus direkt wieder strahlen durfte und von allen Teamkollegen beglückwünscht wurde – das hat vermutlich nicht nur mein mittlerweile etwas entsozialisiertes, versteinertes Herz erwärmt.
https://www.youtube.com/watch?v=JqKmk26RcLs
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