
Gareth Bale hat eine erstaunliche Karriere hinter sich, die sich auf der Zielgeraden in eine Tragödie zu verwandeln droht. Mit dem Wechsel in die vermeintliche Wohlfühl-Oase namens Tottenham Hotspur konnte der Waliser zwar den Scharmützeln bei den Königlichen enteilen, allerdings weder zu alter Form finden noch frei von öffentlichen Debatten aufspielen. Die FAZ beschrieb den Wechsel als „Glück auf Zeit“, denn anfängliche Euphorie wich der Alltags-Tristesse. „Die Gründe, warum er noch nicht das Niveau erreicht hat, an das sich Tottenham-Anhänger erinnern, sind komplex”, urteilte José Mourinho über seinen Leih-Spieler. Unlängst wurde die Rückkehr des Walisers an die White Hart Lane als gescheitert beurteilt, dabei hatte es doch große Pläne gegeben. „Ich bin mir sicher, wenn die Dinge gut laufen, gibt es da kein Problem“, sagte Bale-Berater Jonathan Barnett zu einem Verbleib über die Saison 2020/2021 hinaus und macht klar: „Das ist der Verein, für den er spielen will.“
Pleiten, Pech und Pannen
Doch immer wieder laboriert der Flügelstürmer an Blessuren, kämpfte mit Knieproblemen, litt am altbekannten Zwicken in der Wade oder wurde durch einen Schlag auf die Muskulatur außer Gefecht gesetzt. Inkonstanz war die einzige Konstante in den letzten Monaten. Dimitar Berbatov, ehemaliger Mitspieler des Walisers fasste die Situation passend zusammen: „Bales Rückkehr begann mit viel Tamtam, aber es entwickelt sich langsam aber sicher zu einem Albtraum.”
Bis Anfang Februar stand Bale für keine zwei Premier League-Spiele in Folge im Kader des portugiesischen Trainers José Mourinho, der zwar oft seine Geduld betonte, aber auch mit dem Indiz der geringen Einsatzzeiten – seit Ankunft lediglich erst ein Einsatz über 90 Minuten – kein übermäßiger Fan des Mannes aus Cardiff zu sein scheint: „Jeder wusste, dass es nach den letzten Spielzeiten in Madrid nicht einfach für ihn werden würde. Also lasst uns Schritt für Schritt gehen und versuchen, das Beste aus ihm herauszuholen”, appellierte „The Special One“.

Auch der exzentrische Übungsleiter war es gewesen, der Bale nach einem irreführenden Post auf Instagram, indem der Spieler von einer guten Trainingseinheit berichtete, erst kürzlich zurechtweisen musste, da der Angreifer „völlig falsche“ Informationen vermitteln würde. Das Verhältnis der beiden Stars soll laut den Medien unlängst zerrüttet gewesen sein und Mourinho keineswegs über die Spielzeit hinaus mit dem Linksfuß planen, auch wenn der Übungsleiter entgegen solcher Behauptungen andere Töne einzuschlagen weiß: „Gareth ist ein Spieler, den ich immer geliebt habe. Er ging zu Real Madrid, weil ich mit dem Präsidenten gesprochen habe, als ich dort war, und ihm gesagt habe, er sei ein Typ, den ich sehr mag.”
The trend is your friend
Kaum hatte zudem die AS vermeldet, dass im Vertragspoker von Sergio Ramos mit den Königlichen angeblich ein Gehaltsverzicht ausgehandelt wird, um das horrende Salär für den verliehenen Bale weiterbezahlen zu können, weil Tottenham den Spieler nicht behalten würde, explodierte die Leistung des Mannes mit dem Dutt auf dem Kopf binnen weniger Wochen. Sechs Tore in den letzten sechs Spielen steuerte Bale den jüngsten Erfolgen der „Spurs“ bei, darunter zwei Doppelpacks gegen den FC Burnley sowie Crystal Palace. Drei Assists machen sogar neun Torbeteiligungen seit dem 18. Februar! 100 Minuten auf dem Premier League-Rasen benötigt der Linksfuß durchschnittlich für einen Treffer. Harry Kane zum Vergleich kommt auf einen Treffer alle 137 Minuten. Zudem war Bale auch in jedem anderen Wettbewerb für die Nord-Londoner erfolgreich. Gute Argumente also.
Angesichts der mageren Startelfquote von gerade einmal 19 Prozent und lediglich 21 Prozent absolvierter Spielminuten darf man diese Zahlen zwar nicht überbewerten, allerdings geben sie Anlass zur Hoffnung: Einerseits stellt der Offensivmann damit klar, dass er definitiv noch das Zeug dazu hat, erfolgreichen Fußball auf höchstem Niveau zu spielen, andererseits macht er damit auf sich aufmerksam. Wenn Tottenham den Spieler nicht behalten will – was sich möglicherweise nach der Leistungssteigerung bereits geändert haben könnte – steht der Waliser zumindest im Schaufenster und kann sich notfalls für andere Interessenten empfehlen.
Worst-Case Szenario: Rückkehr
Bestätigt der 31-Jährige diese Leistungen nicht, könnte jedoch auch der GAU eintreten: Demnach müsste Bale nochmal an die Concha Espina zurückkehren, wo er einen Vertrag bis Sommer 2022 besitzt. Zurück an den Ort, wo Bale nicht sein will und wo man ihn nicht mehr haben will – unabhängig davon, ob Zinédine Zidane im Sommer bleibt oder geht. Für beide Parteien wäre eine Rückkehr wohl die schlechteste Lösung, da mit dem Rechtsaußen in Madrid nicht mehr geplant wird und er als Top-Verdiener auf der Tribüne zum Stammgast wird, wenn er nicht gerade auf dem Golfplatz steht. Obendrein ist nicht zuletzt auch durch den großspurigen Berater Barnett – „Real soll den Boden küssen, auf dem Bale geht” – das Tuch zwischen beiden Parteien wohl endgültig zerrissen.

Findet sich hingegen ein Abnehmer, winkt den Blancos womöglich noch eine Ablösesumme für den vierfachen Champions-League-Sieger, dessen Marktwert sich bei 20 Millionen Euro beläuft. Bedenkt man allerdings das enorm hohe Salär des Spielers, welches Gareth Bale als Top-Verdiener in Madrid bezieht, wäre bereits die Tilgung dessen Namen von der Gehaltsliste ein finanzieller Erfolg für die Königlichen. Für beide Seiten die bessere Lösung aus einer ansonsten prekären Situation. Bestimmt auch aus diesem Grund wird Florentino Pérez irgendwo in einer Villa in Madrid sitzen und sich über jeden Treffer seines einstigen 101-Millionen-Euro-Mannes freuen. Jetzt kann es Bale doch nochmal allen zeigen und Geld in Madrids Kassen spülen.
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