Interview

„Träume davon“ – Roberto Carlos will Seleção trainieren

In Madrid hat Roberto Carlos den Status einer der großen Vereinslegenden. Mit seinen Leistungen, seinem Verhalten und seiner Einstellung auf und neben dem Platz sowie seiner bis in die Gegenwart Verbundenheit zum Klub und dessen Werten hat der Brasilianer einen festen Platz im Herzen des Madridismo. Seine Zukunft sieht der königliche Vereinsbotschafter indes auf der Trainerbank.

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Roberto Carlos ist Real Madrid als Botschafter noch immer nah (hier im Rahmen des Champions-League-Halbfinals gegen den FC Chelsea. Nun träumt „RC3“ davon, eines Tages die Seleção zu übernehmen – Foto: IMAGO / AFLOSPORT

MADRID. Roberto Carlos träumt davon, eines Tages die brasilianische Nationalmannschaft zu übernehmen. Das hat der ehemalige Weltklasse-Außenverteidiger im Rahmen der „Semana Blanca“ der Escuela Universitaria Real Madrid Universidad Europea geäußert. Außerdem sprach „RC3“ über seine eigene Erfolgsgeschichte – vom Jungen, der es aus Garça (São Paulo) auf die große Bühne des Weltfußballs geschafft und nicht nur zahlreiche nationale Meisterschaften und Pokal gewonnen hat, sondern auch die Champions-League-Sieger und die Weltmeister nennen darf.

„Hart daran gearbeitet, meinen Traum zu realisieren“

„Ich komme aus einem Land, in dem Millionen von Jungen nur Fußballspielen wollten […] und habe hart daran gearbeitet, meinen Traum, im europäischen Fußball zu spielen, zu realisieren“, sagte der Brasilianer. Dass er eines Tages an der Concha Espina landen, dort in 527 Partien auf 69 (!) Tore und 89 (!) Assists kommen und sich nicht nur aufgrund seiner insgesamt 13 Titel (darunter drei Mal die Königsklasse) zu einer königlichen Vereinslegende entwickeln würde, war zu jenem Zeitpunkt natürlich nicht absehbar.

Als der heute 48-Jährige im Sommer 1996 für etwa sechs Millionen Euro von Inter Mailand in die spanische Hauptstadt wechselte, verspürte der für seine gewaltige Schusskraft bekannte Linksverteidiger demnach eine gewisse Ehrfurcht vor dem Mythos Real Madrid: „Wenn du für Real Madrid spielst, weißt du, dass es der größte Club der Welt ist und du mit den Besten spielen wirst. Es ist ein Verein mit viel Geschichte. Ich bin gekommen, ohne die hiesige Fußballkultur zu kennen. Ich habe mich dann nach und nach mit einem Lächeln im Gesicht angepasst und dabei viel von meinen Mitspielern in der Umkleidekabine gelernt.“  Dass er dabei offenbar eine steile Lernkurve aufwies, stellte er bereits in seiner ersten Saison unter Fabio Capello unter Beweis: In 35 Ligapartien traf er fünf Mal, steuerte vier Assists bei und verhalf den Merengues somit zum 27. Meistertitel, ehe ein Jahr später durch ein 1:0 über Juventus Turin „La Séptima“ in Amsterdam folgte – der Beginn einer „schönen und wahrhaftigen“ Geschichte.

Robert Carlos Jupp Heynckes
1998 gewinnt der Brasilianer in seiner zweiten Saison bei den Merengues gemeinsam mit Jupp Heynckes die Königsklasse – Foto:Imago Images / Uwe Kraft

„Hier zu spielen bedeutet, dass du immer gewinnen musst“

Auch heute, 14 Jahre nachdem er die Blancos (zumindest als Spieler) mit seinem vierten LaLiga-Titel im Gepäck in Richtung Istanbul verließ, um dort das Trikot von Fenerbahçe überzustreifen, erinnert sich der Brasilianer noch genau an die prägendste Zeit seiner Fußballerkarriere: „Ich habe im Prinzip fast mein ganzes Leben in Spanien gelebt und für Real Madrid gespielt. Hier zu spielen bedeutet, dass du immer gewinnen musst. Du darfst keine Fehler machen und musst jedes Spiel wie ein Finale angehen. Ich habe für den größten Verein der Welt gespielt und bin schnell erwachsen geworden. Ich habe tatsächlich erlebt, was es bedeutet, mit diesem Trikot aufzulaufen und bin glücklich, Teil dieser Geschichte zu sein“, betonte die Vereinslegende.

Seine noch immer währende Verbundenheit zu den Königlichen drückt sich indes auch in Carlos’ heutiger Tätigkeit aus. Als Vereinsbotschafter vertritt er den Klub sowie seine Werte und Interessen nach außen: „Ich kenne den Verein sehr gut, daher ist es einfach, Botschafter zu sein. Wenn du zum Beispiel nach Asien oder Ozeanien gehst, wollen die Leute etwas über den Klub und seine Geschichte lernen – und ich erkläre ihnen, was Real Madrid bedeutet.“

Ivan Helguera Ronaldo Roberto Carlos
Als Spieler war Carlos stets von den Größten umgeben – Foto: Imago Images / Ulmer

Königliche Werte als Orientierungspunkt

In den Augen des früheren Weltklassespielers definiert sich der Klub vor allem durch seine Werte Respekt, Teamgeist und Strebsamkeit, aber auch Fairplay, Authentizität und eine gewisse Portion Demut. Jene Werte hätte der Brasilianer im Umgang mit Ausnahmefußballern, wie David Beckham, Luís Figo, Zinédine Zidane oder Ronaldo, Tag für Tag erfahren. „Es ist immer nur die Rede von den besten Spielern der Welt, von Torschützen – aber die menschliche Seite ist das Wichtigste. Jeder Spieler, der in die Umkleidekabine kam, wurde umarmt. Die Atmosphäre war außergewöhnlich. Nach dem Training gingen wir Snacks essen, sprachen über das Leben und den Fußball. Auf dem Platz spielten wir Fußball, stets mit Respekt vor der gegnerischen Mannschaft. Wir haben viele Spiele gewonnen, aber auch einige verloren – und dann wir haben dem gegnerischen Team gratuliert, weil es besser war als wir, betonte Carlos.

Aus diesen Werten, für die die erfolgreichste Vereinsmannschaft des 20. Jahrhundert noch immer steht, lassen sich demnach auch im alltäglichen Leben fernab des Fußballs ein solides Grundgerüst des Miteinanders und ein fixer Orientierungspunkt ableiten. So riet der 48-Jährige seinen Zuhörern, „immer alles zu geben, vom Anfang bis zum Ende des eigenen Werdeganges.“ Zugleich dürfe der Genuss jedoch keinesfalls zu gering kommen, wie die Corona-Pandemie verdeutliche. Arbeiten Sie hart, aber genießen Sie das Leben zugleich auch maximal. Wir leben aufgrund von Corona in einer sehr heiklen, schwierigen Zeit und müssen die schönen Momente genießen“, sagte Carlos.

Den Glanz vergangener Tage „leider verloren“

Für den mehrfachen Familienvater scheint die größte Freude abseits der Zeit mit seinen Kindern und Freunden noch immer im Fußball zu liegen. Demnach träumt der vom Madridismo noch immer verehrte Freistoßkünstler davon, eines Tages die brasilianische Nationalmannschaft zu trainieren. Im Anschluss an die glorreichen 1990er und frühen 2000er Jahre, in denen die Seleção für bezaubernden Offensivfußball, dem „Joga Bonito“, stand, hätte sich der Spielstil zum Negativen gewandelt. „Brasilien hat dieses Image dieser Tage leider verloren. Wir haben zwar großartige Spieler, haben den Spielstil aber geändert. Das hat uns etwas wehgetan“, befand Carlos.

Auch wenn die Seleção die sportliche Talsohle durch den Gewinn der Südamerika-Meisterschaft 2019 unter Nationaltrainer Tite offensichtlich überwunden hat, scheint sich Carlos die zweifellos unterhaltsamere Spielweise zurückzuwünschen. „Damals haben wir das Maximum eines jeden Spielers genutzt, um Spaß auf dem Feld zu entfachen – heute ist das leider nicht mehr so“, sagte er. Wenn es nach dem früheren Weltklasse-Spieler geht, der selbst 125-mal (elf Tore) das Trikot des Rekordweltmeisters trug, wird er selbst eines Tages den Glanz vergangener Zeiten zurück in die vielleicht größte Fußballnation der Welt bringen. Unrealistisch scheint dieses Ziel auf keinen Fall.

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