Kommentar

Zidanes größter Fehler

Missverständnis nach drei Jahren beendet: Luka Jović verlässt Real Madrid und wechselt zur AC Florenz. Kann er dort zeigen, warum ihn Zinédine Zidane im Sommer 2019 unbedingt holen wollte? Oder bleibt er so Zidanes – meiner Meinung nach – größter Fehler bei den Königlichen?

623
Zidane und Jovic
Zidane wollte Jović unbedingt haben, setzte ihn in anderthalb Jahren aber nur 1.014 Minuten ein – Foto: IMAGO / Agencia EFE

„Es ist eine Chance für alle, um zu sehen, wer recht hat und wer sich täuscht“, kündigte Milan Jović, Vater von Luka Jović, den Wechsel zur Fiorentina bereits an. Und damit hat er schonmal recht: Jetzt kann Luka Jović theoretisch wieder allen zeigen, dass er nicht nur ein One-Hit-Wonder ist. Und dass Real Madrid falsch lag, speziell: Zinédine Zidane.

Denn der Abgang des 24-Jährigen nach drei mehr als enttäuschenden Jahren steht meiner Meinung nach für Zidanes größten Fehler. Er war es, der Jović im Sommer 2019 trotz einiger Warnungen unbedingt haben wollte. Der sich offensichtlich von der herausragenden Saison 2018/19 mit der Eintracht blenden ließ.

„Zidane war derjenige, der mich bei Real Madrid haben wollte. Die Verhandlungen zwischen meinem Klub und Real Madrid waren schwierig und sind fast gescheitert, aber Zidane beharrte darauf, dass ich dieses Trikot trage“, erklärte der Serbe im Dezember 2019. Was nach dem 60-Millionen-Transfer folgte: 27 von 51 möglichen Partien in 2019/20 (zwei Tore, zwei Vorlagen in 806 Minuten), dann nach einer enttäuschenden Hinrunde 2020/21 mit fünf Einsätzen (null Torbeteiligungen in 208 Minuten) die Leih-Rückrunde in Frankfurt. Aber auch 2021/22 unter Carlo Ancelotti sollte es nicht besser laufen: 19 von 56 möglichen Einsätzen (ein Tor, drei Vorlagen in 549 Minuten). Dazu kommen das eine oder andere nicht ausgelassene Fettnäpfchen mit Verletzungen und aus der Corona-Zeit, sodass sich der Mittelstürmer immer wieder vorwerfen lassen musste, „nicht zu 100 Prozent fokussiert“ gewesen zu sein, wie in dem Fall von Predrag Mijatović kritisiert.

Mit 21 Jahren zu Real wechseln und das als damals siebthöchster Transfer der Vereinsgeschichte ist natürlich nicht einfach. Das Haifischbecken Madrid mit all seinen falschen Freunden und der überkritischen Presse hat schon das eine oder andere Talent aus der Bahn geworfen. Und trotzdem machte sich früh der Eindruck breit, dass der Schritt nach Madrid zu früh kam, viel zu früh. Jović wirkte nie wirklich integriert, enttäuschte auf dem Platz aber nicht nur mit vergebenen Tor-Chancen, sondern auch mit fehlender Körpersprache, im Training sollen eher andere aufgefallen sein.

Wollte er nicht, oder konnte er nicht? Einsätze waren natürlich überschaubar, aber 51 Gelegenheiten in drei Jahren bekommt auch nicht jeder. 195 Minuten pro Torbeteiligung sind dennoch zu schwach für einen 60-Millionen-Transfer. Zidane hatte es versucht, so kam er unter anderem zu Beginn der Saison 2019/20 an den ersten fünf Pflichtspielen zum Einsatz (eins von Beginn), drei Startelfeinsätze innerhalb kurzer Zeit gab es mal im Herbst 2020, aber auch da blieb Jović ohne Glück. Und gefühlt auch ohne Schweiss. Und als Ancelotti den Mittelstürmer nach seinen guten 78 Minuten gegen Inter Mailand umarmte, nur drei Tage nach zwei Joker-Torbeteiligungen beim 2:0-Sieg gegen Real Sociedad, dachte man, der herzliche Italiener würde auch den kühlen Serben hinbekommen. Aber nein, nicht mal Ancelotti konnte den alten Jović aklimatisieren.

Ancelotti & Jovic
Im Dezember 2021 keimte nochmal Hoffnung, aber auch der herzliche Ancelotti konnte Jović nicht nachhaltig aufbauen – Foto: IMAGO / Just Pictures

Ob das in Italien gelingt? Dort hat er immerhin keinen Karim Benzema vor sich, dort könnte sogar sein Wunsch nach einem Sturmpartner erfüllt werden – zwei undenkbare Dinge unter Zidane und Ancelotti. Auch der Italiener ist am Serben gescheitert, aber speziell der Franzose wird sich vorwerfen lassen müssen, dass Jović sein größter Fehler war. Nun stellen Transfers immer ein Spekulieren dar, speziell bei jungen Spielern. Bei Raphaël Varane lag Zidane 2011 goldrichtig, bei Jović lag er nun eben daneben. 60 Millionen Euro daneben, weswegen der Angreifer einer der größten Flops in Real Madrids Historie bleiben wird. An diesem Status wird er wohl nichts mehr ändern können, wohl aber an der Schuldfrage: Hatte Zidane damals recht, ihn unbedingt holen zu wollen, oder hätte es Jović in seinen drei Jahren viel, viel besser machen können?

0.00 avg. rating (0% score) - 0 votes
von
Nils Kern

Du hast Fragen über REAL TOTAL? Da bin ich bin der Richtige: Chefredakteur und erster Ansprechpartner für Medien, Leser, Fans. ¡Hala Madrid!

Kommentare
Ich finde, man kann das Zizou nicht wirklich ankreiden, denn auch er ist nur ein Mensch und kann sich täuschen. Da würde ich sogar den Einsatz eines nicht-fitten Hazard in entscheidenden CL-Partien als größeren Fehler ansehen. Jovic hinterließ nie bei mir den Eindruck, dass er in Madrid integriert gewesen ist, auf dem Platz war er immer unsichtbar. Zidane setzte ihn ein, merkte aber wohl sehr schnell, dass das nie etwas bringt. Hat Jovic etwa gedacht, alle würden für ihn auf dem Feld ackern wie in Frankfurt? Ein Spieler mit Qualität und Spielintelligenz sollte sich anpassen können: Das habe ich bei Jovic nie gesehen. Außerdem wenn er kein One Season Wonder wäre, dann hätte er doch bei seiner Leih-Rückkehr nach Frankfurt ja sofort brillieren müssen? Tat er aber überwiegend nicht. Nun gut, im Nachhinein ist man immer schlauer und sollte sich nicht mehr von einer einzigen guten Saison blenden lassen. Freuen wir uns, dass dieses Missverständnis endlich beendet wurde, auch wenn es ein finanzielles Desaster ist.
 
Aus meiner Sicht tragen hier alle 3 Parteien (Jovic, Zidane und der Verein) eine gewisse Mitschuld.

- Für Jovic war der Schritt sicher zu früh/zu gross und er hat bis auf wenige Ausnahmen selten den Eindruck gemacht, als würde er alles geben und ist ein paar Fettnäpfchen getreten. Er hat definitiv (noch) nicht das Mindset für einen grossen Verein.

Dennoch ist mir "Er war halt zu schlecht/wenig Ehrgeizig" als Schlussfolgerung zu einfach und blendet wichtige Aspekte aus, es gehören immer 2 dazu.

- Zidane kann man durchaus vorhalten, warum er seinen angeblichen Wunschsspieler nicht besser zu integrieren versucht hat. Jovic ist ein Stossstürmer, der in einer Doppelspitze am besten funktionieren wird. Dass er es als Benzema Ersatz in einem 4-3-3 als Solo Spitze schwierig haben würde, vor allem mit 10 min Einsätzen, war schon 2019 abzusehen. Jovic hat in 3 Jahren keine 5 Spiele in einer Doppelspitze oder als Stossstürmer gemacht. Man kann ihm vorhalten, dass er nicht alles gegeben hat. Aber dass er nicht plötzlich zum Benzema wird, kann man ihm finde ich nur schwer vorhalten.

- Aus Vereinssicht bleibt die Frage, warum man einen 60 Mio Transfer absegnet, ohne sich wirklich damit zu befassen, was für einen Spielertypen oder Charakter man da eigentlich holt. Real hat eines der besten Scoutingsysteme weltweit. Wenn einem erst im Training auffällt, was ein Spieler (nicht) kann, macht man etwas falsch, sorry. Es ist auch ein Paradebeispiel für das oft relativ planlose/reaktionäre Vorgehen des Vereins auf dem Transfermarkt, bei allem, was man richtig macht. Die Rolle als Benzema Back Up seit 2017 hätten Mayoral, de Tomas oder Castillaspieler X problemlos ausfüllen können. Warum man 80 Mio für Jovic und Mariano hinblättert, damit sie 10 5 min Einsätze in Benzemas Rolle pro Saison machen, wird das Geheimnis der Vereinsführung bleiben.

Insgesamt kommt hier aus meiner Sicht also einiges zusammen. Jovic hat offensichtlich nicht die Mentalität für Real. Andererseits hat der Verein 2019 wohl wegen dem Druck nach der titellosen Saison und/oder Zidanes Wunsch die nächstbeste gehypte, wortwörtliche Katze im Sack gekauft. Ich habe mich damals über Jovic gefreut und ich wünsche ihm auch alles gute, aber man musste damals kein Hellseher sein um abzusehen, dass das so nichts wird. Mögen alle Seiten etwas aus diesem Missverständnis lernen.
 
Ich frage mich echt was die Leute an jovic zwischen 2018 und 2019 so gut fanden . Verstehe bis heute die hype nicht um ihn. Habe gleich ein schlechtes Gefühl gehabt wo er zu uns kam . Vielleicht hat Zidane gedacht er hätte das Zeug für Real und lag halt falsch. Transfersflops gibt's bei jeden Klub selbst bei größten Vereine der Welt . passiert halt . Ich muss sagen der einzige Transfer der Floppte wo ich heute noch sehr schade und traurig finde ist Kaka . Ein kaka mit einer Milan topform bei uns wäre goldwert gewesen mit Özil und xabi zwischen Sommer 2010 und Sommer 2013 stellt euch mal diese 3 zusammen hätten top geliefert. Wäre ein Traum gewesen und weil ich auch kaka menschlich mag.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke Zidane wollte mit Jovic einen Morata 2.0 ins Haus holen. Einen Stürmer den er sowohl bei Rückstand reinwerfen kann und der dann wie morata damals das ein oder andere spiel entscheidet als auch den Backup für Benz gibt.
Leider ging das gehörig daneben und reiht sich meiner Meinung nach in eine Reihe mit Kaka ein. Den Titel als Königs Flop Transfer hält allerdings ein anderer Kollege ohne jegliche Konkurrenz und ohne wenn und aber…
 
Naja, „Fehler“ find ich schwierig vom Wording. Klar, im Nachhinein kann man leicht sagen, dass man vielleicht ahnen hätte können, dass er der falsche ist. Aber ein gewisses Risiko besteht immer bei Transfers. Wie schon von jemand erwähnt: Zidane wollte wieder einen „neuen Morata“, einen eiskalten Knipser, der von der Bank Schwung bringt. Man hat dann schnell gemerkt, dass Jovic dafür der falsche ist. Kann passieren. Da hat Zizou mMn größere Fehler gemacht, die man ihm eher ankreiden kann. Damals war Jovic einer der besten Stürmer am Markt und hatte eine Wahnsinnssaison. Von da her war der Transfer absolut verständlich.Was Jovic fehlt, kann man auch nicht von außen ändern, es ist sein Mindset, das ihm im Weg ist. Doppel oder Solosturm, das ist mMn nicht das Problem, auch am Talent scheitert es nicht. Es hat halt einfach nicht gepasst und da sich das auch unter Zizous Nachfolger nicht geändert hat, sehe ich die Schildfrage nicht (allein) bei Zidane, da macht man es sich viel zu einfach. Von allen, die sich unter Zidane nicht durchsetzen konnten, hat nur Ödegaard anderswo so richtig überzeugt. Llorrente: nach 1 starken Saison mittelmäßig, Ceballos spielte keine Rolle, konnte sich auch in London nicht durchsetzen, Bale: auch ohne Zidane kein Faktor mehr, Danilo: nirgendwo unangefochten Stammspieler, Morata: hat leider bewiesen, dass er zu unkonstant ist und hatte seine beste Saison unter ZZ als Edeljoker. Bei Vini kann man hingegen streiten, ob Zidane seiner Entwicklung im Weg war aber auch da ist es etwas komplexer, denn ein fitter Hazard hätte unter Carlo wohl auch gespielt. Aber in Summe hatte er öfter Recht als Unrecht bei seiner Einschätzung von Spielern. Was will ich damit sagen? Der Verein hat dem Franzosen zurecht lange sehr viel Vertrauen entgegengebracht
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist so ein Fall von: Im Nachhinein ist man immer schlauer. Jovic hatte bei Frankfurt gezeigt, dass er es hätte in einem großen Spiel schaffen können. Zidane wollte ihn haben, hat ihm aber auch keine Chance gegeben. Klar kann er dann auch nicht ankommen und anknüpfen. Vinicius hat eben teils lausige Vorstellungen gehabt, aber durch die Konstanz bei den Einsätzen die Entwicklung gemacht die er brauchte. Ob Real dafür immer der richtige Verein ist sei dahingestellt, aber es hätte auch anders kommen können. Ein Jovic der wächst und man eben keinen Haaland mehr hätte kaufen müssen, wenn Benzema in den wohlverdienten Winter geht.
 

Verwandte Artikel

Kommentar nach Oviedo: Real muss Vinícius schützen

Während Real Madrids Gastspiels in Oviedo waren bereits vor dem Spiel, insbesondere...

Kommentar: Arda Güler hätte Real Madrids 10 nicht verdient gehabt

Kylian Mbappé ist es, der bei Real Madrid die 10 von Luka...

Wer den Lucas nicht ehrt, ist den Cristiano nicht wert

Mit Lucas Vázquez geht ein ganz besonderer Madridista. Einer, warum die Bindung...

Kommentar nach PSG-Desaster: Real hat ein Vinícius-Problem

Beim Debakel gegen Paris Saint-Germain bei der FIFA Klub-WM konnte sich kein...