
„Es ist eine Chance für alle, um zu sehen, wer recht hat und wer sich täuscht“, kündigte Milan Jović, Vater von Luka Jović, den Wechsel zur Fiorentina bereits an. Und damit hat er schonmal recht: Jetzt kann Luka Jović theoretisch wieder allen zeigen, dass er nicht nur ein One-Hit-Wonder ist. Und dass Real Madrid falsch lag, speziell: Zinédine Zidane.
Denn der Abgang des 24-Jährigen nach drei mehr als enttäuschenden Jahren steht meiner Meinung nach für Zidanes größten Fehler. Er war es, der Jović im Sommer 2019 trotz einiger Warnungen unbedingt haben wollte. Der sich offensichtlich von der herausragenden Saison 2018/19 mit der Eintracht blenden ließ.
„Zidane war derjenige, der mich bei Real Madrid haben wollte. Die Verhandlungen zwischen meinem Klub und Real Madrid waren schwierig und sind fast gescheitert, aber Zidane beharrte darauf, dass ich dieses Trikot trage“, erklärte der Serbe im Dezember 2019. Was nach dem 60-Millionen-Transfer folgte: 27 von 51 möglichen Partien in 2019/20 (zwei Tore, zwei Vorlagen in 806 Minuten), dann nach einer enttäuschenden Hinrunde 2020/21 mit fünf Einsätzen (null Torbeteiligungen in 208 Minuten) die Leih-Rückrunde in Frankfurt. Aber auch 2021/22 unter Carlo Ancelotti sollte es nicht besser laufen: 19 von 56 möglichen Einsätzen (ein Tor, drei Vorlagen in 549 Minuten). Dazu kommen das eine oder andere nicht ausgelassene Fettnäpfchen mit Verletzungen und aus der Corona-Zeit, sodass sich der Mittelstürmer immer wieder vorwerfen lassen musste, „nicht zu 100 Prozent fokussiert“ gewesen zu sein, wie in dem Fall von Predrag Mijatović kritisiert.
Mit 21 Jahren zu Real wechseln und das als damals siebthöchster Transfer der Vereinsgeschichte ist natürlich nicht einfach. Das Haifischbecken Madrid mit all seinen falschen Freunden und der überkritischen Presse hat schon das eine oder andere Talent aus der Bahn geworfen. Und trotzdem machte sich früh der Eindruck breit, dass der Schritt nach Madrid zu früh kam, viel zu früh. Jović wirkte nie wirklich integriert, enttäuschte auf dem Platz aber nicht nur mit vergebenen Tor-Chancen, sondern auch mit fehlender Körpersprache, im Training sollen eher andere aufgefallen sein.
Wollte er nicht, oder konnte er nicht? Einsätze waren natürlich überschaubar, aber 51 Gelegenheiten in drei Jahren bekommt auch nicht jeder. 195 Minuten pro Torbeteiligung sind dennoch zu schwach für einen 60-Millionen-Transfer. Zidane hatte es versucht, so kam er unter anderem zu Beginn der Saison 2019/20 an den ersten fünf Pflichtspielen zum Einsatz (eins von Beginn), drei Startelfeinsätze innerhalb kurzer Zeit gab es mal im Herbst 2020, aber auch da blieb Jović ohne Glück. Und gefühlt auch ohne Schweiss. Und als Ancelotti den Mittelstürmer nach seinen guten 78 Minuten gegen Inter Mailand umarmte, nur drei Tage nach zwei Joker-Torbeteiligungen beim 2:0-Sieg gegen Real Sociedad, dachte man, der herzliche Italiener würde auch den kühlen Serben hinbekommen. Aber nein, nicht mal Ancelotti konnte den alten Jović aklimatisieren.

Ob das in Italien gelingt? Dort hat er immerhin keinen Karim Benzema vor sich, dort könnte sogar sein Wunsch nach einem Sturmpartner erfüllt werden – zwei undenkbare Dinge unter Zidane und Ancelotti. Auch der Italiener ist am Serben gescheitert, aber speziell der Franzose wird sich vorwerfen lassen müssen, dass Jović sein größter Fehler war. Nun stellen Transfers immer ein Spekulieren dar, speziell bei jungen Spielern. Bei Raphaël Varane lag Zidane 2011 goldrichtig, bei Jović lag er nun eben daneben. 60 Millionen Euro daneben, weswegen der Angreifer einer der größten Flops in Real Madrids Historie bleiben wird. An diesem Status wird er wohl nichts mehr ändern können, wohl aber an der Schuldfrage: Hatte Zidane damals recht, ihn unbedingt holen zu wollen, oder hätte es Jović in seinen drei Jahren viel, viel besser machen können?
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