
Real Madrid: Ancelotti führte 2013 das 4-3-3 ein
MADRID. Fünf Champions-League-Titel binnen acht Jahren: Real Madrid kann ungemein stolz auf eine extraordinäre Dekade zurückblicken. Dass die Königlichen ihren geliebten Henkelpokal allein in dieser Zeit so oft gewannen wie der FC Barcelona in dessen gesamter Historie, ist in gewisser Weise auch José Mourinho zu verdanken.
Der portugiesische Star-Coach leistete von 2010 bis 2013 einen nicht zu unterschätzenden Beitrag, führte den Klub nach einer zuvor langen Durststrecke dreimal in Folge wieder in das Halbfinale der Königsklasse, legte den Grundstein für die internationalen Erfolge.
Nach dem Abgang des „Special One“, der auch ein wenig verbrannte Erde hinterlassen hatte, sollte Carlo Ancelotti im Sommer von vor neun Jahren nicht alles auf Links drehen, sondern gezielte Veränderungen vornehmen. Eine seiner Entscheidungen: die Abkehr vom 4-2-3-1 hin zum 4-3-3. Gareth Bale verdrängte Ángel Di María vom rechten Flügel, der Argentinier sollte aber Bestandteil der ersten Elf bleiben, sodass „Carletto“ ihn erfolgreich umfunktionierte und im halblinken Mittelfeld aufstellte.
Andere Systeme bei Real Madrid nur phasenweise
Und diese taktische Formation ist geblieben. Bis heute. Zwar haben Rafael Benítez während seiner kurzen Amtszeit (4-2-3-1) und Zinédine Zidane, in seinem Fall phasenweise alternativ (3-4-3, 3-5-2), zwischenzeitlich auch auf andere Systeme zurückgegriffen, jedoch steht das 4-3-3 unter dem Strich seit nun fast schon zehn Jahren über allen anderen.
Ancelottis Erklärung dazu, nachdem er im Sommer 2021 seine zweite Amtszeit antrat: Er berücksichtige bei der Vermittlung seiner Philosophie allen voran die Eigenschaften seines Spielermaterials, wie er vor der Presse ein ums andere Mal verdeutlichte.

Viel hängt von Modrić, Casemiro und Kroos ab
Eine bedeutende Rolle spielt hierbei das Trio im Mittelfeld bestehend aus Luka Modrić, Casemiro und Toni Kroos. Es ist so gut eingespielt und derart erfolgreich, dass eine dauerhafte Taktik-Änderung seit bereits einigen Jahren schlicht nicht sonderlich realistisch ist. Ein richtiges 4-4-2 mit Flügelspielern kann es nur sein, wenn einer von ihnen fehlt.
Ein 4-2-3-1 mit gleichbleibendem Personal und Modrić im zentral-offensiven Mittelfeld wurde unter Ancelotti bislang nur situativ eingesetzt. Ein 4-3-1-2 hat es zur Bestzeit von Isco in Wirklichkeit auch nicht gegeben, weil Cristiano Ronaldo respektive Vinícius Júnior die meiste Zeit einer Partie auf dem linken Flügel verbrachten beziehungsweise verbringen und der Spanier seine vermeintlich zentrale Rolle etwas rechtslastiger interpretierte.
Nach Rüdiger-Verpflichtung auch mal mit Dreierkette?
Die wohl einzige Möglichkeit, sowohl auf die gesetzten Modrić, Casemiro und Kroos als auch auf eine andere Formation als das 4-3-3 zu setzen: das 3-5-2. Mit der Verpflichtung von Antonio Rüdiger als Nebenmann von Éder Militão und David Alaba in einer Dreierkette würde sich dieses System theoretisch auch durchaus anbieten, wobei Ferland Mendy als linker Abwehrspieler offensiv bislang zu wenig beiträgt und hierfür womöglich nicht die optimale Lösung wäre. Zudem würde ein dritter Angreifer bei dieser Taktik wegfallen.
Ancelotti, der zwischen seinen Real-Amtszeiten bei Serie-A-Klub SSC Neapel (4-4-2), dem FC Bayern München (4-3-3, 4-2-3-1) und dem FC Everton (4-4-2, 4-3-3, 4-2-3-1, 3-5-2, 3-4-2-1) verschiedene Formationen angewandt hatte, ließ kürzlich jedoch durchklingen, dass das mit der Fortführung des 4-3-3 anscheinend gar nicht so klar ist, wie man vielleicht denkt.
Ancelotti „nicht sicher, welches System das beste sein wird“
„Wir haben einen Kader, der uns die Möglichkeit gibt, in verschiedenen Systemen zu spielen. Ich bin mir nicht sicher, welches das beste für uns sein wird. In manchen Spielen können wir unterschiedliche Systeme oder Strategien nutzen“, sagte der 63-jährige Italiener vergangene Woche bei einer internationalen Pressekonferenz.
Wird Ancelotti tatsächlich variabler? Im Laufe einer Begegnung könnte Real taktisch sicherlich etwas unberechenbarer werden. Modrić, Casemiro und Kroos mussten beispielsweise schon während der Aufholjagden in der Champions League gegen Paris Saint-Germain, den FC Chelsea und Manchester City früher oder später weichen, woraufhin jüngere Akteure wie Eduardo Camavinga dem Geschehen nochmals eine ganz andere Dynamik verliehen. Eden Hazard soll, weil Vinícius links gesetzt ist und er rechts nicht optimal aufgehoben ist, derweil eine neue Rolle erhalten, häufiger im Zentrum agieren.
Kommt es durch die zweite Reihe dann vermehrt jetzt auch zu System-Wechseln? Das bleibt abzuwarten. Zumindest mit Blick auf die feste Startelf erscheint eine Revolution in der Realität dann doch eher unwahrscheinlich. Aber wozu auch, wenn sich das Personal kaum verändert hat und man im 4-3-3 binnen acht Jahren fünfmal den Henkelpott holte?
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