
Nicht aller guten Dinge sind Drei
Ziemlich genau drei Jahre ist es nun her, als sich ein Traum für Reinier Jesus Carvalho erfüllte: Nur einen Tag nach seinem 18. Geburtstag, genau genommen am 20. Januar 2020, trat der Vertrag zwischen einem der verheißungsvollsten Talente Lateinamerikas und dem größten Fußballklub der Welt in Kraft. Es sollte nach Vinícius Júnior und Rodrygo Goes der dritte Brasilien-Teenie werden, der binnen weniger Jahre erst die Concha Espina und dann die Fußballwelt zum Beben bringt. Mit 30 Millionen Euro Ablösesumme, die dafür über den atlantischen Ozean in die Kassen von Flamengo Rio de Janeiro flossen, wurden die Erwartungen auch mit einer horrenden Summe unterstrichen. Doch während die anderen beiden Brasilianer feste Größen im Team von Carlo Ancelotti darstellen, scheint Reinier kurz davor zu sein, seine dritte Saison in Europa auf der Ersatzbank zu verbringen. Was blieb von den Vorschuss-Lorbeeren?

Auf einem ersten, ernüchternden Blick reduziert: nichts, oder zumindest fast nichts. Der einstige Marktwert von 25 Millionen Euro ist auf schlappe vier Millionen Euro abgeschmolzen. Schuld daran sind das zwei Jahre andauernde Missverständnis mit der Borussia aus Dortmund und nun eine bis dato ebenfalls problematische Zeit bei FC Girona. „Zwei Jahre sind vergangen, die für mich verloren waren und nicht wiederkommen werden”, schilderte der Spieler selbst seine Situation bei Schwarz-Gelb. Nun droht das Missverständnis 2.0 – und sicher gibt es diverse Gründe für den Misserfolg. Anpassungsschwierigkeiten, andere Kultur, Verletzungspech, der falsche Trainer – doch eine Frage muss erlaubt sein: Wenn immer Glück, auch Können ist – wird dann immer Pech auch irgendwann zum Unvermögen? „Alles war großartig, aber ich hatte das Pech, nicht gespielt zu haben. So ist das Leben“, hieß es zum Beispiel vom Spieler persönlich im Nachhinein mit Blick auf die Zeit in Deutschland, die nach dem Leihende im Sommer abgehakt sein sollte. Allerdings findet sich der Mann aus der brasilianischen Hauptstadt bei Girona in einem unliebsamen Déjà-Vu wieder. Schon wieder nur Pech?
Marktwerteinbruch um 84 Prozent
Die Statistiken sprechen jedenfalls gegen eine Besserung für den in Brasília geborenen Offensivmann. Auf sieben Einsätze kommt der nun 21-Jährige bei seiner Leihstation in Katalonien, wovon auch nur eine Vorstellung über die volle Distanz verlief. Mit 22 Prozent der möglichen Spielminuten, 19 Prozent Startelfquote und lediglich vier mageren Prozent Torbeteiligungen – einen Treffer erzielte der Brasilianer bisher für Girona – lesen sich auch die Zahlen mehr als grausig. Kaum Besserung zu seiner Dortmund-Episode lautet das Zwischenzeugnis mit geringer Aussicht auf schnelle Besserung: Seinen letzten Einsatz absolvierte Reinier nämlich am 30. Oktober des Vorjahres, als er 14 Minuten lang gegen seinen eigentlichen Arbeitgeber Real Madrid spielen durfte. Seitdem stand er bei sieben Pflichtspielen in Folge nicht mehr im Kader und offenbar laboriert Reinier zudem an einer Sehnenverletzung im Oberschenkel, welche ihn bis Februar außer Gefecht setzen könnte. Dazu kommt: Wenn er spielt, wird er meist eher als Außenspieler eingesetzt statt im Zentrum als Hängende Spitze. Auch darum fällt die „Reinier-Aktie“ auch im Nordosten Spaniens immer weiter in den Keller.

21 Kerzen für eine bessere Zukunft
So wird sich auch Reinier weder seinen 21. Jahrestag, noch die letzten drei Jahre seit dem Start in den „europäischen Traum” vorgestellt haben. Zwar ist der Offensivmann noch zu jung, um dessen gesamte Karriere in Frage zu stellen, allerdings sollte schleunigst der Turnaround in puncto Spielpraxis, Formkurve und Torgefahr erfolgen, sonst wird es zumindest bei den Blancos kein Wiedersehen mehr geben. Ein zweites Leih-Missverständnis wäre Gift für die ohnehin gescholtene Fußball-Seele des Südamerikaners, weshalb die Rückrunde bei den Katalanen schon der Scheideweg sein dürfte. Aufgrund der Verletzung wird er heute zumindest die Zeit finden, seine Geburtstagstorte zu genießen. Den Wunsch von Reinier, welcher beim Löschen der 21 Kerzen vermeintlich durch den Kopf des Spielers gehen wird, sollte dabei klar sein. Wir wünschen derweil alles Gute und drücken die Daumen für eine rasche Wende zum Positiven für den ambitionierten Brasilianer. Sportlich kann das neue Lebensjahr nur noch besser werden.
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