Analyse

Ein Punktverlust, der Mut macht

Das 0:0 gegen Sociedad tut mit Blick auf die Tabelle weh, fungiert aber gleichzeitig als Mutmacher. Denn spielerisch war der Auftritt gegen die Basken mit das Beste, was die Königlichen in dieser Saison gezeigt haben. Es scheint, als fände man pünktlich zur heißen Phase der Saison wieder in die Spur.

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Nur das Tor fehlte: Vinícius und Co. überzeugten gegen Sociedad – Foto: OSCAR DEL POZO/AFP via Getty Images

Real zeigt eines „der besten Spiele der Saison“

Fußball ist ein Ergebnissport. Und leider führt dies oftmals dazu, dass die Einordnung der Leistung dabei auf der Strecke bleibt. Glückliche Siege können Unzulänglichkeiten kaschieren, im Zuge von unglücklichen Niederlagen bleibt oft letztlich nur das Endergebnis hängen und mögliche positive Entwicklungen finden zu wenig Beachtung. Real Madrid erlitt beim 0:0 gegen Real Sociedad zwar keine Niederlage, aufgrund der zwei verlorenen Punkte und des somit auf fünf Zähler angewachsenen Rückstandes auf Klassenprimus Barcelona fühlte es sich aber wie eine an. Dass die Königlichen dabei die beste Vorstellung seit der WM-Pause und vielleicht sogar der gesamten bisherigen Spielzeit zeigten, macht das torlose Remis gegen die Basken umso bitterer.

Für Carlo Ancelotti war dies jedoch beileibe kein Grund, die Leistung seiner Schützlinge klein zu reden. Im Gegenteil, der Italiener war im Anschluss an die Partie voll des Lobes für sein Team und bezeichnete die Partie als eines „der besten Spiele der Saison“: „Wir haben viel Intensität gezeigt, waren mit und ohne Ball sehr engagiert. Das Team hat sehr gut zusammengearbeitet, wir haben sehr hoch gepresst, mehr als sonst und das war gut. Es war sehr schade, dass kein Tor daraus entstanden ist, aber das kann passieren.“

Eine Einordnung, die man ohne große Widerrede so stehen lassen kann. In der Offensive agierten die Königlichen unheimlich flexibel und stellten Sociedad mit ihrem Tempo, ihrer technischen Finesse und insbesondere der Spielfreude von Vinícius Júnior, Rodrygo, Benzema und Dani Ceballos vor enorme Probleme. Und auch defensiv wirkte man viel gefestigter als zuletzt und ließ nur wenige Chancen zu – auch, weil man sich dazu entschied, gegen einen ballsicheren und kombinationsstarken Gegner diesmal nicht auf einen tiefen Block zu setzen, sondern hoch anzulaufen. Am Ende fehlte lediglich das letzte Quäntchen Glück bzw. der letzte Funken Entschlossenheit im Abschluss.

Ein Auftritt als Mutmacher für die kommenden Wochen

Dennoch kann man im Lager der Blancos durchaus zufrieden sein mit dem Auftritt gegen den aktuellen Tabellendritten. Nachdem man äußerst schleppend aus der WM-Pause gekommen war und es zwischenzeitlich ein wenig kriselte an der Concha Espina, scheinen sich Benzema und Co. pünktlich zum Auftakt in die heißen Wochen aus ihrem Formtief herausgekämpft zu haben. Die Partie gegen die Basken darf durchaus als Mutmacher für die anstehenden Aufgaben in Champions League und Co. gesehen werden.

Ancelotti zeigte sich jedenfalls angetan von der Entwicklung seiner Mannschaft in den letzten Partien: Der Januar war ein sehr schwerer Monat für uns, aber das Team ist in diesen Spielen sehr gewachsen, in der Offensive, in der Defensive und auch körperlich. Wir werden in den nächsten Monaten weiterkämpfen, denn das Team hat sich sehr verbessert und in den nächsten Wochen kommen die verletzten Spieler zurück. Wir haben sehr viel Selbstvertrauen für die nächsten Monate.“ 

Besonders erfreulich dabei: Mit Ceballos, Eduardo Camavinga oder Rodrygo spielten sich dabei auch Akteure in die Vordergrund, die in der Hinserie nicht zwangsläufig eine Hauptrolle innehatten, nun aber eindrucksvoll bewiesen, dass man jederzeit auf sie setzen kann. Zudem erlaubt die Dynamik genannter Spieler einen weitaus aggressiveren und offensiveren Ansatz im Spiel gegen den Ball, was sowohl in der zweiten Hälfte gegen Atlético als auch nun gegen Sociedad dazu führte, dass die Königlichen die komplette Spielkontrolle an sich reißen konnten. Ein Wegweiser für das, was noch kommt in den nächsten Wochen?

Die Konstanz spricht für Barcelona

Sowohl die Energie als auch die Moral der letzten Auftritte machen insbesondere für die K.O.-Wettbewerbe Hoffnung. Es scheint, als würden die Blancos (mal wieder) pünktlich zur Primetime in der Champions League so langsam zu ihrer Höchstform finden und auch in der Copa soll es mal wieder zum großen Wurf reichen. Mit Blick auf die Liga ist es allerdings möglich, dass man bereits zu viele Punkte verschenkt hat. Barcelona punktet unheimlich konstant und verfügt aktuell über die für eine Meisterschaft so wichtige Fähigkeit, enge Spiele irgendwie auf seine Seite zu ziehen und vor allem gegen vermeintlich kleine Teams kaum Punkte zu lassen.

Auch wenn Toni Kroos zuletzt meinte, dass der Januar ohnehin nie zu den Glanzmonaten gehört habe, sei man dennoch „da, wo wir sein müssen: In Reichweite zu Platz eins in der Liga, nächste Runde im Pokal. Wir spielen überall mit und um nichts anderes geht es bis in den März hinein, dass man überall sich die Möglichkeit offen hält, am Ende dabei zu sein, wenn es um die Titel geht.“ Ob dies am Ende jedoch genügt, um die Katalanen in der Liga noch abzufangen, wird sich zeigen.

Fest steht aber auch: Mit Leistungen wie gegen Sociedad dürften nicht mehr allzu viele Punktverluste folgen. Gelingt es, derartige Auftritte zu konservieren, darf man durchaus optimistisch Richtung finale Saisonphase blicken. Es scheint, als hätten die Königlichen zum richtigen Zeitpunkt wieder in die Spur gefunden. Mal wieder. Andererseits: Die Spielzeit ist noch lang – das wurden auch die Spieler nach der Partie nicht müde, zu betonen – und es steht noch eine ganze Halbserie aus. Die letzten zwei Wochen und dieser 19. Spieltag im Besonderen waren definitiv ein Mutmacher, dass man auch dieses Jahr am Ende wieder etwas zu feiern haben wird.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Man hat gestern unter zwei Bedingungen spielerisch überzeugt: 1. der Gegner hat sich mit zunehmender Spieldauer mehr hinten reingestellt (siehe Umstellung auf 4-5-1), folglich wurde Real in der Defensive weniger und weniger gefordert. 2. man wusste zu jeder Sekunde, dass man tabellarisch unter Zugzwang war.
Spielerisch überzeugend ist Real für mich vor allem dann, wenn man vom Anpfiff an gegen unangenehme und große Gegner die Oberhand hat und mal wieder komfortabel mit drei oder mehr Toren gewinnt, ohne Bauchschmerzen Spieler ein- und auswechseln kann und Spielzüge auch dann sitzen, wenn der Gegner aggressiv mitmacht.
 
Das Toreschießen bleibt das größte Problem. Benzema hat heuer 1 Vorlage bis jetzt geleistet. Das zeigt seinen "neuen" Spielstil ganz gut auf. Vini war nie stark im Abschluss und Modric+Kroos sowieso nicht. Jetzt kommt noch dazu das unsere AV einfach nicht flanken können.
 
Spiele dieser Färbung hatten wir auch im letzten Jahr, nur war Barcelona wesentlich schwächer unterwegs und deshalb fielen diese unnötigen Punktverluste nicht ins Gewicht. Letztendlich war es teilweise schön anzusehen, aber unseren Brasilianern fehlt einfach der Killerinstinkt, kein Vorwurf, entweder hat man ihn oder eben nicht. Normalerweise legt man bei derartigen Spielverläufen zwei frische Offensive nach und kreiert so den Helden des Abends, unser Kader ermöglicht dies leider nicht.

Bei diesem Spielplan und unserer Kaderbesetzung, wird dieser enorme Aufwand nicht oft zu betreiben sein, wenn man eine seiner ersten Chancen nutzt, muss man dies auch nicht bzw. geht der Rest der Partie leichter vom Fuß...
 
Ich frage mich Woche für Woche, warum man nicht junge Spieler aus der Castilla in den Kader nimmt und die ohnehin nicht beachteten Spieler einfach aus dem Kader streicht.
Ich glaube Ancelotti würde eher noch Vallejo einwechseln und Rüdiger/Militao vorne rein stellen, als Hazard/Mariano zu bringen (was ja mittlerweile verständlich ist). Aber warum dann nicht einfach mal einen Arribas dazu nehmen, der zumindest Selbstvertrauen hat und vielleicht mal etwas Unbekümmertheit mitbringen würde nach Einwechselung.

Klar will man die Castilla vermutlich nicht zu sehr schwächen, aber die "Erste" geht vor... :)
 
Das sieht alles zum Teil schön aus, das zentrale Problem bleibt in dieser Saison die fehlende Effizienz. Barca hat da einen Lewandowski, bei uns ist Benz nicht auf dem Niveau der Vorsaison, vor allem was die Abschlüsse aus dem Spiel heraus betrifft. Und Vini wird wohl nie ein Vollstrecker werden. Zudem bleibt ein Problem, dass wir nach wie vor keinen Stürmer als Backup auf der Bank haben, der in den Schlussminuten einen Torriecher hat und spiele drehen kann.
Und: aus dem Mittelfeld kommt insgesamt viel zu wenig Torgefahr, sodass wir uns leider diesbezüglich hinter Barca einreihen müssen…
 
Ein flottes Spiel gestern, mit den leider immer gleich bleibenden Baustellen.
Benz ist so nur noch ein Schatten seiner einstigen prime klasse.
Flügelvini spielt gefühlt 1000 spiele durch, leider keine Backups, Eden spielt gar keine Sekunde mehr obwohl carlo meinte vor 3 wochen er werde mehr spielen?
Modric, sorry das reicht nicht mehr, Toni naja ...
Wer einen solchen miesen Transfersommer hinlegt verdient im Endeffekt auch keine Titel.
Schlechteste Realbank ever....
Transfertechnisch kanns eigentlich nur besser werden....
 
Solche Spiele gibt es nun mal. Immerhin war die Leistung mal wieder richtig gut, bis auf die Chancenverwertung. 5 Punkte auf Barća ist viel, aber nicht unmöglich wieder einzuholen.
 

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