
„Habe hier jede Minute genossen“
MADRID. Es sind sich bestimmt viele noch gar nicht richtig klar darüber geworden, dass es das am Samstag, den 1. Juni 2024 um 22.46 Uhr gewesen ist. Im Finale der UEFA Champions League gegen Borussia Dortmund wurde Toni Kroos ausgewechselt – und zwar für immer. Bei dem 2:0-Triumph bestritt der 34 Jahre alte Mittelfeldregisseur als aktiver Profi seinen letzten Einsatz jemals für die Königlichen, nachdem er am 21. Mai angekündigt hatte, im Sommer nach der Europameisterschaft mit der Karriere aufzuhören.
Dank des Titelerfolgs in der Königsklasse ergab sich für Kroos am Sonntag anlässlich der Feier noch einmal die Gelegenheit, das Bernabéu und den dortigen Platz im Real-Gewand zu betreten. Und bereits nach Mitternacht, um kurz nach 0.30 Uhr, begann für ihn dann sein letztes Interview im Umfeld des weißen Balletts. Bekommen hat es Realmadrid TV, der vereinseigene Sender – mitten auf dem Rasen.
Die Nummer 8: „Ich werde euch alle vermissen. Es gibt viele Dinge, die ich vermissen werde, aber ich habe die Entscheidung getroffen und bin damit noch glücklich. Meine Mitspieler werde ich vermissen, weil sie in erster Linie gute Menschen sind. Und klar, hier in diesem Stadion zu spielen. In diesen zehn Jahren habe ich hier jede Minute genossen. Das wird bis zum Ende mein Zuhause bleiben. Ich habe jeden Moment genossen, seitdem ich 2014 gekommen bin. Ich hatte immer die Unterstützung der Fans.“
Auswechsel-Jubel wie gegen Juve: Toni Kroos geht ikonisch
Besonders ist der Abschied des Taktgebers in vielerlei Hinsicht. Zum Beispiel: Kroos fuhr in seinem ersten Real-Pflichtspiel seinen ersten Real-Titel ein (2:0 gegen FC Sevilla beim UEFA Super Cup im August 2014) und gewann seinen letzten Real-Titel in seinem letzten Real-Pflichtspiel. Abgetreten ist der Routinier gegen den BVB dann auch noch, indem er seinen ikonischen Auswechsel-Jubel vom Endspiel aus 2017 gegen Juventus (4:1) wiederholte, seine Fäuste also ballte, euphorisch in die Höhe streckte.
Dazu dürfte es auch eine Rolle gespielt haben, dass er dem triumphalen Kapitel beim prestigeträchtigsten Verein der Welt nach exakt zehn Jahren ein Ende setzt. Ein Zeitabschnitt, in dem er nicht nur sportlich enorm reifte.
Als Neuzugang im Sommer 2014 „wirkte ich wie ein Junge. In den vergangenen Tagen habe ich natürlich viele Fotos von vor zehn Jahren gesehen, da wirke ich wie ein anderer Mensch. Es ist ein Zuhause, das betrifft aber nicht nur den Fußball, denn ich habe mich hier auch als Mensch sehr entwickelt. Es war ein sehr großer Schritt, zum ersten Mal mein Land zu verlassen, das auch noch mit einer Familie“.
Toni Kroos: „Eine Woche mit sehr vielen Emotionen“
Diese reagierte beim letzten Heimspiel angesichts des Schlusspunkts besonders ergriffen. „Es war eine Woche mit sehr vielen Emotionen, das steht außer Frage. Davon muss man sich jetzt auch erst einmal erholen, man muss ein wenig aufhören, daran zu denken. Nach der letzten Woche wollte ich den Schalter für die Champions League sehr schnell umlegen, denn am Ende war es ein Spiel, das wir gewinnen wollten. Daher musste ich im Kopf sehr schnell vom Abschied zum Finale umschalten, um in Top-Form zu sein. Heute, nach dem Saisonende und dem Ende meiner Zeit in Madrid, ist es an der Zeit, etwas durchzuatmen. Am Dienstag stoße ich dann zu meiner Nationalmannschaft“, so Kroos, der extra wegen der Europameisterschaft in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) im März sein DFB-Comeback gab.
„Wenige glaubten daran, dass wir so weit kommen“
Ob ihm dann nach dem Henkelpott, der Meisterschaft und der Supercopa de España dann sogar noch der Coup bei dem Heim-Turnier gelingt? Als Favorit geht Deutschland nicht unbedingt in die EM. Doch wer hatte in der Königsklasse zu Beginn der Gruppenphase damit gerechnet, dass Real erstmals nach 2022 gleich wieder den Thron besteigt?
„Auch vor dieser Champions-League-Saison glaubten wenige daran, dass wir so weit kommen. Und bei der Auslosung haben wir wie immer die schwierigsten Gegner bekommen – City, Bayern, all das. Am Ende stehen wir hier ein weiteres Mal, feiern das. Es war ein spektakulärer Tag“, resümierte Kroos, der sich nicht darauf festlegen will, dass seine letzte Real-Saison die beste war: „Ich weiß es nicht. Wir alle haben das Glück, viele gute Spielzeiten erlebt zu haben. In den letzten zehn Jahren wurden hier sechs Champions-League-Titel geholt. Da ist es schwierig, zu sagen, dass der eine besser ist als der andere. Wir sind diesmal ungeschlagen geblieben, haben aber in vielen Spielen auch gelitten. Gegen City das Rückspiel, gegen Bayern hier im Rückspiel auch. Es war eine spektakuläre Saison, aber ich hatte das Glück, auch weitere spektakuläre Spielzeiten erlebt zu haben.“ Die wird er künftig wohl definitiv auch als Fan von Real erleben wollen. Von seinem Real.
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