
1. Die Einstellung
Erstmals in seiner Trainerkarriere scheidet Zinédine Zidane aus der Champions League aus. So sehr der Franzose seine Mannschaft nach dem Re-Start auf den Meistertitel in LaLiga heiß machen konnte, so gelang es ihm nicht, seinem Starensemble das Quäntchen Extramotivation für die Königsklasse zu übermitteln. Ob die Meisterschaft bereits zu satt gemacht hat? Gut möglich. Dass die Blancos die 1:2-Pleite aus dem Hinspiel wettmachen wollten, war klar. Doch dafür hätte es im Rückspiel gegen Manchester City einen dominanteren und weniger fehlerbehafteteren Auftritt gebraucht. Den Madrilenen war gegen die “Skyblues” die Unsicherheit anzumerken. In Person von Raphaël Varane gleich zweimal: durch seinen Wackler zu Beginn gingen Pep Guardiolas Männer gleich in der neunten Spielminute durch Raheem Sterling in Führung – ein früher und kalter Rückschlag für die geplante Aufholjagd. Trotz späterem Ausgleich durch Karim Benzema verschwand der kollektive Glaube ans Weiterkommen mit ablaufender Zeit immer mehr. Und so sorgte Varane mit einem zweiten Patzer in Hälfte zwei für die endgültige Entscheidung. Ein kollektives Aufbäumen danach? Nicht wirklich. Unter dem Strich im Kollektiv zu viele Fehler, die auf dieser Bühne nicht passieren dürfen – vor allem nicht gegen ein noch motivierteres City!
2 – Raphael Varane is the first Real Madrid player to commit two errors leading to goal in a single #UCL game since at least 2007/2008 season. Lethal@ChampionsLeague pic.twitter.com/eDcxCU30Fv
— OptaJose (@OptaJose) August 7, 2020
2. Ramos’ Sperre
Nach der Corona-Pause avancierte Sergio Ramos bei den Madrilenen wohl zum besten Mann. Sich zuletzt in herausragender Verfassung präsentiert, schmerzte die Rot-Sperre des Kapitäns den Königlichen immens. Als Antreiber und Anpeitscher war es dem 34 Jahre alten Spanier nur von der Tribüne aus möglich, seine Teamkollegen zu motivieren. Doch bedeutete die Sperre des Innenverteidigers noch viel mehr: Waren die Merengues im Februar noch durch Isco in Führung gegangen, gab man durch den Elfmeter-Treffer von Kevin de Bruyne und das voran gegangene Kopfballtor von Gabriel Jesus das Spiel zu leicht aus der Hand – wenn auch bereits damals das Ergebnis verdient war. Allerdings wurden die Aussichten auf das Rückspiel durch das Halten Ramos’ an Jesus in der 86. Spielminute und die folgende Rote Karte noch mehr getrübt. Wie bereits im Jahr zuvor gegen Ajax fehlte Reals Nummer 4 somit im Rückspiel, wieder mal setzte es das Aus. Gut möglich, dass mit der Präsenz des Abwehrchefs, Mentalitätsmonsters und Offensiv-Alleskönners auf dem Platz doch noch mehr drinnen gewesen wäre…
3. Harmlose Offensive
Das Prunkstück in der Saison 2019/20 war bei Real Madrid nicht unbedingt die Offensive. Vielmehr stand die Abwehr wie ein Bollwerk. Und damit gewinnt man bekanntlich auch Meisterschaften. Doch in der Königsklasse, da scheint es dann doch auf andere Dinge anzukommen. Und nach der 1:2-Hinspielpleite war klar: Die Königlichen brauchten mindestens zwei Tore. Gelungen ist ihnen dies nicht, weil man ganz einfach vor dem gegnerischen Kasten zu harmlos agierte. Kein Risiko, keine Ideen. Überraschungsmomente gab es keine besonderen: Eden Hazard konnte seinen Erwartungen wieder einmal nicht gerecht werden, und auch Rodrygo Goes blieb bis auf seinen Assist blass. Die Einwechslungen änderten ebenfalls nichts. Aus Hin- und Rückspiel bringen es die Blancos auf gerade einmal sieben Torschüsse, während City 15 Mal auf Courtois’ Tor schoss. Blöd auch, dass bei den Spaniern hinzu zum zahmen Angriffsauftreten auch die seltsamen Unsicherheiten in der Defensive kamen. Da darf man sich nach 180 Minuten dann auch nicht beschweren!
4. Manchester City zu abgebrüht
Dass ManCity kein leichtes Los werden würde, war allen in Madrid bewusst. Doch dass es am Ende dann doch so verdient und deutlich war, hatte damit zu tun, dass die “Citizens” Guardiolas Matchpläne deutlich besser umsetzten als die Merengues es taten. Sich in der Defensive solide präsentiert und nur zwei Gegentreffer zugelassen, war es vor allem Citys Offensive, die den Unterschied ausgemacht hat. Denn anders als die Königlichen zeigten die Engländer schon über die ganze Spielzeit hinweg ihre Gefahr vor dem gegnerischen Tor. Dass man bei der geballten Offensivkraft der Engländer, die bereits in der Premier League 102 Tore schnürten, somit den Kürzeren zieht, liegt auf der Hand. Der unbedingte Wille, den Henkelpott in Lissabon in die Höhe halten zu wollen, war den “Skyblues” in Hin- und Rückspiel deutlich besser anzumerken. Auch, weil City viel reifer wirkte und aus den Szenen mehr rausholte, zum Beispiel aus dem Hinspiel: Jesus’ entscheidender Schubser gegen Ramos beim Gegentor, Sterlings frühes Fallen bei Carvajals Elfmeter und Jesus’ klares Fallen bei Ramos’ Roter Karte. Wer war hier die erfahrenere Mannschaft?
5. Guardiola coacht Zidane aus
Das Duell zwischen Real Madrid und Manchester City war zudem geprägt von zwei Protagonisten: Zidane und Guardiola. Dass beide Erfolgstrainer mit ihren taktischen Ausrichtungen für Überraschungen sorgen würden, zeigte sich bereits im Hinspiel: Während bei Real Kroos auf der Bank saß, tat dies Sergio Agüero bei City. Und so sorgte bei den Madrilenen im Rückspiel auch die Startelf-Berufung von Rodrygo für Verwunderung, genauso wie beim Gegner jene von Phil Foden, der vor Bernardo Silva den Vorzug erhielt. Doch Guardiola bewies mit seinen Entscheidungen ein besseres Händchen: Während er im Februar im Bernabéu erst abwartend spielen, Real letztlich doch noch durch Sterlings Einwechslung überrollen ließ, sorgte er mit seiner Ausrichtung im Rückspiel dafür, dass die Königlichen besonders defensiv des Öfteren in die Bredouille kamen. Zidane hatte dabei nicht viel entgegen zu setzen. Der Katalane hat den Franzosen in ihren ersten beiden Aufeinandertreffen klar ausgecoacht.
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