Kommentar

Bye, bye Bale

Gareth Bale geht als Legende, er muss es nur noch einsehen. REAL TOTAL-Chef Nils Kern gibt dem 30-jährigen Waliser dankbare, aber bestimmte Worte mit auf den Weg nach China.

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Hey Gareth! Ich weiß, wir haben uns in den drei Jahren, in denen ich jetzt in Madrid lebe, zwar oft gesehen, aber wirklich geredet miteinander haben wir nie. Deine emotionslosen „Daumen hoch“-Gesten auf meine „Hey Gary, good game“-Zurufe, in der Hoffnung du würdest doch anhalten in der Mixed Zone, mussten mir als Antwort reichen. Haben sie auch. Du bist nunmal anders. Ein ruhiger, in sich gekehrter Typ, der vielleicht nicht der größte Fan dieser Sportart und des Drumherums ist, aber das Spiel verdammt gut beherrscht.

Reals vergangene Ära hatte viele Gründe: Cristiano Ronaldo, José Mourinho, Sergio Ramos… aber du warst der Auslöser, du hast alles zum Explodieren gebracht. Und dafür möchte ich dir danken! 2013 für 101 Millionen Euro als (damals) teuerster Spieler aller Zeiten verpflichtet, konntest du schon in deiner ersten Saison durch zwei (legendäre) Final-Tore etwas von der gigantischen Erwartungshaltung zurück zahlen. Doch die Copa del Rey und Champions League 2014 sollten nicht alleine bleiben – insgesamt 14 Trophäen wurden in den sechs Jahren mit dir errungen. Du warst das fehlende Puzzlestück, du hast Real Madrid vollendet und mit Carlo Ancelotti und Zinédine Zidane vier Königsklassen-Titel in fünf Jahren gewonnen. Wahnsinn!

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Unter seinen 14 Trophäen aus Madrid nimmt Bale vier CL-Titel mit – Foto: Shaun Botterill/Getty Images

Und dafür ist es dir absolut zu verzeihen, dass du lieber Golf schaust und spielst, dass du nie die Nähe zu Fans oder gar besonderen Beziehungen zu Mitspielern (außer Tottenham-Kollege Luka Modrić) gesucht hast, dass du lieber ins verregnete Wales fliegst, als in Spanien braun zu werden. Fußball ist ein Beruf, und den hast du meist gut ausgeführt. Du bist anders, aber anders wie CR7 anders ist, und trotzdem werdet ihr beide als Legenden in Erinnerung bleiben. Wusstest du schon, dass du eine bessere Tor-Quote als Raúl González besitzt? 102 Tore in 231 Partien bedeuten 0,44 pro Spiel, und damit mehr als Raúl (0,31) oder Butragueño (0,37).

Kein Mannschaftsabend? Okay, den lassen andere aus Gründen auch mal ausfallen. Kaum Spanisch? Daran ließe sich arbeiten, stand aber auch nicht im Anforderungsprofil bei deiner Anstellung. Ja, es hätte einiges besser laufen können, du hättest dich besser integrieren können, und doch war all das dein Ding. Der Erfolg gab dir lange recht. Selbst in der Katastrophen-Saison 2018/19 hast du Real durch einen Hattrick im Klub-WM-Halbfinale noch einen Titel vorbereitet – es sollte deine letzte Sternstunde im weißen Trikot gewesen sein.

Du wolltest 2018 schon gehen, doch kam dir der Trainer, der anderen dich vorzog, zuvor. Alles hat mal ein Ende, im Fußball wie im Golf.

Nun hab’ bitte auch den Schneid, um das Kapitel “würdig” zu beenden. Vertrag bis 2022 hin oder her: Was für eine Show dein Berater Jonathan Barnett veranstaltet hatte, du seist glücklich und Fans sollten dir die Füße küssen, dazu die verbale Attacke auf Zinédine Zidane – das kann nicht in deinem Sinne sein. Oben drein konnte nur ein China-Klub deine immensen Gehaltsvorstellungen erfüllen – merkst du was?

New Welsh striker Gareth Bale of Real Madrid (L) poses with his new jersey next to Real Madrid's President Florentino Perez during his presentation at the Santiago Bernabeu stadium in Madrid on September 2, 2013. Bale was unveiled as a Real Madrid player today after his prolonged transfer from Tottenham Hotspur was finally completed for an unconfirmed world record fee late September 1. The Welshman has agreed a six-year deal believed to be worth 10 million euros net a year and will be presented to the media and the club's fans after undergoing a medical in the Spanish capital. AFP PHOTO/ PIERRE-PHILIPPE MARCOU (Photo credit should read PIERRE-PHILIPPE MARCOU/AFP/Getty Images)
2013 wurde Bale als 101-Millionen-Neuzugang vorgestellt – Foto: Pierre Marcou/AFP/Getty Images

Egal: Du kannst erhobenen Hauptes gehen, als Legende, der das zweitbeste Tor der Champions-League-Geschichte schoss. Daumen hoch. Doch wie auch in Beziehungen heißt es manchmal, es sei das Beste, sich zu trennen. Das war nicht erst bei CR7 so, auch Alfredo Di Stéfano ging einst in Ungnade. Und kehrte eines Tages zurück.

Ein “schöner” Abschied wurde dir verwehrt, doch daran ist auch dein Berater schuld, weswegen ich es dir in der Mixed Zone nach dem letzten Liga-Spiel nicht mehr zurufen konnte: Hey Gareth, Zeit zu gehen, Danke für alles, mach’s gut, Legende! Bye, bye Bale! 

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von
REAL TOTAL

Hier schreibt die Redaktion von REAL TOTAL, dem führenden Magazin über Real Madrid im deutschsprachigen Raum.

Kommentare
Ich hätte es nicht schlecht geheißen, wenn er bleibt, hätte es auch nicht schlimm gefunden, wenn er wechselt. Aber nicht so und vor allem nicht zu nem Club in China.
Alles Gute
 
Klasse Artikel Niels, top !

Dieses „entscheidende Puzzlestück“ trifft es sowas von haargenau. Ich bin Gareth sehr dankbar für die schönen Erfolge, die er und seine Teamkollegen mir als Fan beschert haben.

Und ja der Abgang nervt jetzt so wie es zustande kommt ein bisschen, aber ich sage am Ende: Schwamm drüber, das Positive wird immer überwiegen.

Und den großen atemberaubenden Abgang muss es für Gareth dann auch nicht geben. Das war nie seins und das wird es auch nie sein.

Mit ihm geht ein etwas anderer Star, der sich mehr um seine Familie, Freunde und Hobbys schert, als um dicke Karren, dicke Urlaubsfotos und Follower bei Facebook und co.
Irgendwie macht es den Menschen Bale für mich nicht unsympathischer und ich wünsche ihm und seiner Familie nur das Beste.

Mach es gut Campion !
 
Zwar ein guter Kommentar, doch Bale eine Legende? Im gleichen Atemzug wie Casillas, Ramos und Ronaldo?

Frage ich mich auch die ganze Zeit. Die oben genannten Spieler haben einen viel höheren Stellenwert in Reals Geschichte als Bale. Bale will ich aber auch nicht sein Vermächtnis schmälern.
 
Sportlich gesehen für einen Gareth Bale ein absoluter Sargnagel in die Chinesische Liga zu wechseln...
 
Zuletzt bearbeitet:
Klasse geschrieben Nils ! Wie immer p>

Auch ich möchte mich bei Bale für diese tollen Jahre und Titel bedanken. Ich fand es schade das er sich oft abgekapselt hat. Dennoch muss man es akzeptieren. Denn jeder Mensch tickt nur mal anders und das muss man respektieren.

Er hat zuvor keinen Groll gehegt oder sich negativ gegen den Verein geäußert. Das rechne ich ihm hoch an.

Danke Gareth und ich hoffe du wirst bei deinem neuen Verein glücklich sein. Ich werde dich ab und zu weiter verfolgen.

Auf ein Wiedersehen !
 
Guter Kommentar. Es schmerzt einfach, dass so viele Legenden (und bale ist jedenfalls eine solche) so einen zerrütteten Abschied von uns feiern.. Sei es cassilas, der nach von mourinho degradiert wurde, Ronaldo, der plötzlich weg war oder jetzt bale.. Dass solch verdiente Spieler bei uns so oft im unreinen aufhören, ist einfach irgendwie schade, auch wenn es gut ist wenn das Kapitel bale beendet wird..

Warum zum Geier wird in solchen Fällen immer der Klub angegriffen? Es gehören immer 2 zu einem Verhältnis und Abschied. MMn wird hier die Rolle der Spieler viel zu oft ausser Acht gelassen.

Vorneweg, Real ist nicht zwingend ein Vorzeigeklub, was würdige Abschiede angeht. Es gab einige Spieler, die tatsächlich einen würdigeren Abgang verdient hätten, z.B. Di Maria oder Pepe. Trotzdem ist es in den Fällen Casillas, CR und jetzt Bale mMn zu einfach, alles dem Klub anhängen zu wollen.

Casillas wurde nach Monaten mässiger Leistungen einmal, ein einziges mal, auf die Bank gesetzt. Danach hat er sich die Hand gebrochen und viel monatelang aus. Die Verpflichtung Lopez' war unumgänglich. Danach ging Mou und Carlo setzte auf beide. Der Klub hat 2014 Lopez sogar relativ undankbar durch Navas ersetzt, damit Iker wieder die klare Nr. 1 sein kann. Sich dann im Sommer 2015 nach Porto zu verabschieden, war alleine Ikers Idee. Auch der Zeitpunkt und die Art waren seine Idee. Perez hat ihm zumindest zu einer Abschieds PK bewegen können. Ein Abschiedsspiel ist geplant, sobald Iker das selber will.

CR hat sich von den Juve Fans einlullen lassen und war traurig, dass er seine 40 Mio nicht bekommen hat. Danach hat er im vielleicht grössten Moment des Vereins die Aufmerksamkeit egoistisch auf sich gezogen, ruderte dann zurück und verschwand zur WM, letztendlich gabs leere, von seiner PR Abteilung verfasste Floskeln zum Abschied. Er hat bekommen was er wollte, Konsequenzen inklusive.

Bei Bale sehe ich am ehesten noch eine Mitschuld. Ihm diesen Vertrag zu geben und letzten Sommer so zu hypen, war ein Fehler. Allerdings ist sein Verhalten und das seines Beraters jetzt auch kindisch, und es vereitelt letztendlich einen würdigen Abschied.

Real ist wie gesagt kein Kind von Unschuld, was würdige Abschiede angeht. Aber gerade in diesen spezifischen Fällen muss man die Legenden auch mal in die Pflicht nehmen. Iker wird seinen Abschied bekommen, sobald er das will. CR hat sich die Möglichkeit dazu selber vermasselt. Bale zumindest teilweise auch. Das Beispiel Arbeloa zeigt, dass Real durchaus Legenden würdig verabschieden kann. Arbeloa hat aber seinen Abschied früh angekündigt und dem Verein die Möglichkeit gegeben, etwas vorzubereiten, und er hat sich auch nie über den Klub gestellt. Iker und CR wollten im Juni plötzlich durch die Hintertüre weg, dem Verein sind die Hände ziemlich gebunden. Raul hat seinen Abschied mittlerweile bekommen und ist wieder im Verein tätig. Ein ähnliches Szenario ist bei Iker und vielleicht sogar CR nicht ausgeschlossen, aber das liegt bei ihnen.

Zu Bale, schade dass es so enden muss, aber ich glaube beide Seiten haben genug verbockt, setzten wir einen Schlussstrich darunter. Danke für legendäre Nächte und Titel Garreth, an diese werde ich mir gerne erinnern. Und ich hätte dir eine konstantere und verletzungsfreie Karriere gewünscht. Aber es ist was es ist, es gibt nichts mehr schönzureden, aber auch nichts mehr, dass man nachträglich schlechtreden müssen. Der Bale von 2014 und von Kiew 2018 wir als Legende in die Klubgeschichte eingehen. Der wortkarge, einzelgängerische und dauerverletzte Golfer weniger. Aber beide sind Bale. Muchas Gracias, Hala Madrid.
 
Guter Kommentar. Es schmerzt einfach, dass so viele Legenden (und bale ist jedenfalls eine solche) so einen zerrütteten Abschied von uns feiern.. Sei es cassilas, der nach von mourinho degradiert wurde, Ronaldo, der plötzlich weg war oder jetzt bale.. Dass solch verdiente Spieler bei uns so oft im unreinen aufhören, ist einfach irgendwie schade, auch wenn es gut ist wenn das Kapitel bale beendet wird..

Das liegt vermutlich daran, dass das Profigeschäft unerbittlich und knallhart ist. Wenn ich heute meine Leistung nicht bringe, werde ich halt ersetzt Marcelo/Reguilon; Bale/Vini; Isco/Cristo. Da bringen mir meine Leistungen aus der Vergangenheit nichts mehr.

Zudem ist bei uns ja oftmals unklar, wer bleibt und wer geht. Ich hätte beispielsweise nie gedacht, dass wir Özil und Di Maria verkaufen. Dann einen gebührenden Abschied hinkriegen, ist gar nicht so leicht...
 
Ich denke Ursache des Theaters ist, dass Bale nicht wirklich in die Mannschaft integriert ist. Ob das an Zidane liegt, der offensichtlich ein persönliches Problem mit Bale hat, oder an der Mannschaft, die ihn die Wirklich akzeptiert hat, oder an ihm selbst, kann ich nicht sagen.
Aber da, wo wir jetzt stehen, ist eine Trennung für beide Parteien das beste weitere Vorgehen. Den Berater kann ich nur bedingt verstehen, hat er als Stimme Bales doch den Verein derart provoziert. Die Reaktion Zidanes ist einfach die gleiche Sprache. Ich kann mir trotzdem auch vorstellen, dass der Berater den Wirbel nur noch größer machen wollte, um Bale nochmal allen ins Bewusstsein zu bringen und eventuell das chinesische Vertragsangebot sich so erhöht.

Aufjedenfall hätte es so nicht kommen brauchen, Ich weiß nicht wie ausdrücklich Zidane Perez klar gemacht hat, dass er nicht auf ihn setzt oder wie sehr sich Bale stur gestellt hat, aber eine Trennung hätte schon früher kommen können. Durch das Theater werden sowohl an Bale als auch an Zidane und Real Madrid Lack abgekratzt und man kann hoffen, dass sich das ganze am Ende wenigstens finanziell für alle beteiligten loht.
 

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