Reportage

Cavanis Friseur über Reiner Jesus: Mischung aus Kaká und Ceballos

Wer ist eigentlich Reinier Jesus? Und wie spielt der Winterneuzugang aus Rio de Janeiro? In einem Gastbeitrag hat sich Sascha Felter von Cavanis Friseur dem 18-jährigen Brasilianer angenommen und neben Stärken und Schwächen auch Parallelen zu zwei Ex-Madrilenen entdeckt.

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Reinier hat bis 2026 bei Real Madrid unterschrieben – Foto: Buda Mendes/Getty Images

Die Transferstrategie von Real Madrid hat schon länger nichts mehr mit dem zu tun, was es noch zu Jahren der Jahrtausendwende war. Es werden kaum bis gar keine fertigen Spieler mehr gekauft.

Stattdessen wollen die Königlichen ihre Superstars von Morgen früh scouten, damit man diese mittel- bis langfristig in den Kader einbauen kann. So geschehen bei Marco Asensio oder einem Dani Carvajal, der zwischenzeitlich in Leverkusen spielte.

Während in den letzten eineinhalb Jahren die beiden jungen Brasilianer Rodrygo Goes (18) und Vinícius Juníor (19) in der Offensive auf sich aufmerksam machten, steht seit dem 19. Januar nun offiziell ein neues Talent in den Startlöchern.

Einen Tag nach seinem 18. Geburtstag nämlich wurde Reinier Jesus Carvalho offiziell von Real Madrid vorgestellt. Die Ablösesumme von 30 Millionen Euro ist für solche Supertalente aus Südamerika mittlerweile fast schon lächerlich gering.

Zum Vergleich: Vinícius Júnior, der ebenfalls beim amtierenden Copa-Libertadores-Sieger Flamengo ausgebildet wurde, kostete 15 Millionen Euro mehr. Sein Landsmann Rodrygo ebenso.

Der in der brasilianischen Hauptstadt Brasília geborene Zehner wechselte 2011 als Elfjähriger nach Rio de Janeiro in die Jugend von Vasco da Gama. Nach weiteren Kurzstationen bei Botafogo und Fluminense schloss er sich 2014 Flamengo an.

Reinier fühlt sich aber anders als seine brasilianischen Kollegen nicht am Flügel, sondern in der Mittelfeldzentrale zu Hause, auch wenn er sich auf der Pressekonferenz variabel zeigte: “Offensiv spiele ich alle Positionen: rechts, links, in der Mitte, in der Spitze. Alles. Ich habe da keine Probleme.” Nur einmal setzte ihn Trainer Jorge Jesus in der letzten Saison am linken Flügel ein.

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Brazilian forward Rodrygo Silva de Goes plays with a ball during his official presentation of new player of the Real Madrid CF at the Santiago Bernabeu stadium in Madrid on June 18, 2019. (Photo by OSCAR DEL POZO / AFP) (Photo credit should read OSCAR DEL POZO/AFP/Getty Images)

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Eine Mischung aus Ceballos und Kaká

Hier glänzte er in insgesamt 15 Einsätzen mit sechs Treffern und zwei Vorlagen und konnte sich bereits mit 17 Jahren brasilianischer Meister und Copa Libertadores Gewinner nennen.

Für sein Team ist der Brasilianer dann am wertvollsten, wenn er als freies Radikal im Mittelfeld agieren kann. Wie für einen Straßenfußballer aus Südamerika typisch besitzt er eine sehr gute Ballbehandlung und kommt stark über seine Improvisationskünste.

Wenn man ihn so spielen sieht, fühlt man sich in erster Linie an Dani Ceballos erinnert. Ähnlich wie der Exil-Madrilene kann Reinier ein dominanter Akteur im Spielaufbau sein, der mitunter eine unsaubere Positionierung an den Tag legt.

Will heißen, dass er sich mit ungünstigem Blickfeld zum Spielfeld anbietet und sich im Ballbesitz zu nah an den eigenen Kollegen positioniert. Das hat zur Folge, dass der 18-Jährige schon in der brasilianischen Série A hin und wieder Ballverluste provozierte.

Diese brenzligen Szenen konnte er aber vermehrt dank seiner guten Fähigkeiten im Dribbling auflösen. Reinier ist ein sehr explosiver Mittelfeldspieler, der jedoch nicht so wuselig ist wie zum Beispiel ein Takefusa Kubo oder Isco.

Grafik: Cavanis Friseur

Mit 1,85 Metern Körpergröße ist er groß genug, um sich körperlich zu behaupten aber auch nicht zu groß, um als Schlaks durchzugehen.

Dadurch kann er sich im Dribbling einerseits in der Enge behaupten und andererseits im Konterspiel eine echte Waffe darstellen – in den Umschaltmomenten liegt die größte Stärke des Neuzugangs.

Erhält er im Konter den Ball, bedeutet das vor allem Gefahr für den Gegner. Reinier besitzt mit Ball am Fuß ein ungeheures Tempo und eine Direktheit, die an Kaká erinnert. “Kaká ist ein Vorbild für mich. Ich habe ihn immer spielen sehen”, sagte Reinier selbst.

Na super. Neuzugang und Wunderkind Reinier erinnert also an zwei Spieler, deren Zeit bei Real Madrid alles andere als rosig war.

Madridistas können sich dennoch, oder gerade deswegen auf den Brasilianer freuen. Denn er bringt mit seinen Fähigkeiten genau das mit, was Real in den nächsten Jahren gebrauchen könnte.

Im Mittelfeld werden die Spielgestalter der vergangenen fünf Jahre, Luka Modrić (34) und Toni Kroos (30), nicht mehr ewig dreimal innerhalb einer Woche spielen können.

Reiniers Rolle bei Real Madrid

Mit einem Federico Valverde hat man bereits einen Ersatz gefunden, der schon jetzt einen Leistungsträger darstellt. Je nachdem wie man im Benabéu mit Martin Ødegaard plant, könnte Reinier mittelfristig eine entscheidende Rolle im Mittelfeld einnehmen.

Da sich Real Madrid in Zidanes zweiter Ära im Konterspiel weiterentwickeln konnte, wäre ein Umschaltspieler im Mittelfeld, der den Ball mit starken Dribblings nach vorn trägt, wichtig.

Der Flamengo-Neuzugang wäre hier prädestiniert, um Angriffe nach vorn zu tragen. Er kann mit einer Aktion gleich mehrere Gegenspieler auf sich ziehen und aussteigen lassen, wodurch Raum für die anderen Kollegen frei wird.

Da er darüber hinaus eine sehr gute Reichweite im Passspiel hat, kann er die Angreifer auch mit sehenswerten Pässen aus der eigenen Hälfte füttern.

Als Vollstrecker definiert sich Reinier vorrangig über eine tolle Schusstechnik bei Fernschüssen. Gerade bei den U-Nationalmannschaften überraschte er so manchen gegnerischen Keeper mit urplötzlichen Schüssen aus vollem Lauf.

Rund um den Sechzehner verfügt er bereits über ein gutes Raumgefühl und Timing beim Einlaufen. Bei Rückpässen setzt er sich clever nach hinten ab oder stiehlt sich im Rücken des Gegners davon.

Gut möglich, dass er dadurch auch als Mittelstürmer oder hängende Spitze eingesetzt wird. Hier muss man aber abwarten, inwieweit Zidane am 4-3-3 der letzten Jahre festhält oder eben nicht.

Fazit

Zunächst soll Reinier bei Real in der Castilla zum Einsatz kommen. Schwer vorstellbar jedoch, dass er dort lange adäquat gefordert wird. Zwar ist er erst 18 Jahre jung, aber im Grunde kann er sich schon jetzt auf Erstliga-Niveau beweisen.

Der Schritt in die erste Mannschaft Reals kommt für ihn wohl noch zu früh. Seine Spielweise ist noch zu unbekümmert und inkonstant und Reals Kader zu groß, als dass er in dieser Saison Einsätze in LaLiga erhalten wird.

Er muss sicherlich noch ein ganzes Stück reifen, was für einen Teenager völlig normal ist. Gerade im zentralen Mittelfeld werden Ballverluste oder ähnliches schneller bestraft als auf dem Flügel.

Insofern wäre es völlig vermessen zu behaupten, dass Reinier kurzfristig die Fäden in Reals Mittelfeld ziehen wird. Geduld ist gefragt. Gebt ihm Zeit sich zu entwickeln.

In der Castilla könnte er schnell mit guten Leistungen auf sich aufmerksam machen. Eine zukünftige Leihe zu einem ambitionierten Europa-League-Team würde ihm im Sommer dann sicher guttun.

Und wer weiß, vielleicht hat Real Madrid auf absehbare Zeit dann eine fulminante brasilianische Offensive aus Vinícius, Reinier und Rodrygo…

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von
REAL TOTAL

Hier schreibt die Redaktion von REAL TOTAL, dem führenden Magazin über Real Madrid im deutschsprachigen Raum.

Kommentare
Wenn man ihn zum 8er umschult, könnte er mit Valverde und Kroos, Martin um die 8er Position konkurrieren.
 
Nicht wenn Valverde und Pogba als Doppelsechs ihrer Pflicht nachkommen.

Große Problem dabei ist aber dass beide vom naturell her 8er sind und keine 6er. Da liegt bei pogba und manu auch der Haken da er dort auch immer auf der 6 agieren muss und darunter seine sportliche Leistung leidet. Bei juve ein Weltklasse 8er gegeben, der box to box Player mit dem einigen Extras. Als 6er aber verschenkt. Valverde selber auch box to box Player und 8er.
Das heißt aber nicht das ein 442 mit den beiden nicht funktionieren würde. Können da auch beide die box to box rolle einnehmen müssen dann nur auch nach hinten hin die Läufe durchziehen
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Was habt ihr eigentlich immer mit Kaka? Vielleicht habe ich noch zu wenig von ihm gesehen, aber der Dude erinnert mich null an Kaka, abgesehen von seiner Positionierung. Das könnte man aber dann auch von Havertz behaupten. Auch Rodrygo oder Felix wurden als "The next Kaka" in den Medien bezeichnet, obwohl da null Ähnlichkeit besteht. Kaka war rein vom Spielertyp einer der speziellsten Fußballer, den ich jemals erlebt habe. Aktuell finde ich, dass höchstens Kovacic aufgrund weniger ANLAGEN Kaka ähnelt, aber eigentlich gib's da bis jetzt keinen Mini-Kaka. Zumindest hatte ich bei Reinier nicht das Gefühl, aber ich bin trotzdem gespannt auf ihn.

Hab jetzt nicht viele Spiele von ihm gesehen, aber er hat halt rein physisch einiges von Kaka.
Kaka war unfassbar schnell, trotz seiner Grösse (1.86m), technisch stark, guten Schuss und hat als 10er gespielt.
Reinier ist schnell, fast gleich gross, technisch stark, hat einen guten Schuss und spielt als 10er.
Dazu beide Brasilianer, beide spielen/spielten für Real Madrid.

Da ist er doch ähnlicher als Kaka, wird wahrscheinlich deswegen sein. Wie gesagt, über sein Spiel an sich kann ich zu wenig sagen.
 
Ich will mal wieder einen unbekümmerten Brasilianer sehen. Schnell, wendig, stabil, ausbalanciert, dribbelstark... wie Vini im 1. Jahr bei uns. Jetzt hatten wir 2 Pelès zugleich (CR7 + M10) aber keinen neuen Ronaldinho. Der intelligente Spielmacher im Mittelfeld wie Modric, Kroos, Iniesta,... ist jetzt eher gefragt. Und das finde ich schade. Denn das nimmt dem Spiel etwas Flair. Wie beim Stierkampf (blutiges Beispiel, sorry) kann der Matador den Kampf spannend mit Tricks oder langweilig bestreiten. Technik gepaart mit Trickgenie und Leichtigkeit kann jedes Stadion begeistern. Damals hatte das Barcelona. Mann, war ich auf die Katalanen neidisch wegen Ronaldinho! Und deshalb (und natürlich auch aus anderen Gründen ) will ich, dass der nächste Dribbelguru mit Einsteingehirn bei uns anheuert.
Ist ja nicht zuviel verlangt, oder?
 
Hoffentlich ist und wird er KEINE MISCHUNG aus "Kaka und Ceballos" - ansonsten haben wir wenig Freude mit ihm, die Leistungen beider waren sehr überschaubar in Madrid... ;)
 

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