
Premier-League-Titel längst futsch
Seit dem Hinspiel in Madrid, das inzwischen über vier Monate zurückliegt, ist eine ganze Menge passiert. Während Real Madrid mitten im LaLiga-Titelkampf steckt, kann Manchester City sich ganz der Vorbereitung auf den Endspurt im FA Cup sowie in der Champions League widmen. In der Premier League hatten die “Citizens” dem FC Liverpool dieses Jahr nichts entgegenzusetzen. Was noch vor der Corona-Pause absehbar war, wurde wenige Spieltage nach der Fortsetzung der englischen Meisterschaft Gewissheit: Durch die Niederlage beim FC Chelsea am 25. Juni kürte City das Team von Jürgen Klopp vorzeitig zum neuen englischen Meister. Fünf Spieltage vor Schluss führen die “Reds” die Tabelle uneinholbar mit 23 Punkten Vorsprung vor dem Vorjahres-Champion an. Diese Schmach will die Mannschaft von Pep Guardiola nun in den beiden noch verbliebenen Pokal-Wettbewerben wettmachen. Im Halbfinale des FA Cup wartet am 18. Juli der FC Arsenal, während am 7. oder 8. August das Achtelfinal-Rückspiel gegen die Königlichen stattfinden soll, vermutlich in Manchester. „Wir wollen in Manchester sprechen, das ist normal. Aber wir werden akzeptieren, wofür sich die UEFA entscheidet. Wir wollen einfach gegen Madrid spielen“, gab bereits Guardiola zu Protokoll.
Sané weg, Agüero verletzt
Während der kürzlich für eine Ablösesumme von 49 Milionen Euro vollzogene Wechsel von Leroy Sané von den “Citizens” zum FC Bayern in Deutschland hohe Wellen schlägt, wird der Transfer in England schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Der deutsche Nationalspieler konnte die hohen Erwartungen in Manchester nicht immer vollends erfüllen. Nach der ersten Eingewöhnungsspielzeit im Etihad Stadion spielte er eine überragende zweite Saison und trug maßgeblich zur Rekordmeisterschaft 2017/18 (100 Punkte) bei, wurde anschließend sogar zum Nachwuchsspieler des Jahres in der Premier League gewählt. In der darauffolgenden Spielzeit spielte er jedoch kaum noch eine Rolle und verletzte sich dann anschließend kurz vor dem Start der aktuellen Saison schwer am Kreuzband, sodass er diese fast komplett im Krankenstand verbrachte. Sein Kurzeinsatz gegen den FC Burnley am zweiten Spieltag nach der Corona-Pause war Rückkehr und Abschied zugleich. Angesichts dessen wird Sané ManCity im Saisonendspurt kaum fehlen.
Viel schwerer wiegt hingegen der Ausfall von Sergio Agüero. Der argentinische Stürmer zog sich am 22. Juni beim Sieg gegen den FC Burnley eine Verletzung am linken Knie zu und wurde bereits zwei Tage später in Barcelona erfolgreich operiert. Während Guardiola gleich ein Saison-Aus befürchtete, zeigte sich Agüero selbst direkt nach der OP auf Twitter optimistisch, auch im Hinblick auf einen möglichen Einsatz im Champions-League-Rückspiel gegen Real Madrid. Aktuell arbeitet er an seiner Rückkehr, es bleibt aber ein Rennen mit der Zeit.
Todo salió bien y pronto comenzaré con la recuperación. Muchas gracias al Dr. Cugat y a su equipo y a todos por tanto apoyo//Everything went well, and I’ll soon begin recovery. A big thanks to Dr Cugat and his team – and to all of you for your support ???????? pic.twitter.com/Frm07cN3WF
— Sergio Kun Aguero (@aguerosergiokun) June 24, 2020
Gute Form und wechselhafte Ergebnisse nach der Rückkehr
Der sechsfache englische Meister startete durchaus furios nach der coronabedingten Pause. In der Premier League wurden der FC Arsenal (3:0) und der FC Burnley (5:0) aus dem Etihad Stadium gefegt. Anschließend gab es die Pleite beim FC Chelsea (1:2), die den Titelkampf endgültig beendete. Am darauffolgenden Spieltag wurde der neue Meister empfangen. Gegen die siegestrunkene Truppe aus Liverpool setzte es ein furioses 4:0, doch nur drei Tage später eine 0:1-Niederlage beim FC Southampton. Am Mittwoch dann ein 5:0 über Newcastle. Im Viertelfinale des FA Cup wurde zwischendurch Newcastle United souverän durch ein 2:0 ausgeschaltet.
Die Auftritte der vergangenen Wochen zeigten vor allem eines: Trotz des Ausfalls von “Kun” Agüero bereitet die Offensive Trainer Guardiola kaum Sorgen, vor allem im heimischen Etihad Stadium. Der 4:0-Erfolg gegen den FC Liverpool war der vierte Heimsieg ohne Gegentreffer in Serie, wobei City selbst gleichzeitig 14 Treffer markierte. Auch bei den beiden Auswärtsniederlagen nach der Saisonfortsetzung kann von schlechten Performances kaum die Rede sein. Vielmehr scheiterte man an der eigenen Abschlussschwäche. So wurden beim Spiel in Southampton 26 Torschüsse der “Citizens” verbucht, doch keiner fand den Weg ins Netz.
Taktisch gesehen setzt Pep Guardiola in aller Regel auf ein 4-3-3-System, wobei er sich bei der Interpretation auf dem Platz durchaus variabel zeigt. So spielt Kevin de Bruyne häufig auf der zentralen Spielmacher-Position hinter dem Dreier-Sturm, um dann immer wieder auch im linken offensiven Mittelfeld aufzutauchen. Überhaupt stellt der Belgier, der eine starke Saison spielt, den Dreh- und Angelpunkt im Angriffsspiel Citys dar. Seine Übersicht und Präzision geben Guardiola die Möglichkeit, sein auf Ballbesitz und Dominanz beruhendes Spiel aufzuziehen, während seine Schnelligkeit aus ManCity durchaus auch eine gefährliche Kontermannschaft macht.
Neben De Bruyne bilden Ilkay Gündogan und Rodrigo das Mittelfeldtrio, oft als eine Art Doppel-Sechs, aber auch vorgezogen und auf einer Linie mit dem Belgier. Da der Spielplan in der Premier League ähnlich wie in LaLiga nach der Corona-Pause sehr dicht ist und die Teams in der Regel alle zwei bis drei Tage spielen müssen, rotiert der spanische Coach sehr viel und lässt auch David Silva und Fernandinho regelmäßig zu Einsätzen kommen. Ähnlich verhält es sich im Sturm, wo nach Agüeros Ausfall der Brasilianer Gabriel Jesus als Mittelstürmer gesetzt ist. Er traf zwar kein einziges Mal in den vergangenen Wochen, seine Nebenleute Raheem Sterling und Phil Foden dafür umso häufiger. Mit vier Toren ist der 20-jährige Shootingstar Foden sogar der treffsicherste “Citizen” seit dem Re-Start Ende Juni. Auch im Sturm hat Guardiola mit Bernardo Silva und Riyad Mahrez durchaus spiel- und formstarke Alternativen.
Wenn es überhaupt Schwächen im Spiel von Manchester City gibt, dann liegen sie vor allem im Abwehrverhalten. Im Laufe der Saison zeigten vor allem die Außenverteidiger Kyle Walker und Benjamin Mendy immer wieder individuelle Aussetzer, die zu Gegentoren führten. Auch dem 19-jährige spanischen Innenverteidiger Eric García, inzwischen Stammspieler bei Guardiola, ist seine mangelnde Erfahrung immer wieder anzusehen. Einzig Innenverteidiger Aymeric Laporte zeigt sich durch die gesamte Saison formstabil.

Aussichten für das Rückspiel gegen Real Madrid
Nach der neuerlichen Niederlage in Southampton rüttelte Guardiola sein Team öffentlich wach. “Wir haben immer noch unglaubliche Ziele, um die wir kämpfen, wir müssen es versuchen und gut spielen, das ist das Wichtigste”, so der 49-Jährige. Trotz der beiden Auswärtspleiten in Serie zweifelt er nicht an der Einstellung seiner Mannschaft: “Die Leistung war da, das beweist mir, dass das Team nicht nachlässt.” Das Vertrauen kommt nicht von ungefähr: Newcastle wurde beim 5:0 phasenweise vorgeführt angesichts 23:6 Abschlüssen.
Während Real Madrid sich in LaLiga inmitten eines nervenaufreibenden und kräftezehrenden Titelkampfs mit dem FC Barcelona befindet, geht es für Manchester City in der Premier League nach der verlorenen Meisterschaft praktisch um nichts mehr. Einerseits bleiben dem Team so ganze vier Wochen, um sich in aller Ruhe auf das Rückspiel gegen die Blancos vorzubereiten, es bleibt aber auch abzuwarten, ob der Mannschaft dadurch eventuell die nötige Spannung fehlen wird.
Wir halten fest, dass Manchester City hinten verwundbar ist, was Karim Benzema und Kollegen ausnutzen können. Da auf der anderen Seite Guardiolas Angriffsmaschinerie auf die beste Abwehr Europas treffen wird, verspricht das Rückspiel in jedem Fall höchstmögliche Spannung.
Spannend auch: Während die Merengues vom letzten Spieltag am 19. Juli bis zum Rückspiel am 7. oder 8. August rund zweieinhalb spielfreie Wochen vor sich haben, haben die “Skyblues” maximal nur eine Woche Pause – je nachdem ob sie das FA-Cup-Finale erreichen. Sicher ist: In Manchester brauchen die Blancos einen Sieg – alles ist möglich!
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