Deine Beurteilung finde ich stark übertrieben und wenig objektiv, ehrlich gesagt.
Wenn ein Trainer dir keine faire Chance gibt, ist's halt egal, wieviel du dir den Arsch aufreißt. Und irgendwann wirst du es nicht mehr tun, das ist normal und menschlich. Unter Zidane hatte James nie eine faire Chance, das ist meiner Meinung nach Fakt. Weder in Amtsperiode 1, noch in Amtsperiode 2 (nachdem man ihm im Sommer den Weggang verweigert hat). Nach vielversprechenden ersten Saisonspielen, wurde er vom Franzosen wieder komplett degradiert. So raubst du einem Spieler jegliche Motivation, ganz unabhängig vom Gehalt. Geld ist nicht alles, egal, wie viel man davon monatlich bekommt.
Unter Ancelotti hatte James ein sehr starkes und ein mittelmäßiges Jahr. Unter Heynkes hat er mMn schon gezeigt, dass er sich sehr wohl ans System anpassen kann, wenn man ihn lässt.
Was im Training passiert, weiß natürlich keiner aber man liest immer wieder, dass er nicht der Trainingseifrigste Spieler ist. So etwas hilft dir dann natürlich grundsätzlich auch nicht weiter und wenn es stimmt, muss man es kritisieren.
Ich denke auch, dass nicht nur Zidane oder Madrid allein Schuld sind, dass James hier nicht funktioniert hat und ich hoffe für ihn, dass er auch selbstkritisch ist. Aber Vertrauen ist mMn die Grundvoraussetzung dafür, dass ein Spieler Leistung zeigen kann. Der aktuelle Trainer vertraut ihm null also hat auch ein Verbleib trotz aller Was-wäre-Wenn-Gedankenspiele keinen Sinn, da bin ich ganz bei dir. Schade finde es es trotzdem, weil ich es immer schade finde, wenn ein so talentierter Spieler hier scheitert.
PS: Danke für den Nachtrags-Post, in dem du die Dinge etwas relativierst.
Ich denke, hätte es hier ein Leistungsprinzip gegeben, wären Spieler wie James vielleicht mittlerweile nicht am Abstellgleis. Spätestens nach dem CR-Abgang hätte man Spieler wie ihn ruhig einbauen können. Ganz im Sinne des Umbruchs, das wäre für mich kein Widerspruch gewesen. Warum das nicht genutzte Talent auf der Bank/Tribüne ignorieren, wenn man es dringend braucht?
Aber jetzt falle ich wieder in die "Was-wäre-Wenn-Falle". Sorry, bei so viel Potential kann man schon mal sentimental werden.Im Jahr 2020 unter diesem Trainer war ein Abgang leider unausweichlich.
Menschen sind nie 100% objektiv, auch ich nicht, darum habe ich auch den letzten Beitrag noch nachgereicht. Das Argument gilt aber in beide Richtungen, und hier wird mir wie gesagt von der Pro James Seite zu oft eine romantisierte Geschichte eines verkannten und verlorenen Genies erzählt, die absolut angebrachte Kritik an James ausblendet und Trainer/Fans, die mit ihm nichts anfangen können/wollen, dämonisiert.
Mein Hauptbroblem mit James habe ich gestern in den Kommentaren des Abgangs nochmal versucht darzustellen. Er braucht sehr viele Zugeständnisse, damit er vielleicht die eine Rolle der klassischen 10, die er kann, mal hervorbringt. Er braucht blindes Vertrauen, ein auf ihn zugeschnittenes Systen, blinde Liebe der Fans, möglichst keine Konkurrenz, ja keine Kritik und eine feine Behandlung, damit er vielleicht alle 5 Spiele mal ein Traumtor raushaut. Das kann man ihm bei Kolumbien und vielleicht Porto, Monaco und jetzt Everton bieten, aber auf dem Level von Real oder Bayern wird es einfach immer schwieriger, auch in Anbetracht, dass der Fussball immer dynamischer und wieder teamorientierter wird. Da noch einen Platz für einen langsamen und unflexiblen, veralteten Spielertypen zu finden, der nicht willig und/oder fähig ist, sich auch nur ein bisschen anzupassen, wird zunehmends schwierig, und irgendwann muss man sich die Frage stellen, ob der potenzielle Nutzen angesichts der ganzen Nachteile noch vertretbar ist.
Bevor ich weiterfahre, ein Disclaimer. James' WM 2014 und Saison 14/15 waren grösstenteils weltklasse und die Traumtore von damals kann ihm keiner mehr nehmen, und mir gehts nicht darum, ihn auch noch für die Dinge, die er richtig gemacht hat, zu kritisieren. Ich werde im folgendem aber seine Debütsaison etwas genauer analysieren und für meine Argumentation in den Kontext setzen.
Das Narrativ, dass von James "Romatiker" gerne erzählt wird, geht sinngemäss etwa so: James kam 2014 als absolut notwendiger Galatico, um die CL zu gewinnen, Carlo hat ein geniales System für ihn gefunden und er hat eine weltklasse Saison gespielt. Dann kam der böse Zidane, hat ihn auf die Tribüne gesetzt und nie mehr eine Chance gegeben und ihm damit die Karriere verhindert.
Wie so oft ist die Realität nicht ganz so einfach und ein Zusammenspiel komplexer, nicht immer plan oder nachvollziehbarer Vorgänge. Dass die Saison 14/15 vor allem für die legendäre Hinrunde in Erinnerung geblieben ist, wo auch James geglänzt hat, kann man niemandem verübeln, es war auch die spielerisch beste Leistung der letzten 10 Jahren. Aber es war auch eine Momentaufnahme, und hat vom fehlenden Plan B über den zu kleinen Kader, physische Mängel, defensive Anfälligkeit und das Barca Triple Ende Saison über einiges hinweggetäuscht.
James war für mich von Anfang an ein reiner Marketing Transfer, da Real traditionell mit die besten WM Spieler kauft (Ronaldo 2002, Cannavaro 2006, Özil, Khedira, di Maria 2010, Navas, Kroos, James 2014, T-Bo, Hazard, (Mbappe ist seit Jahren geplant), 2018), da könnt ihr mir erzählen, was ihr wollt. Rein sportlich gab keine Notwendigkeit für den Transfer mit nem saustarken Di Maria. Vor der WM kannte ihn kaum jemand und ohne die hätten wir ihn auch nie geholt, da bin ich 100% von überzeugt. Das CL Argument wurde schon vor seiner Verpflichtung mit dem Gewinn von La Decima wiederlegt, das CL Triple wurde 2 mal ohne grossen Einfluss seinerseits und einmal mit ihm als direkten Gegenspieler gewonnen. Wenn jemand den Titel "fehlendes Puzzleteil" für sich claimen kann, dann Bale, sicher nicht James.
Und so kam ein neuer 80 Mio Galactico, Di Maria wurde gegangen. Es gab schon damals Zweifel an der Notwendigkeit des Transfers und, wo James spielen soll. Im weiteren Verlauf des Sommers wurde der Kader mit Di Maria, Alonso und Morata unnötig verkleinert, was sich später auch auf James auswirken sollte.
Carlo hatte sein asymetrischrs 4-3-3/4-4-2 Hybridsystem aus der Vorsaison und hat James auf den letzten freien Platz des L(Z)M gestellt, da man men 80 Mio WM Star logischerweise nicht (gleich) auf die Bank setzt. In der Rolle kam James relativ gut zurecht und konnte aufblühen. Das System war schon damals defensiv anfällig, aber wenn du jedes Spiel 3+ Tore machst, kannst du dir 1-2 Gegentore leisten.
Die mit Abstand beste Phase war im Herbst nach Bales erster langer Verletzung. Carlo hat auf 4-4-2 umgestellt mit James rechts und Isco links, was deutlich stabiler wat. Damit waren wir eine Zeit lang wirklich unschlagbar und haben auch Barca in einem der besten Clasicos deutlich geschlagen.
Am Ende der Hinrunde haben aber dir Probleme begonnen bzw. taktische und kadertechnische Versäumnisse haben sich gerächt. Die Gegner wurden aggressiver und bekamen uns besser in den Griff, vor allem Atletico. Und Mangels Rotation/Alternativen haben sich dann nacheinander Ramos, Modric und James verletzt, letzterer viel mit einem Mittelfussbruch 3 Monate aus. Der Winter war sehr zäh. Nach der Rückkehr von Bale ging Carlo wieder zum 4-3-3, mit dem man sich mit Mühe durch die Rückrunde geschleppt hat, am Ende gabs 0 Titel und ein Barca Triple. James war nach der Verletzung übrigens auch nie mehr ganz der alte, spielerisch wie charakterlich. Es war das Ende von ehrfürchtigen, ambitionierten James und die langsame Geburt des heutigen Schönwetterfussballers.
Ob Carlos Entlassung notwendig war, ist eine Diskussion für sich. Er hatte aber die ganze Saison über keinen Plan B und hätte auch bei einem Verbleib einiges ändern müssen, entweder mit der Auflösung von BBC (unwahrscheinlich) oder einer Neustrukturierung des Mittelfelds (was Zidane später gemacht hat), eine weitere solche Saison hätten weder er noch James in der Form überlebt.
Zwischen Carlos Entlassung und Zidane liegen übrigens 6 Monate Benitez, die wieso auch immer gerne übersehen werden. In der Phase war James komplett unsichtbar, teilweise lange verletzt, teilweise aber auch auf dem Platz. Sinnbildlich der Clasico, als man 4-2-3-1 mit James spielte, und 4:0 verloren hat, gegen Barca ohne Messi.
Dann kam Zidane. Er hat zu Beginn wieder Carlos 4-3-3 mit Kroos als 6er und James/Isco als 8er ausgegraben, musste aber feststellen, dass das System nicht (mehr) funktioniert, und er hat auf KMC umgestellt. 3 CL Titel und 2 Meisterschaften geben ihm Recht, was man auch von ihm halten mag.
Beim Rest kann man streiten, wer welche Schuld hat, aber es waren mMn immer beide Seiten.
James wurde 15/16 Opfer des Systems, hat aber auch mit mangelnder Physis, Verletzungen und lustlosen Auftritten geglänzt. 16/17 bin ich am ehesten noch auf James Seite, man hätte in der Hinrunde mehr rotieren und ihm nach der Umstellung auf 4-3-1-2 wegen Bales erneuter Verletzung eine Chance auf der 10 geben können, wenn diese je bestanden hat, dann da.
Trotz allen hat James sowohl 15/16 als auch 16/17 jeweils 30+ Einsätze bei ca 2000 Spielminuten bekommen (mehr als unter Kovac 18/19) und man hat sich nie negativ über ihn geäussert, während er öffentlich mehrmals einen Wechsel angedroht hat, dem man ihm im Sommer auch ermöglicht hat. Davon, dass er komplett aussen vor war und unwürdig behandelt wurde, kann keine Rede sein. Mehr Chancen, ja, aber gilt noch für manche.
Bei Bayern konnte er den Horrorstart und die Entlassung Carlos letztendlich nicht verhindern, auch wenn es natürlich schwierig ist, sich beim neuen Verein einzufinden. Heyckens hat ihm dann viele Zugeständnisse gemacht, mit gemischtem Erfolg, das Level von 14/15 hat er nie mehr erreicht. Kovac konnte dann nichts mehr mit ihm anfangen.
Letzte Saison wurden mMn auch auf beiden Seiten Fehler gemacht. Der Klub hat ihn nicht zu Atletico gelassen, er wollte umgekehrt nicht nach Italien, hat wieder für Unruhe gesorgt und gelogen. Am besten hätte man wohl einfach den Vertrag im gegenseitigen Vernehmen aufgelöst. Immerhin hat man jetzt eine Lösung mit Everton gefunden.
Vertrauen ist so eine Sache. Am Ende basiert es auf Gegenseitigkeit und muss sich erarbeitet werden. Zidane ist niemand, der jemandem aus reiner Bösswilligkeit nicht vertraut, allerdings scheisst er auf Namen und Status, und hier hat sich James am Ende wohl verzockt. Wenn mir jemand nicht vertraut, hat es in der Regel einen Grund, dann frage ich danach und versuche, mich zu verbessern, oder suche mein Glück woanders, wenn ich merke, dass es nicht (mehr) funktioniert. James hat sich immer auf seinen angeblichen Star Status verlassen und versucht, von Aussen für Unmut zu sorgen, dass das nicht überall gut ankommt, kannst du dir selber ausrechen.
Auch Leistungsprinzip ist ein 2schneidiges Schwert, gerade bei James. 16/17 hätte er mehr spielen sollen, einverstanden. Aber das kann auch ganz schnell nach hinten los gehen. Was man Zidane nicht vowerfen kann, ist, dass er Spieler komplett aussen vor lässt und noch nachtritt. James wurde wieder ins Team aufgenommen und hat Chancen bekommen, selbst nach der Corona Pause noch. Bei Mou oder dem hier oft geforderten Conte wäre James für seine Leistungen 15/16 und letzte Saison und seine Starallüren schon lange sang und klanglos abgesägt wurde.
Wie sehr er sich im Training anstrengt, können wir nicht wissen. Jedoch haben sich über die Jahre negative Stimmen über seine Einstellung und Leistungsschwankungen von ehemaligen Mitspielern und Funktionären gehäuft, zuletzt sogar Kolumbien, wo er lange heilig war. Sein Verhalten scheint diesen Eindruck zu bestätigen und entkräftet damit das Argument, dass alleine Zidane der böse ist und als einziger das Genie James verkennt.
Mit all dem oben genannten Eindrücken und Erfahrungen fällt es mir einfach schwer, die Schuld nur beim Klub zu suchen und ein Szenario zu finden, in dem James über Jahre hinweg glänzen kann, ohne dass er sich auch selber an der Nase nehmen muss. Wie gesagt war Carlos 4-3-3 bereits Ende 14/15 entzaubert und James ein veränderter Spieler und Mensch nach der Verletzung. Auch bei einem Verbleib hätten sich Dinge ändern müssen, Wiedereingliederungsversuche unter Rafa und später Zidane zu Beginn sind gescheitert. Und Zidanes Umstellung auf KMC und Erfolge waren es letzendlich, die die MSN Vorherschaft in Spanien und Europa gebrochen hat, uns den grössten Triumph der Klubgeschichte gebracht hat und wohl nicht zuletzt auch mit ein Grund dafür war, dass 2017 Neymar gegangen ist und mittlerweile sogar Messi nicht mehr heilig ist. Ein 4-3-3/4-2-3-1 mit James und BBC war letztendlich einfach zu instabil und unkonstant, um langfristig Erfolg zu haben, und hätte die Ära BBC, Modric, Ramos, Kroos usw. vielleicht bereits 2015 beendet, dank Zidane wurde sie es 3 Jahre später, mit 3 CL Titeln und einer Meisterschaft mehr. Würde ich sie gegen ein paar weitere James Traumtore eintauschen? Nein danke, und das meine ich mit Was wäre wenn Traumszenarien.
Und ja, James hatte mehrfach Pech in seiner Karriere, der falsche Spielertyp zur falschen Zeit und Trainer, die andere Eigenschaften bevorzugen (was nichts verwerfliches ist), und hätte an manchen Stellen mehr Vertrauen verdient. Aber ich bleibe dabei, dass er sich mit seiner bequemen und reaktiven Einstellung auch oft selber im Weg steht. Es sind immer die anderen Schuld, nie er, er ist nur das Bauernopfer. Dass er nie versucht hat, sich anzupassen oder sich bietende Chancen beim Schopf zu packen und durchzubeissen, geht grösstenteils auf seine Kappe. Er könnte längst Stammspieler in England oder Italien sein, oder Triple Sieger bei Bayern. Aber von nichts kommt nichts.
Und, das mögt ihr anders sehen, aber für mich sind und bleiben so Dinge wie Falschaussagen, verletzt Urlaub machen statt sich auszukurieren, 3 Wochen Vaterschaftsurlaub oder mitten im Saisonfinale für Unruhe zu sorgen und sich weigern, sich aufstellen zu lassen, sehr unprofessional und unfair gegenüber dem Klub und den Mitspielern, die ihm trotz allem viel gegeben haben. Dass man es ihm durchgehen lässt und weiter die Mär vom verkannten Genie verbreitet wird, während man dann Spieler wie Isco oder Mariano, die sich ausserhalb des Platzes trotz teilweise sehr unfairer Behandlungen kaum etwas zu schulden haben kommen lassen, für Bagatellen angeht, finde ich das sehr stossend und unterstreicht meinen schon lange herrschenden Eindruck, dass gewisse Spieler einen Sonderstatus haben, rein wegen ihres Potenzials und/oder Namen. Ich will nicht wissen, wie Isco zerfleischt worden wäre, wenn er sich manche von James Eskapaden geleistet hätte.
Um wieder zum Anfang zurückzukommen, ja, niemand ist 100% objektiv und man kann Dinge, die ich James ankreide, anders sehen und mehr zu seinen Gunsten interpretieren. Aber es gibt einen Punkt, wo natürlicher Confirmation Bias aufhört und bewusste Tatsachenverdrehung anfängt, der bei James für mich in manchen Fällen schon lange überschritten wurde.
Aber seis drum, ist nicht länger unser Problem, jetzt kann er bei Everton und unter seinem Mentor nochmal einen Neustart wagen und vielleicht nochmal durchstarten. Wie schon gesagt wünsche ich ihm nichts schlechtes und hab genug auf ihm herumgehackt. Unter dem Strich bleibe ich dabei, dass es ein unnötiger und gescheiterter Marketing Transfer war mit Fehlern auf beiden Seiten, dass was wäre wenn Träumerein genau das sind, romantische Träumerein, und die Trennung der einzig richtige Schritt ist. Schade um einen talentierten Spieler, aber so ist das Leben. Das war mein letzter Beitrag zu dem Thema, muchas gracias por todo y adios James, Hala Madrid.