Sehr zwiegespalten. Zum einen teile ich die Kritik, nämlich dass man kurzfristige Gewinne über langfristige Einnahmequellen stellt und somit Gewinne aus der Zukunft verhökert. Zum anderen hingegen wäre die Alternative gewesen mit dem Kader der letzten Saison weiterzumachen. Nein, man hätte sogar vermutlich noch weiter verkaufen müssen, um unter den Salary Cap zu liegen, der sich ja nachdem Umsatz richtet. Theoretisch hätte man für die Finanzierung der neuen Spieler ja auch zinsgünstige Kredite aufnehmen können (Stichwort: Goldman Sachs) und es würde ja nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren wie der Verkauf der LaLiga TV-Rechte, aber soweit ich weiß kann man Kredite nicht als Umsatz anmelden lassen, weshalb das den Salary Cap nicht beeinflusst hätte und die neuen Spieler so nicht hätten registriert werden können. So oder so, man hat sich für den Weg entschieden, der die zukünftigen wirtschaftlichen Einnahmen sehr, sehr eng an die sportlichen Erfolge knüpft. Wenn man also, wie in den letzten drei Jahren, nur die Copa del Rey holt, dann hat man sich heftig ins eigene Knie geschossen. Wenn man hingegen LaLiga gewinnt und konkurrenzfähig in der CL ist, dann wird sich das langfristig vermutlich weiterhin nicht rentieren, aber doch durchaus ausgleichen. Mit dem Kader (also den vor den Transfers) in die neue Saison zu gehen wäre langfristig zumindest auf den ersten Blick der gesündere Weg gewesen, aber man hätte halt gesunkene TV Einnahmen, gesunkene Stadioneinahmen, gesunkene Titeleinnahmen, gesunkenes Merchandising etc. hinnehmen müssen. Wenn man erstmal so wie AC Milan wird, ist es verdammt schwer da wieder rauszukommen, weshalb ich den Ansatz, dass man auch jetzt sportlich konkurrenzfähig sein muss, eben durchaus verstehen kann. Denn all diese gesunkenen Einnahmen, die ich gerade erwähnt habe, soll es tatsächlich auch gegeben haben, weil der Kader nicht für die CL ausreichte, die Spieler nicht ihre Trikots verkauften, keiner das Camp Nou besuchte, um Jutgla und Luuk de Jong spielen zu sehen. Zumal man halt auch erwähnen muss, dass sich das mit den Verläufen von Anteilen des Umsatzes (also die sogenannten "wirtschaftlichen Hebel", wie sie Laporta nennt) bisher zumindest im Rahmen hält. 25 Prozent der TV Rechte (ausschließlich LaLiga) für 25 Jahre, die man auch wieder zurückkaufen kann, hält sich finde ich in Grenzen. Aus dem Merchandising (BLM) und den Barca Studios wurde etwa nichts verkauft, auch wenn der Verein für ersteres von den Mitgliedern die Erlaubnis bekommen hat, 49,5 Prozent Anteil an BLM (Barca License & Merchandising) zu verkaufen, wovon man aber bisher abgesehen hat. Und mit 25 Prozent der TV Rechte ist für mich auch das absolut tolerierbare Maximum ausgeschöpft. Mit Ausnahme bei den Barca Studios. Dort soll man einen Partner gefunden haben, der potenziell die Einnahmen erhöhen könne durch Zusammenarbeit mit diesem (also trotz Verkauf von Anteilen), weil es dort wohl noch gutes Wachstumspotenzial und Platz für neue Projekte gebe, die das neue Investmentunternehemen angehen könne. Da würde ich vielleicht noch mitgehen als dritten wirtschaftlichen Hebel, aber mehr auch nicht. BLM Verkauf wäre jetzt wirklich ein No-Go.
Man muss das Ganze auch im Verhältnis zu anderen Vereinen setzen. Klar, wenn man es mit Barca von früher vergleicht, wirkt das Ganze wie der totale Ausverkauf, aber wie gesagt man hat Stand heute 25 Prozent der TV Rechte für LaLiga für 25 Jahre (bei Rückkaufrecht) verkauft. Die Bayern beispielsweise haben 25 Prozent ihres Vereins fristlos verkauft. Wenn Barca das machen würde, wäre der Verein praktisch schuldenfrei. Deshalb würde ich zu euren unbeliebten Fanlisten auch Fans aus Deutschland hinzuzählen, die ständig von den spanischen Schuldenklubs sprechen und dabei auch Real Madrid meinen und dabei keinen Unterschied zu Barca sehen.

In der BPL gehört ManUtd der Glazer Familie, Liverpool einem einzelnen Mann, Chelsea genauso. Zusätzlich haben die meisten dort ebenfalls Seitentrikotsponsor und auch verkaufte Stadiennamen. Schätze das gehört zum neuen Fußball dazu. Real schafft es gegenwärtig ohne. Chapeau dafür. Aber nach der Ära Perez könnte ich mir gut vorstellen, dass auch Real sich an sowas anpasst. Man sieht es aber auch an Real schon. Ich meine, offen und ehrlich gesagt, Spotify ist jetzt nicht peinlicher als Fly Emirates (bis auf Spotify Camp Nou).
Also, 25 Prozent der nationalen TV Rechte für 25 Jahre, die man sich zurückholen kann, hält sich meines Erachtens im Rahmen. Ich meine, die erhöhten CL Gewinne, auch dank CL Reform, sind beispielsweise nicht verkauft worden, das neue Stadion 2026 wird sicherlich höhere Einnahmen generieren, gegen einen Seitentrikotsponsor, wo man scheinbar Angebote haben soll, hätte ich nichts einzuwenden. So lange der Verein mitgliedergeführt und die Deals + Verkäufe sich in einem entsprechenden Rahmen bewegen kann ich damit leben, auch wenn man jetzt nicht mehr die große Traditions-, Jugend- und Moralkeule Richtung Perez schwingen können wird, aber was soll's.
Die Transfers sind allemal sinnvoll und klug geplant. Lewa wird ein deutliches Upgrade zu Auba sein, der zwar geliefert hat, aber doch deutliche Probleme mit dem Ballbesitzfußball Barcas aufweist. Raphinha hat bisher eine echt starke Vorbereitung gespielt und gibt nach Jahren der Unsicherheit endlich Planungssicherheit auf dem rechten Flügel. Kessie ist ein ganz neuer Spielertyp, der unser Spiel variabler und flexibler macht und viele taktische Optionen bietet. Christensen ist allemal besser als Lenglet. Azpilicueta scheint von Xavi unbedingt gewollt zu sein. Dem stehe ich zwar etwas kritisch gegenüber, aber der Trainer will ihn und er bietet die Option, eine perfekte Dreierkette zu spielen, hat Mentalität als Chelsea-Kapitän und ordentlich Erfahrung auf höchstem Niveau. Kounde soll wohl ziemlich sicher kommen und er wäre ein echter Kracher für die Defensive. Ihn neben Araujo zu stellen; da brauch man sich nicht vor anderen IV-Duos zu verstecken. Ich bin deshalb echt auf die Saison gespannt.
Einige Risiken, einiges fragwürdig, anderes aber auch sinnvoll und pragmatisch sowie korrigierbar.