Das sehe ich ebenso und mich würde nun Folgendes interessieren. Inwiefern unterscheidet sich das zu meiner folgend zitierten Aussage?
Ich habe zunächst geschrieben:
"Regel 12 der IFAB:
Verwarnung für unsportliches Verhalten
„Ein Spieler ist wegen unsportlichen Verhaltens zu verwarnen, wenn er:
den Schiedsrichter zu täuschen versucht, z. B. durch das Simulieren einer Verletzung oder eines Fouls (Schwalbe)“.
Was theoretisch ganz einfach klingt, ist praktisch extrem schwer umzusetzen bzw. zu ahnden, weil man dem Spieler für eine Schwalbe eine Täuschungsabsicht nachweisen können muss.
Sobald ein Kontakt vorliegt, egal wie stark er war, wird das schon zur Herausforderung, weil ich dem Spieler quasi nachweisen müsste, dass er nicht aufgrund des Kontakts gefallen ist, sondern aufgrund seiner Täuschungsabsicht über das Vorliegen eines Fouls. Da der Schiedsrichter aber keinem Spieler hinter die Stirn kucken kann, ist das nicht ganz so leicht. Aus diesem Grund lassen die Schiedsrichter die gelbe Karte meistens stecken, wenn ein Kontakt vorgelegen hat und ziehen sie wirklich nur, wenn gar keine Berührung vorlag."
Daraufhin hast du geschrieben:
"Das ist so nicht ganz korrekt. Die Ermittlung einer Schwalbe passiert in zwei Schritten: Erst muss festgestellt werden, ob ein Foul vorliegt oder nicht. Und wenn kein Foul vorliegt, muss im Anschluss ermittelt werden, ob ein Täuschungsversuch vorliegt oder nicht. Diese Reihenfolge ist wichtig, weil Spieler sich auch fallen lassen können, obwohl kein Foul und keine Täuschungsabsicht vorliegt. Beispielsweise, wenn ein Spieler sich nach einer missglückten Aktion erschöpft oder enttäuscht selbst auf den Boden schmeißt. Oder wenn er sein Bein aktiv wegzieht und fällt um einen Aufprall mit dem Gegner zu vermeiden.
So oder so, bei der Ermittlung ist es ganz wichtig zu beachten, dass der Schiri selbstverständlich nie gefordert ist, den Spielern in den Kopf schauen zu müssen, sprich zu raten. Der Täuschungsversuch muss ersichtlich sein. Beispielsweise durch Simulieren einer Verletzung, durch Gestikulieren der Arme, durch verbales Fordern eines Fouls."
Ich glaube, du würdest meinem ersten Kommentar mittlerweile zustimmen, oder?
Da du aber widersprochen hast und in diesem Zusammenhang den in Fett markierten Teil geschrieben hast, muss ich doch davon ausgehen, dass du glaubst, dass der innere Wille des Spielers für das Vorliegen einer Schwalbe nicht maßgeblich ist und der Schiri diesen gar nicht prüfen muss, oder etwa nicht?
Wir haben mittlerweile ja festgestellt, dass der innere Wille zur Täuschung genauso eine Tatsache (nur eben eine innere) ist, wie bspw. der Kontakt zwischen zwei Spielern, das zeitverzögerte Fallen usw., nur das diese Tatsache eben bloß im Kopf des Spielers existiert und du sie nicht sehen kannst. Trotzdem musst du diese Tatsache ermitteln, da sie für die Bewertung, ob eine Schwalbe vorliegt, entscheidend ist.
Wie soll ich den in Fett markierten Teil denn dann verstehen?
Schau dir doch mal den weiteren Verlauf der Diskussion an. Ich bin mir sicher, dass du mittlerweile allem zustimmen würdest, was ich geschrieben habe.
So schreibe ich:
"Das ist so nicht richtig. Vielleicht geht Vinicius aufgrund des Kontakts ja davon aus, dass ein Foul vorliegt. Dann hat er doch keine Täuschungsabsicht, sondern reklamiert einfach nur ein Foulspiel für sich."
Woraufhin du wieder geschrieben hast:
"Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist also die Verteidigung von Vinicius, dass er das Gefühl hatte, er wäre durch den Gegenspieler zu Fall gebracht worden. Dann erlaube mir die Gegenfrage: Hast du jemals in deinem Leben das Gleichgewicht verloren und wusstest nicht, wieso?
Sowas gibt es nicht. Vinicius weiß natürlich, dass er sein Gleichgewicht durch seine eigene Bewegung verloren hat und der Kontakt des Gegners dabei keine Rolle gespielt hat. Jeder gesunde und nüchterne Mensch ist motorisch dazu in der Lage. Er weiß besser als jeder Beobachter, dass das kein Foul war."
Was du in dem 2. Absatz gemacht hast, ist alles richtig. Mit der fett markierten Aussage beschreibst stellt du ja auch eine innere Tatsache fest: Das "Wissen" von Vinicius. Und mit allem was danach kommt, beschreibst du, wie du die für dich nicht sichtbare Tatsache ermittelt hast.
Dann antworte ich:
"Nein, mir geht es im Kern um was anderes. Da Fußball eine Kontaktsportart ist, stellt nicht jeder Kontakt automatisch ein Foul dar. Wenn es auf dem Platz zu einem Kontakt kommt, entscheidet allein der Schiedsrichter, ob der Kontakt als Foul geahndet wird oder nicht. Die Schiedsrichter haben dabei einen Ermessensspielraum bei der Beurteilung. Manche Schiedsrichter pfeifen kleinlich, andere wiederum lassen viel laufen. Es kann also durchaus sein, dass ein und die selbe Aktion von zwei Schiedsrichtern unterschiedlich bewertet wird. Auch wenn die Entscheidungen unterschiedlich ausfallen, können beide isoliert betrachtet jedoch korrekt sein.
Und so kann auch ein Spieler der Auffassung sein, dass ein nur leichter Kontakt für ein Foul ausreicht. Und wenn ich Vinis Worte richtig von den Lippen ablesen habe, sagte er zum Schiedsrichter, dass er vom Gegner berührt wurde. Für Vini war das offenbar ein Foul."
Woraufhin du erwiderst:
"Dein gesamter erster Absatz hat nichts mit der Bewertung einer Täuschungsabsicht zu tun. Deshalb sagte ich bereits, wieso es wichtig ist, die Täuschungsabsischt und das Foul getrennt zu bewerten. Denn bei dir klingt das so als wäre es eine Art Ermessensspielraum des Schiris, weil er einem Spieler in den Kopf schauen muss. Allerdings haben Raten und Ermessen nichts miteinander zu tun und ersteres wird von einem Schiri nicht verlangt.
Und genau das, was du hier machst, muss ein Schiri eben nicht machen: Jemandem in den Kopf schauen. Man bewertet nicht nach Aussagen eines Spielers, die gelogen sein können, sondern nach ersichtlichen und von anderen nachprüfbaren Kriterien."
Jetzt mal ernsthaft, würdest du nochmal genauso antworten?
Mein erster Absatz hat was mit der Ermittlung der Täuschungsabsicht zu tun, nämlich damit, ob der Spieler tatsächlich vom Vorliegen eines Fouls weiß bzw. nicht weiß.
Erklärung:
Wir haben festgestellt, dass eine Schwalbe nur dann vorliegt, wenn der Spieler den Schiedsrichter absichtlich über das Vorliegen eines Foul täuschen will. Das setzt jedoch zwingend voraus, dass der Spieler weiß, das kein Foul vorliegt. Wenn der Spieler tatsächlich glaubt, gefoult worden zu sein und deshalb zu Boden geht, hat er keine Täuschungsabsicht. Und hier geht es nicht um ein "Gefühl", sondern um das positive Wissen des Spielers, dass kein bzw. ein Foul vorliegt.
Nochmal ein Beispiel hierzu:
Du gehst im Spiel aufgrund eines Kontakts zu Boden. Du bist dir hundertprozentig sicher, dass der Kontakt für ein Foulspiel reicht. In Wahrheit war es aber kein Foulspiel. Da du aber der Überzeugung bist, dass ein Foulspiel vorlag, reklamierst du lautstark.
Eine Schwalbe kann in diesem Fall laut Regelwerk nicht vorliegen, auch wenn es auf andere so wirkt, vgl. mein Stolper-Beispiel. In dem oben genannten Beispiel fehlt es dir nämlich an der Täuschungsabsicht. Diese kannst du nämlich nur haben, wenn du weißt, dass kein Foul vorliegt (siehe oben). Was du mit deinem Wissen und Wollen gemacht hast, war Reklamieren. Täuschen wolltest du den Schiedsrichter nicht.
Grundsätzlich musst du als Schiedsrichter daher auch prüfen, ob der Spieler wusste, dass kein Foul vorliegt.
Einverstanden bis hierhin?
Und bei dieser Prüfung wirkt sich der Ermessensspielraum eines Schiedsrichters erschwerend für die Beurteilung aus.
Beispiel:
Wenn Vini für denselben Kontakt schon mal ein Foul gepfiffen bekommen hat, ein anderer Schiedsrichter in einem anderen Spiel den Kontakt aber als viel zu wenig einordnete und kein Foul pfiff: Woher willst du wissen, dass Vini nicht tatsächlich von einem Foul ausging oder zumindest dachte, dass ein Foul hier nach dem Regelwerk vertretbar ist?
Das ist doch alles nachvollziehbar, oder?
Jetzt hat
@Robondo zwischendurch eingewandt: "Unwissenheit schützt vor
Strafe nicht". Diese Aussage ist zwar grundsätzlich richtig, betrifft aber einen anderen Fall. Die Unwissenheit bezieht sich hier nämlich nur auf die Bestrafung einer Handlung. Um bei unserem Fall zu bleiben: Vini begeht absichtlich eine Schwalbe, geht dann aber zum Schiri und sagt: "Ich wusste nicht, dass es für Schwalben eine gelbe Karte (Strafe) gibt". Kurz gesagt: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht" bezieht sich auf die Unkenntnis des Verbots.
Mit unserem Fall hat das nichts zu tun, da sich das Wissen bei uns auf die Täuschungshandlung bezieht und nicht auf die Strafe.
Und jetzt nochmal zu deinem zweiten Absatz:
"
Und genau das, was du hier machst, muss ein Schiri eben nicht machen: Jemandem in den Kopf schauen. Man bewertet nicht nach Aussagen eines Spielers, die gelogen sein können, sondern nach ersichtlichen und von anderen nachprüfbaren Kriterien."
Ich denke, diesen Satz würdest du auch nicht mehr so formulieren, denn gerade das, was sich der Spieler denkt, ist entscheidend für das Vorliegen der Täuschungsabsicht.
Können wir uns darauf verständigen, dass der Satz so lauten müsste:
Bei der Täuschungsabsicht handelt es sich eine Voraussetzung der "Schwalbenregelung" die sich auf die innere Einstellung oder Motivation des Spielers bezieht. Sie ist, anders als objektive wahrnehmbare Merkmale, nicht unmittelbar äußerlich erkennbar und muss aus äußeren Umständen erschlossen werden.