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Asier Illarramendi- Der Unterschätzte
Der teuerste Spanier aller Zeiten hat bisher, anders als erwartet, nicht die Rolle seines großen Vorbildes Xabi Alonso übernommen, sondern die von Luka Modric aus dem letzten Jahr und die von Sami Khedira vor seiner Verletzung. Nicht etwa auf dem Platz, sondern in den Köpfen einiger “Fans”, die letzte Saison Modric als Fehleinkauf verschrieen, Khedira seit jeher jegliches Können absprechen und die sich jetzt auf Illarramendi eingeschossen haben. Warum das im Falle des besten Spielers der U21 EM überzogene Kritik ist wollen wir euch zeigen.
Klar ist, dass Asier Illarramendi bei momentaner Leistung seine 40 Millionen noch nicht wieder einspielen kann und dass auch ein Vergleich zu Xabi Alonso an Majestätsbeleidigung grenzt. Viele Madridistas kritisieren aber dort, wo überhaupt nicht Illarramendis Aufgaben liegen. Was Illarramendi in Ancelottis System leisten muss, ist die sichere Ballzirkulation mit dem Nebenmann und die Ballverteilung in den offensiven Halbraum. Auch muss er, wenn er nicht nur Alonso adäquat ersetzen, sondern das Mittelfeld der Königlichen auf Dauer sogar verbessern möchte, nicht nur Spielintelligenz, sondern auch technische Stärke mitbringen. Wichtig wird zudem, je nach Neuverpflichtung im Mittelfeld, sein, ob Illarramendi defensiv Zweikampfstärke ausbauen und die Balance zwischen Defensive und Offensive finden kann.
Im Vergleich zu Alonso hat Illarra aber hier schon die Nase vorne, denn anders als viele andere spanische Mittelfeldspieler zeigte sich Asier im letzten Jahr nicht nur als Mittelfeldmotor bei Sociedad, sondern bewies mit etwa 4 Tackles und 2,5 Balleroberungen pro Spiel auch deutlich bessere Werte als Alonso (3 Tackles, 1,6 Balleroberungen). Kann ein Alonso auch ein Spiel wie kaum jemand anderes lesen (zu nennen wären da allenfalls Modric, Busquets, Pirlo, Xavi in früherer Bestform), zeigte auch Illarramendi defensiv hohe Spielintelligenz und höhere Aggressivität im Zweikampf. Seine herausragende Stärke ist aber eine Anspielstation für Mitspieler unter Druck zu bieten, um den Ball aufzunehmen und Räume für die Mitspieler zu öffnen. In einem Mittelfeld mit den ebenfalls spielintelligenten Isco und Modric kann dies in Zukunft ein entscheidender Faktor sein, da die Mitspieler die leicht offensiveren Rollen spielen können. Vor allem Isco kann so etwas riskanter in die Offensive gehen, solange Illarramendi als Anspielstation hinter ihm fungiert. Durch strategisch geschickte Positionierung und Weiterleitung des Balles kann Illarramendi wie wenige andere den Druck aus dem Pressung des Gegners nehmen. Seine starke Positionierung verhindert zudem die bei Madrid immer schon gefährlichen Konter des Gegners und nimmt den Königlichen so eine Schwachstelle.
Nicht nur bei der Defensivarbeit, sondern auch in der Offensive weiss Illarramendi aber zu überzeugen. Lag der Fokus im letzten Jahr auch auf Vela, Griezman und Agirretxe war es doch meist Illarramendi der diese Spieler auf dem Platz leitete. Trotz seines Alters und der natürlich fehlenden Erfahrung war Sociedad in den Spielen in denen er fehlte zahnlos und konnte nur eine von den sechs Partien gewinnen in denen Asier fehlte. Sein Einfluss auf “El Real” war evident. Mit durchschnittlich 50 Pässen pro Spiel lag er selbst vor Luka Modric (46), im Vergleich zu ihm konnte bei Madrid nur Ramos durchschnittlich mehr Pässe zeigen (59). Bei den insgesamt 624 Offensivpässe lagen sogar nur vier La Liga Spieler vor ihm, wobei der Baske einen Durchschnittswert von 81% angekommener Pässe erreichen konnte. Ein Wert, den einzig Luka Modric, Busquets und Xavi überbieten konnten. Zudem erreichten durchschnittlich vier lange Bälle des Basken die Mitspieler. Die Werte der U21 Europameisterschaft sind sogar noch beeindruckender: 2,6 Tackles pro Spiel, 1,8 Balleroberungen im Durchschnitt und mit 95% die höchste Passgenauigkeit aller Spieler des Turniers. Damit lag er unter anderem auch vor Thiago Alcantara und Isco.
Ein Grund für Carlo Ancelotti Asier Illarramendi als unbedingten Wunschspieler zu verpflichten, denn er hat, was Madrid brauchen wird, sobald Alonso seine Karriere beendet. Anders als die meisten anderen Spieler dieser Position beweist er nicht nur Stärke im Kurzpassspiel oder in der Defensive, sondern vereint beide Fähigkeiten und kann zudem mit langen Bällen den Gegner überraschen. Auch die Kritik dass er geringe Torgefahr ausstrahle kann an dieser Stelle und für seine Aufgaben einfach nicht gelten, denn auch ein Alonso ist lange nicht mehr der Inbegriff der Torgefahr, sondern der Spieler für Schlüsselpässe. Zudem verfügt das Mittelfeld der Königlichen mit Modric, Isco oder womöglich Pogba über äußerst offensivgefährliche Spieler, die von der Rückendeckung eines Illarramendis profitieren würden. Was zudem für Illarramendi spricht und ihn womöglich auf Dauer sogar besser macht als Alonso, ist seine Mobilität im Spiel. Während Alonso das Spiel vor allem aus der defensiveren Position heraus lenkt ist Illarramendi extrem pressingresistent und kann sich so auch in offensivere Positionen vorwagen.
Was bei Illarramendi momentan noch zu Recht kritisiert wird, ist, dass er das Spiel der Königlichen natürlich noch nicht so leiten kann, wie es Alonso oder auch Modric vermögen. Ein interessantes Beispiel ist da das Spiel gegen Juventus Turin, in dem Alonso noch fehlte. Asier nahm daher seine Position ein mit dem defensiv ausgerichteten Khedira und dem offensiveren Modric vor sich. Was den Königlichen trotz des 2:1 Sieges nicht gelang, war das Spiel tatsächlich zu kontrollieren und das Heft in die Hand zu nehmen. Klare Problemstelle schien hier Asier Illarramendi, der in diesem Spiel mit Pirlo einen der besten Mittelfeldspieler der Welt vor sich hatte. Defensiv fehlte ihm da die Erfahrung diesen Spieler aus der Partie zu nehmen, mit Ballbesitz wurde er sowohl von Llorente als auch von Pirlo attackiert. Dennoch gelangen Illarramendi in diesem Spiel 62 von 65 Pässen, während Gegenspieler Pirlo nur 39 von 48 Passversuchen an den Mann brachte (siehe Grafik:
http://tf-chalkboards.s3-website-eu-west-1.amazonaws.com/images/0xmm7.png). Werte, die von den Kritikern gerne übersehen werden.
Problematisch war also eher, dass sich die Rollen von Modric und Illarramendi zu sehr überschnitten haben, da beide Pirlo als Gegenspieler zugewiesen waren und in der Offensive die Ballverteilung die Stärke beider Spieler ist. Zudem konnte Illarramendi das Spiel nicht leiten, weil er nicht der Spielertyp ist, der penetrant lange Bälle schlagen kann. Ein erfahrener Gegenspieler wie Pirlo sowie ein defensivstarker Vidal verhinderten aber, dass er weiter nach vorne ziehen und Kurzpässe spielen konnte. Was ihm fehlte war allerdings nicht das Können, sondern lediglich die Erfahrung gegen große Gegner. Anders zeigte sich Illarramendi beim 1:2 Hinspiel gegen den FC Barcelona in der gleichen Woche, als zunächst Ramos die Rolle als Spielgestalter übernehmen sollte, der aber lange nicht die Offensivqualität eines Illarramendis zeigte. Als der Baske eingewechselt wurde, wurde das Passspiel deutlich schneller und für den Gegner wesentlich gefährlicher, auch wenn es am Ende leider nicht für den Sieg reichte.
Problematisch wurde es für Illarra hingegen wieder gegen Dortmund gegen ein starkes Mittelfeldkollektiv, das mit hohem Druck auf den ballführenden Spieler presst und die kurzen Anspielstationen abschneidet. Hier mangelt es bei Illarramendi momentan noch an den entsprechenden Lösungskompetenzen in solchen Spielen, was zum einen an der fehlenden Anbindung an das Team und zum anderen die Erfahrung. Die kann er aber nur sammeln, wenn wir ihm die Chance dazu geben.
Fazit: Was Illarramendi ausmacht ist somit in einigen Punkten ähnlich zu den Stärken von Alonso, eigentlich lässt sich Asier aber nicht als ein Klon seines Idols bezeichnen. Während Alonso durch lange Pässe in ein Spiel findet und Defensiv eher auf physische Stärke setzt, setzt Illarramendi im Spielaufbau meist auf Kurzpässe und schnelle Kombination mit den Mitspielern und ist somit sogar der auf lange Sicht geeignetere Spieler für ein Ballbesitzspiel. Auch für Mitspieler Luka Modric könnte der defensivstarke Illarramendi einen Zugewinn bedeuten, denn auch wenn Alonso ein hervorragender Spieler ist, ist er doch kein Defensivgenie und fordert so die Unterstützung von Modric in Zweikämpfen. Dies ist keine Kritik an Xabi Alonso, der mit seiner Erfahrung für unser Spiel unglaublich wichtig ist, sondern ein Lob für Illarramendi und die Hoffnung auf eine sehr gute Zukunft für den Basken. Ein spanischer Spieler wie Illarramendi, der die Stärken eines Busquets und Alonsos vereint kann, trotz des hohen Drucks und des Preises, den viele für überzogen hielten, einfach nicht scheitern. Dass ein Spieler auf seiner Position aber Zeit braucht, sollten wir doch bereits bei Luka Modric gelernt haben.