Bei aller "taktischen Finesse" des Konterspiels, als welches es uns Ancelotti immer wieder verkauft, muss man schon zugeben, dass uns Barca gestern einige Probleme aufgezeigt hat:
1. Flanken von der Grundlinie verteidigen wir gut, bei jenen aus dem Halbfeld bzw. von der 16er-Kante stehen wir häufig sehr schlecht und die Zuordnung von Innenverteidiger bis Außenverteidiger passt selten. Einzig Alaba erledigt da seinen Job ordentlich. Mendy und Militao stehen fast immer falsch.
2. Dauerhafte Druckphasen des Gegners in denen wir im eigenen Sechzehner eingeschnürt werden überstehen wir kaum ohne ein Gegentor zu fangen.
3. Bei aller Genialität und Kreativität des Benzema hat man gestern auch gesehen, dass die Entscheidungsfindung am gegnerischen 16er oft schlecht ist und man keine klaren Laufwege bzw. Dynamiken erkennen kann. Zwar gibt es den klassischen Spielzug von Vini der von links ins Zentrum zieht um den Doppelpass mit Benzema zu suchen aber bei Ballführung durchs Zentrum (meist durch Benzema oder Asensio) regiert komplett das Prinzip Zufall. Barca hat uns gestern sehr viele dieser Möglichkeiten gegeben die wir schlecht genutzt haben. Sogar den Konter zum 3:2 hätten wir beinahe vergeigt weil 3 Mann die selbe Position besetzt hatten und das war ein 5 gg 3!
4. Das Verteidigen eines Spielers vor der Innenverteidigung fällt uns sehr schwer. Casemiro lässt sich oft rausziehen und Militao bzw. Nacho sind sehr ungestüm beim Herauslaufen. Das defensive Dreieck, welches man dabei bilden sollte aus IV - IV - AV, ist sehr sehr löchrig und anfällig. Pedri hat das gestern in Hälfte zwei schonungslos aufgedeckt. Man muss aber dazu sagen wenn Alaba spielt sieht das Ganze meist sehr viel besser aus.
5. Die "zweiten Bälle" die nach Kopfballabwehr eines Lobs über die Abwehrkette sehr häufig entstehen landen fast immer beim Gegner. Modric, Kroos, Casemiro und die beiden Flügelstürmer besetzen diese Räume nicht konsequent. Xavi hat das erkannt und ordnete an sehr häufig diese Lupfer zu spielen um danach vom 16er zum Abschluss zu kommen. Womit er nicht gerechnet hat, bzw. unser Glück war, dass diese Bälle nicht ein Xavi gespielt hat und Dani Alves und Jordi Alba nicht mehr jene sind aus den glorreichen Barca-Zeiten.
Allein an diesen 5 Punkten muss man sich eigentlich in Frage stellen ob die taktische Anlage des "Sich-hinten-rein-stellens" vor allem gegen Gegner wie Barca das richtige Konzept ist. Zumal Barca keinen Hehl daraus macht sich nur dann wohl zu fühlen wenn sie die Kontrolle über den Ball haben und den Rhythmus des Spiels diktieren können. Wir haben gestern einen Gegner viel stärker gemacht als er eigentlich ist und das Schlimmste ist die fühlen sich jetzt auch noch so...Warum einem Gegner die Möglichkeit geben seine Stärken auszuspielen und Selbstvertrauen aufzubauen?
Letztendlich ist der gestrige Sieg nur einer einzigen Tatsache zu verdanken, nämlich dem jugendlichen Leichtsinn/Wahnsinn des Xavi sogar NACH dem 2:2 jegliche Restverteidigung aufzugeben. Um meinen Kommentar mit einem einigermaßen positiven Ansatz zu beenden würde ich gerne folgende Aussage stehen lassen: Xavi/Barca wollte zu viel und wir haben das bestraft.
halamadrid