Stell dir vor, es ist Ballon d’Or und keiner geht hin..
Naja, ganz so war es nun nicht am gestrigen Abend in Paris.
Rodri von Manchester City ist ein verdienter Sieger eines sich langfristig selbstabschaffenden Pressepreises.
Undurchsichtig gewählt, irgendetwas zwischen ESC und den demokratischen Wahlen der damaligen DDR anmutend, geht in den letzten Jahren kaum eine Wahl über die schillernde, mit ehemaligen Ikonen des Weltfussballs dekorierten Bühne, ohne vorher die Fanlager zu spalten.
Rodri ist Europameister geworden und hat mit Manchester City die nationale Meisterschaft gewonnen und dabei eine wichtige Rolle gespielt.
Zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr hatte er mit Manchester City die Premier League, den FA Cup und die Champions League gewonnen. Mit Spanien gewann er die Nations League und den Ballon d’Or heimste sich folgerichtig wer ein?
Richtig, Lionel Messi, - damals frisch gekürter Weltmeister und souveräner Sieger der Ligue A mit PSG - bevor er dem europäischen Profifussball „adieu“ sagte um seine Karriere im sonnigen Miami ausklingen zu lassen.
Daran lässt sich die Problematik der Wahl ausmachen:
Es gibt keine transparente Matrix oder Gewichtung des Teamerfolgs und der individuellen Einzelleistung.
Mal wird die Entscheidung mit dem wichtigen Gewinn der WM mal der Performance des Spielers begründet.
Mir als Anhänger eines Fussballvereins ist die Prämierung realtiv gleichgültig, allerdings sorgt das Fernbleiben der Real Madrid-Delegation für ein Bild der “beleidigten Leberwurst” und führt zu einem Imageschaden eines Clubs der international gleichermaßen dominiert wie spaltet.
Der völlig verdiente Spott der Medien und Fans kann aber auch positive Folgen für den Madridismo haben.
Die Abneigung speist sich nämlich nur temporär aus dem gestrigen Fernbleiben.
Es ist eine Mixtur aus Abneigung aufgrund einzelner Protagonisten die durchaus auch bewusst Gegner und dessen Fans provozieren, der anhaltende (Team)erfolg gegen die von Experten ausgemachten Favoriten(Bayern, Man City, Liverpool) und gegen jede ausgemachte Wahrscheinlichkeit der Buchmacher und Hamanns dieser Welt.
Und aus einer immer wieder befeuerten Legende des nur durch Finanztricks und Schiedsrichterbestechungen erlangten Erfolgs.
Solche Einladungen, seinen Hohn gerechtfertigt über Real Madrid ergiessen zu können bleiben natürlich und insbesondere nach der Clasico-Demütigung, nicht ungenutzt.
Aus der mittelfristigen Fanbrille heraus lassen sich aber folgende Beobachtungen machen:
Seit Saisonbeginn wirkt das Team mitunter nicht mehr so harmonisch wie in der letzten Saison. Es wird lieber der eigene Abschluss gesucht, als den besser postierten Mitspieler zu bedienen und im Anschluss von diesem lautstark gerügt.
Im Defensivverbund hat man nicht immer das Gefühl, dass jeder für den anderen bereit ist ein oder wie in der Vergangenheit auch zwei Extrameter zu gehen.
Im Anschluss an die gestrige Wahl lässt sich nun feststellen, dass der interne & externe Zuspruch für den designierten Preisträger Vini Jr enorm ausfällt und sich gleichzeitig alle Anderen klar gegen Real Madrid positionieren.
Das ganze könnte also auch zu einer Wagenburgmentalität führen (um an dieser Stelle ein “Mia san Mia” zu vermeiden).
Wir gegen den Rest der Welt.
Wir gegen die Rassisten und Kritiker.
Wir gegen die Wahrscheinlichkeiten.
Wenn es so kommt, wäre der erlittene Imageschade zu verschmerzen und hätte tatsächlich etwas Positives.
Denn wenn dieses Team die richtige Mentalität und ausgereifte Persönlichkeiten entwickelt und als eine geschlossene Mannschaft auftritt kann man nur erahnen wie groß das Potential auf weitere Titel sein wird.
Auf Titel.
Titel, die etwas bedeuten.
Titel, die der gewinnt, der am Ende oben steht.
Titel, die auf dem Platz entschieden werden.
Fussball ist aufm Platz, nicht an der Wahlurne.
Mein abschliessendes Fazit fällt wie folgt aus:
Die Entscheidung der Preisverleihung nicht beizuwohnen wäre an sich richtig, wenn sie grundsätzlich und weit im Voraus und für die Zukunft geltend, getroffen worden wäre.
Der Preisverleihung als Reaktion darauf, dass der eigene Schützling against all odds (wahrscheinlich von der MARCA ermittelt) nicht gewinnt fernzubleiben erscheint kindisch, beleidigt und ist unnötiges Futter im geräumigen Trog der Kritiker.
Sollte es am Ende tatsächlich dazu beitragen, dass das Team weiter zusammenwächst und am Ende der Saison Titel am Cibeles anstatt auf dem roten Teppich in Paris gefeiert werden, dann, ja dann war es das alles vielleicht sogar wert.
Bis dahin bleibt nur abschliessend dem Titelträger Rodri zu gratulieren. Vor allem zum EM-Titel und der Premier League aber natürlich auch dazu in den Augen hunderter Journalisten der beste Fussballer der letzten Saison zu sein.