zu Nacho:
Wenn Nacho heute – Gott bewahre – einem tragischen Unglück zum Opfer gefallen wäre, ohne dass wir je erfahren hätten, welches Ziel er nach der Saison ins Auge gefasst hatte, würdest du seine Karriere bei Real Madrid und seinen Status als Madridista genauso in Frage stellen? Falls nicht, dann solltest du deine Worte und Gedanken gründlich überdenken.
Er wird für mich immer der Madridista sein, als den ich ihn auch zuvor gesehen habe. Im Gegensatz zu Ramos und Benzema hat er Real nicht im Streit verlassen oder in der Not zurückgelassen. Der Verein war frühzeitig informiert, nur seine persönlichen Verhandlungen mit dem neuen Club stockten. Hätte man ihn unbedingt halten müssen, wenn er gebraucht wurde, wäre er auch nicht gegangen.
Es liegt nicht in Nachos Verantwortung, für den Ausgleich innerhalb der sogenannten Dreieinigkeit im Club zu sorgen. Das ist Aufgabe des Vereins. Solange es potenzielle Kandidaten gibt, die der Kader aufnehmen könnte, muss Nacho nicht als freundliche Spinne der Nachbarschaft jedes kleine Problem zu seinem eigenen machen. Und solange der Verein nicht auf seine Unterstützung angewiesen ist und er bereits sein ganzes Leben diesem Verein widmete, dann kann man durchaus anfangen, sich zu fragen, inwieweit ich (Nacho) als Familienvater und Sohn weiterhin mich dem Dasein als Madridismo widme und widmen muss oder ob es durchaus möglich ist, weil auch die Zeit gekommen ist, dass ich schaue, was langfristig eher mir zugute kommen kann. Die welt ist nicht schwarz und weiß. Man ist als Mensch nicht nur Madridismo, nicht nur Vater, nicht nur Angestellter vom angesehen Handwerksunternehmen X, nicht nur Angler, Segler oder nicht nur Arzt. Der Mensch ist facettenreich. Und natürlich kann man auch als facettenreicher Mensch mehr für eine Sache stehen als alle anderen Menschen da draußen und sich dadurch hervorheben. Aber man kann niemals jemandem einem Vorwurf machen, wenn er sich mal ne Zeit zurücknimmt, sich nicht mehr ganz überwiegend einer Sache widmet und vielleicht seinen andere Facetten etwas in den Vordergrund stellt. Das heißt aber nicht, dass er vorher mit weniger Überzeugung das getan hat, was er nach eigenen Aussagen geliebt hat.
Die romantische Vorstellung eines Abgangs als ewiger One-Man-Club mag verlockend sein, aber wer sind wir, für etwas mehr Romantik in unserem Leben von Nacho zu verlangen, nur für die Fangemeinschaft zu handeln und nicht für sich selbst. Solange es dem Verein gut geht und er nicht in Not ist, sollte niemand solche Forderungen stellen. Wenn er jedoch aus finanziellen Gründen gehen würde, während es dem Verein schlecht ginge, wäre sein Status auch für mich ein Trümmerhaufen. Aber so ist es nicht. Dem Verein geht es wundervoll.
Sein Abschied wäre zudem nur von kurzer Dauer. In wenigen Jahren lebt er wieder in Madrid. Mit noch weniger Geldsorgen und mehr Freiheiten zu tun, worauf er Lust hat. Und lass uns wetten, er wird im Verein anheuern und diesem weiterhin treu bleiben.