Fans, die hauptsächlich die Bundesliga schauen, kriegen vor allem die internationalen Spiele mit, in denen deutsche Teams spielen. Wenn dann was schiefgeht oder eine Entscheidung gegen das deutsche Team fällt, ist das Geschrei groß. Aber das ist nicht nur bei uns so. In Spanien, wo die Leute hauptsächlich La Liga verfolgen, sieht man das genau so: Sobald ein spanisches Team in der Champions League oder in der Europa League spielt, sind alle Augen darauf gerichtet, und jede strittige Entscheidung wird heiß diskutiert.
Das führt dazu, dass viele Fans glauben, ihre Ligen oder Teams würden international benachteiligt. Das ist aber eine ziemliche Verzerrung der Realität, weil wir eben meist nur die Spiele und Entscheidungen wahrnehmen, die unsere Favoriten betreffen. Wir sehen nicht jede Fehlentscheidung in jedem Spiel – nur die, die uns direkt berühren. Es gibt keine objektiven Statistiken, die diese Theorien stützen. Kein Vergleich wird herangezogen oder Ähnliches. Es verbleibt dieser Eindruck, aufgrund einer sehr eingeschränkten Wahrnehmung. Würde man genauso intensiv und emotional die Spiele der anderen Mannschaften verfolgen, würde man ganz schnell feststellen, dass nicht die Türken benachteiligt werden, weil sie ein islamisches Land haben oder die Deutschen wegen der Nazis usw.
Am Ende des Tages spielt besonders die Qualität der Schiedsrichter eine bedeutende Rolle. Viel zu viele Fehlentscheidungen werden auf hohem Niveau getroffen. Als die Bayern gegen Galatasaray spielten, wurden sie hinsichtlich der Fehlentscheidungen bzw. des Nichteingreifens durch den Schiedsrichter klar bevorzugt. Hinzu kommt, dass generell Schiedsrichter sich eher trauen, kleine Teams zu bestrafen. Die kleinen Teams, die ihrerseits auch häufiger Fehler machen, weil sie zumeist weniger Ballbesitz haben und mehr verteidigen müssen, aber auch weniger Qualität haben und dadurch nicht immer die richtigen Entscheidungen treffen. Auch ohne Ball.
Real ist schlussendlich ein besonderer Fall. Sie spielen die meisten wichtigen Spiele in der Champions League und geraten dadurch besonders in den Fokus. Sie haben über die Jahre hinweg konstant ihr Niveau gehalten und damit auch fast durchgängig mehr Qualität als ihre Gegner. Wenn eine solche Mannschaft Jahr für Jahr gegen Mannschaften aus allen Ligen Europas dominiert bzw. es schaftt, eine Runde weiterzukommen oder gar das Finale zu gewinnen, dann häufen sich nun einmal aufgrund der Anzahl der Spiele auch die Anzahl der Fehlentscheidungen. Wenn du dann auch noch als das erfolgreiche Team aus einer Begegnung gehst, dann spricht niemand mehr über die Fehlentscheidungen, die zu deinen Lasten getroffen wurden, weil auch deine Fans nur noch an das nächste Spiel denken. In der gesamten CL Saison 2022 gab es nur eine diskutable Entscheidung zu Gunsten Madrids. Dies fließt aber in keine Bewertung mit ein, weil sich negative Ereignisse besser einbrennen. In dieser Saison in zwei Spielen gegen City, den Turnierfavoriten, gab es keine Fehlentscheidungen. Komplett irrelevant für alle. Dabei wäre es doch besonders nachvollziehbar, wenn Perez gerade den Schiedsrichter aus der Partie gegen City besticht und nicht den gegen Leipzig oder Bayern. Der übrigens sogar ein reguläres Real Tor erst aberkannte. Wie kann so jemand dann pro Real sein? Daher geht die Diskussion in eine total falsche Richtung. Der Fokus wird auf Madrid gelenkt, statt auf die Qualität der Schiedsrichter. Statt dass man die Regeln klarer formuliert und dafür sorgt, dass die Schiedsrichter weniger unterschiedlich pfeifen, dass man Kommitees und Pflichtveranstaltungen vor Saisonbeginn fordert, damit in der CL einheitlicher gepfiffen wird, lenkt man den Fokus auf den bösen Perez. Den Perez, der übrigens im Krieg mit der UEFA ist und angeblich Jahr für Jahr von dem Verband bevorzugt wird, den Perez versucht durch die Einführung der Super League auszuschalten.
Wenn du also Jahr für Jahr Mannschaften aus allen Top Ligen aus der CL kickst, dann gibt es immer mehr Fans, die sich benachteiligt fühlen. Dadurch entsteht ein besonderer Fokus und man beäugt Situationen in den Spielen Madrids noch kritischer als man es in anderen Spielen tun würde. Weil man bereits in der Vergangenheit sich betrogen fühlte. Ein Bayern, das im entscheidenden Spiel von 114 Minuten 105 Minuten klar unterliegt, hinterfragt sich selbst null und setzt den Fokus einmal mehr auf Real Madrid und wird auch in Zukunft noch kritischer bei Entscheidungen für und gegen Madrid sein als bei anderen Spielen.
Während die Deutschen sich also international stark benachteiligt fühlen, weil sie immer wieder an Madrid scheitern, fühlten sie sich nicht bevorzugt, als Mbappé von Dortmunds letzten Mann zu Boden gerissen wird. Das ist übrigens eine klare Rote, über die niemand spricht. Und ein klarer Elfmeter. Deutlich mehr Elfmeter als der, den AS Rom gestern zugesprochen bekommen hat. Und auch den hat man zurecht geben. Wenn man also neutral wäre, dann würde man feststellen, dass Dortmund jetzt mit einem Spieler im Finale auftreten darf, der eigentlich gesperrt sein sollte. Und ich bin alles andere als pro PSG.
Wir werden also die Welt nicht retten und die Darstellung Madrids in der Öffentlichkeit nicht ändern können. Es gibt viel zu viele verletzte Fangruppen, die lieber Hass schüren und einen Schuldigen suchen anstatt die eigene Leistung zu hinterfragen.