Auf was achten die Trainer bei ihren Kindern?
Bei unserer Anwesenheit während der Turniere (U-8 und U-10) und Matches (U-13 und U-17, Juvenil A) wurde uns klar das die Trainer in Valdebebas auf ganz andere Dinge ihr Hauptaugenmerk legen als wir es tun. Bei uns wird die Philosophie vertreten den Ball anzunehmen, sofort eine Anspielstation zu finden und diese mit einem sauberen Pass zu bedienen. Es wird darauf geachtet Zweikämpfen entweder so sofort aus dem Weg zu gehen oder diese mit Ball "auszuweichen" in dem man sich den freien Raum sucht und dorthin dribbelt.
In Valdebebas lässt man den Kindern mehr Freiheiten, man MÖCHTE das die Kinder in die Zweikämpfe gehen und diese auch annehmen. Praktisch jeder Spieler der in Ballbesitz kommt soll selbst entscheiden was er tun möchte - fast keiner entscheidet sich sofort für einen Pass. Dies geht natürlich Hand in Hand mit den Trainingsmethoden welche auf das technische Spiel ausgelegt sind, sehr überraschend dabei war für mich jedoch das sich die Kinder die nicht in Ballbesitz waren sehr gut ohne Ball bewegten und eigentlich ständig auch den Ball forderten. Das zeigt gleichzeitig auch auf wie gut diese Trainingsmethoden funktionieren! Im Gegenzug möchte die gegnerische Mannschaft auch auf Fehler hinarbeiten indem man kollektiv versucht sofort auf den Ballführenden zu gehen. Es war überraschend zu sehen wie wenig Fehler schon in der U-8 bspw gemacht werden, sehr wenig überhastete Aktionen wie zB Fehlpässe durch Druck, Ballverluste wegen nicht angenommenen Zweikampfverhalten.
Man ist praktisch darauf bedacht den Kindern den größten Spaß am Fußball nicht nur so gut es geht, sonder komplett zu überlassen - Zweikämpfe und Torerfolg. Man sieht dann in der U-10 schon recht gut die Teilerfolge die erzielt wurden:
Die Kids spielen selbstbewusst und Ballsicher, auch wenn Fehler vorkommen so werden diese von den Trainern nicht als schlimm angenommen.
Die Kids spielen ab der U-10 vermehrt über die Flanken so das es sehr häufig zu Situationen kommt wo die Außenspieler Zweikämpfe führen und danach versuchen im Strafraum einen Abnehmer für ihren Ball zu finden.
Es wird schon des öfteren versucht Dreiecke am Platz zu bilden um immer wieder neue Anspielstationen zu haben, allerdings werden diese nicht so oft genutzt wie in unseren heimischen Mannschaften da die Kinder gerne Finten einbauen und den Gegner täuschen.
Desweiteren stachen 3 allgemeine Dinge ins Auge die bei uns auch anders sind:
Es gibt einen FIXEN Torwart - bei uns wird die Philosophie vertreten bis zur U-12 auf einen fixen Torhüter zu verzichten, d.h. jeder Spieler soll einmal ins Tor.
Die Spiele werden ab den kleinsten Mannschaften gewertet, der Spielstand wird sogar an den Anzeigentafeln eingeblendet - bei uns ist bis zur U-10 nirgendwo ein Ergebnis zu finden.
Es wird von den kleinsten Teams weg mit 1 Torwart und 8 (!!) Feldspielern auf die BREITE des Spielfeldes gespielt - bei unseren Turnieren sieht das wie folgt aus:
U-7 & U-8: 1 Torwart, 5 Feldspieler auf ein kleines, begrenztes Spielfeld
U-9 & U-10: 1 Torwart, 6 Feldspieler auf ein Feld das von der Grundlinie bis zur Mittellinie geht
Für mich sind das 3 sehr markante Punkte.
Über den fixen Torwart lässt sich streiten, ich vertrete die Meinung das die Kinder die von Anfang an sagen sie möchten gerne Torwart sein das auch spielen sollen. In Teams wie jenes in Madrid wird man sich wohl bewusst sehr früh auf fixe Torhüter festlegen.
Die Wertung der Spiele finde ich sehr gut da den Kindern von Beginn weg gezeigt wird das es sich um einen Wettbewerb handelt - welcher aber Spaß macht.
Die Anzahl der Spieler und die Größe des Spielfeldes fand ich sehr beeindruckend, durch die große Anzahl an Spielern hat man - trotz mehr Raum da das Spielfeld auf die Breite gespielt wird - weniger Platz und muss sich schneller orientieren. Dieser Prozess wird über JAHRE hinweg durchgeführt und ist bestimmt auch einer der Hauptgründe warum die Jugend sich gerade im höheren Alter so viel schneller weiterentwickelt wie in anderen Teams zB bei uns in Österreich.
Der große Bruch kommt nämlich in der U-13, hier ist der Unterschied in den Spielen sehr groß zwischen jenen in Madrid und unseren in Graz. Das Spiel ist schneller und technisch viel besser, die Kids hatten über Jahre hinweg mit einer viel höhere Anzahl an Mit- und Gegenspielern gearbeitet und wurden somit viel mehr gefordert als die Kinder bei uns. Welch eine Entwicklung dahinter steckt könnte man nur mit Videos genauer zeigen, in Graz und bspw Wien wird zwar auch hohes Niveau geboten jedoch kommt man auf keinen Fall an jene in Valdebebas ran. Man muss wohl neidlos anerkennen das der spanische Weg perfekt zur Kultur passt und die Schere ab diesem Alter anfängt weit auseinander zu gehen, nicht weil das Wunderkinder sind die in Madrid rumlaufen sondern weil das Training und die Philosophie auf andere Dinge ausgelegt sind und diese Praxis sich über Jahre hinweg einfach als die bessere herausstellt. So gewährleistet man eine hohe Anzahl an überdurchschnittlich guten Fußballern und großen Talenten.
An dieser Stelle mache ich kurz Halt, in den nächsten 2-3 Wochen werde ich dieses Kapitel noch erweitern mit dem Thema
Sichtungstraining in Madrid
Sollte(n) Interesse an mehr bestehen/Fragen offen sein/nähere Erläuterung gewisser Dinge nötig sein könnt ihr gerne losschießen. Verbesserungen, Fehlerbehebung und Diskussionen erwünscht