Reportage

Dem Weltverein nicht gewachsen

Asier Illarramendi verlässt Real Madrid – mit der Erkenntnis, gescheitert zu sein. Zwar stand der baskische Mittelfeldspieler in rund 40 Prozent aller Pflichtspiele der letzten beiden Spielzeiten auf dem Platz, nutzen konnte er seine Chancen jedoch nicht. Es geht ein Reservist. Jemand, für den der Weltverein aus der spanischen Hauptstadt eine Nummer zu groß war.

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Asier Illarramendi
Asier Illarramendi wechselte am Mittwoch für rund 17 Mio. Euro zurück zu Real Sociedad

Chancen erhielt „Illarra“ reichlich

MADRID/SAN SEBASTIÁN. „Dass es schwer wird, ist klar, aber ich werde es zumindest versuchen.“ Das waren eine der ersten Worte, die Asier Illarramendi verlor, als er am 13. Juli 2013 im altehrwürdigen Estadio Santiago Bernabéu als Neuzugang von Real Madrid vorgestellt wurde. Kurz zuvor wechselte der zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alte Baske offiziell von dem Klub, bei dem er geliebt wurde an die Adresse, an der er sich erst noch beweisen musste. „Man muss sich im Leben neuen Herausforderungen stellen“, meinte „Illarra“, wie man ihn in Spanien abkürzend nennt, damals jedoch ambitioniert und selbstbewusst.

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Etwa 25 Monate später muss sich der Mittelfeldspieler aber eingestehen, dass er nicht imstande war, diese Herausforderung zu meistern. Auch, wenn es fraglos eine große war. Am Mittwoch wurde offiziell: Der Baske, der die Königlichen noch vor zwei Jahren samt Steuerzahlungen satte 38,9 Millionen Euro kostete und damit der teuerste Spanier in der Vereinsgeschichte ist, kehrt zu Real Sociedad zurück – mit der Erkenntnis, an der Concha Espina gescheitert zu sein.

Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Saison unter Carlo Ancelotti gelang es Illarramendi nie, über einen längeren Zeitraum Pflichtspiel für Pflichtspiel in der Startformation zu stehen. Und dennoch bringt er es zu seinem Abschied auf eine Bilanz, die man nicht unbedingt erwartet hätte: Von insgesamt 119 Partien absolvierte der nun ehemalige Merengue immerhin 90, stand dabei im Wettkampf 4.233 Minuten lang auf dem Rasen. Möglich gewesen wären unterm Strich 10.710 Minuten. Bedeutet: Zu etwa 40 Prozent kam „Illarra“ zum Einsatz. Fast jedes zweite Spiel.

Zu schüchtern, zu zurückhaltend, zu unspektakulär

Zum Verhängnis wurde dem inzwischen 25-Jährigen scheinbar unter anderem auch das eigene Wesen – nicht nur in spielerischer Hinsicht, sondern auch mit Blick auf die Persönlichkeit. Illarramendi erwies sich als zurückhaltender und schüchterner Akteur. Auf und neben dem Platz. Als jemand, der seinen Aufgaben nachkommt, ohne dabei zu glänzen. Ein Spieler, der kein Lautsprecher war und dem das gewisse Etwas fehlte. Doch gerade das will man im Bernabéu-Stadion bekanntlich vor Augen geführt bekommen. Zu unspektakulär für eine Mannschaft, in der „Galácticos“ gerne gesehen werden. Seine Ablösesumme war galaktisch, er selbst alles andere als das. Stattdessen nahm er es dann und wann als „Badman“ verkleidet mit einem Stier auf oder ritt ein Pony.

Den Glamour-Faktor Real Madrids erfüllte er damit genauso wenig wie die sportlich hohen Erwartungen. Die Saison 2012/13 beendete Illarramendi noch als bester defensiver Mittelfeldspieler der Primera División, konnte dieser Auszeichnung in der Hauptstadt allerdings nicht gerecht werden. Ähnlich erging es einem gewissen Nuri ?ahin, der zwei Jahre zuvor als bester Spielgestalter der Bundesliga zu den Blancos wechselte und dort einen tiefen Fall erlebte anstatt mit Leistungen zu rechtfertigen, warum man ihn holte.

Besaß Asier Illarramendi die nötige Qualität für Real Madrid?

In „Illarras“ Fall zog das nebenbei übrigens auch nach sich, dass er zu den wenigen gehörte, denen eine Einladung zur spanischen A-Nationalmannschaft stets verwehrt blieb. Während ein Isco längst zum Stamm der „Selección“ gehört, sah sich Illarramendi Länderspiele bislang nur im heimischen Wohnzimmer im Fernsehen an. Zur Erinnerung: 2013 wurden sie beim EM-Triumph beide noch als U21-Helden gefeiert und schließlich vom Weltverein verpflichtet. Doch vielleicht wird es mit der Landesauswahl im Dress Sociedads ja noch etwas. Das der Madrilenen war ihm jedenfalls eine Nummer zu groß…

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

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