
Der traurige Abschied
MADRID. Er verabschiedete sich – für immer. Trauer und Stille herrschten um das Estadio Santiago Bernabéu herum, als der legendäre Alfredo Di Stéfano am 7. Juli an den Folgen jahrelanger Herzprobleme im Alter von 88 Jahren verstarb. „Wir werden ihn für immer in Erinnerung behalten“, rühmte Präsident Florentino Pérez „la Saeta Rubia“ unter Tränen. Den Mann, der Real Madrid in früheren Jahrzehnten zu Glanz und Gloria verhalf. Fünfmal in Serie wurde das weiße Ballett zwischen 1956 und 1960 mit dem zur damaligen Zeit besten Fußballer der Welt Europapokalsieger. Im größten europäischen Wettbewerb waren es für den Verein zugleich auch die Titel eins bis fünf.
Am 24. Mai 2014 landete Carlo Ancelottis Team Triumph Nummer zehn. Der Traum von „la Décima“ wurde endlich Realität. Zwölf Jahre dauerte es. Für die Madrilenen eine Ewigkeit. Auf den Champions-League-Sieg im Jahr 2002 folgten elf Spielzeiten voller Leid, Schmerz und Misserfolg. Etwas, was mit Reals Selbstverständnis nicht vereinbar ist, schließlich ist es an der Concha Espina seit eh und je Pflicht, das Maximum an Erfolgen erreichen zu wollen. Alles andere gleicht einer Niederlage – auch zweite Plätze.
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Rückkehr auf den europäischen Thron
An jenem Final-Tag liefen die Merengues Gefahr, eine besonders bittere Pleite einstecken zu müssen. In Form von Diego Godín ging Gegner Atlético nach 36 Minuten in Führung, woraufhin Sergio Ramos Real in der dritten Minute der Nachspielzeit per Kopf das 1:1 bescherte und in die Verlängerung rettete. Der Rest der Geschichte ist ebenfalls bekannt: 2:1 durch Gareth Bale (110.), 3:1 durch Marcelo (118.), 4:1 durch Cristiano Ronaldo (120.).
Eine Aufholjagd, die ihresgleichen sucht. „Real Madrid gibt bis zur letzten Sekunde alles“ – wer diese nicht selten vorkommende Aussage für eine Plattitüde hielt, sah sich just in dem Moment, als Ramos das Leder über die Linie beförderte, getäuscht. Es war Reals Geist, die Sieger-Mentalität, die Iker Casillas den Henkelpott letztlich in Lissabons Nachthimmel stemmen ließ. Eine Mentalität, die in Di Stéfanos Zeit geschaffen wurde. „Alfredo lehrte uns, dass man niemals aufgeben darf“, schreibt Pérez dem Argentinier noch heute einen gewissen Verdienst am historischen zehnten Titel zu. Es war das allerletzte Mal, dass „Don Alfredo“ seine Königlichen spielen sah. 44 Tage später ging er – für immer.
Alfredo Di Stéfano ist Real Madrid Florentino Pérez
Alfredo Di Stéfano am 12. Juni 1956 in Paris
Europapokalsieg 1957! Di Stéfano (r.) und Raymond Kopa mit der Trophäe in der Hand. Es sollte der zweite von insgesamt fünf europäischen Erfolgen in Serie sein.
Goldene Generation: Kopa, Rial, Di Stéfano, Ferenc Puskas und Francisco Gento (v. l. n. r.).
26. August 1963: Di Stéfano während eines Interviews.
Ein Sprung in die Zukunft: Real Madrid wird am 15. Dezember 2000 von der FIFA zum besten Fußballverein des 20. Jahrhundert ernannt. Di Stéfano nimmt die Auszeichnung, die mittlerweile im Museum der Königlichen bestaunt werden kann, als Ehrenpräsident in Empfang.
Di Stéfano am 14. Januar 2001 mit Ballon d’Or-Gewinner Luís Figo.
9. Juli 2001: Di Stéfano wohnt der Präsentation des damals teuersten Fußballers aller Zeiten, Zinédine Zidane (73,5 Millionen Euro Ablöse), bei.
Der nächste Galaktische: Di Stéfano am 2. September 2002 gemeinsam mit Stürmer-Legende Ronaldo.
Legenden-Foto: Figo, Di Stéfano, Ronaldo, Zidane und so mancher Goldene Ball.
Noch mehr Glamour in Madrid: David Beckham wird am 2. Juli 2003 als Neuzugang präsentiert. Ganz zur Freude von Di Stéfano.
19. Januar 2006: Di Stéfano beim Verlassen eines Krankenhauses in Valencia nach einer Operation am Herzen.
9. Mai 2006: Das Estadio Alfredo Di Stéfano auf dem Trainingsgelände der Königlichen wird eröffnet.
Zidane und Co. weihen es mit einer Partie gegen Stade de Reims ein und gewinnen 6:1.
Legenden unter sich: Raúl und Di Stéfano.
Der Eingang des Stadions, in dem die zweite Mannschaft Real Madrids, die aktuell von Zidane trainiert wird, ihre Spiele austrägt.
Di Stéfano am 28. Juli 2006 mit Holland-Torjäger Ruud van Nistelrooy.
15. November 2006: Na, wer ist der junge Kerl rechts? Richtig, Marcelo! Damals schlanke 18 Jahre alt, während Di Stéfano 80 Länze zählte.
Di Stéfano mit dem deutschen Real-Coach Bernd Schuster.
…und dem deutschen Verteidiger Christoph Metzelder bei dessen Vorstellung als neuer Blanco. „Ein trauriger Tag für alle Madridistas. Eine Legende, der Ehrenpräsident von Real Madrid, Alfredo di Stéfano, ist gestorben. Ruhe in Frieden, Don Alfredo!“, schrieb der 33-Jährige am Todestag Di Stéfanos.
Di Stéfano und Pepe am 12. Juli 2007. Gute sieben Jahre kannten sie sich persönlich.
UEFA-Präsident Míchel Platini herzt Di Stéfano.
Ein stolzer Präsident mit der Legende: Florentino Pérez und Di Stéfano.
30. Juni 2009: Kaká wird als neuer Superstar vor Zehntausenden vorgestellt, Di Stéfano ist einer davon.
Kaká spricht, Di Stéfano lauscht.
Am 6. Juli 2009 kommen 80.000, um Cristiano Ronaldo zu sehen. Di Stéfano ebenso erneut.
Drei Tage später, am 9. Juli 2009: Real stellt seinen neuen Torjäger Karim Benzema vor. Er tritt auch in die Fußstapfen eines Di Stéfano. Als dieser verstarb, schrieb der Franzose: „Lebe wohl Don Alfredo und danke für alles!“
Die wohl besten Argentinier aller Zeiten: Di Stéfano, Lionel Messi und Diego Armando Maradona.
Di Stéfano hatte das Lachen trotz seiner Herzprobleme nie verloren.
Di Stéfano war nicht nur elf Jahre Spieler der Blancos und bis zum Tode 14 Jahre Ehrenpräsident, sondern zweimal auch Trainer: von 1982 bis 1984 sowie 1990/91.
Alfredo Di Stéfano: Eine wahre Legende, die die Welt verlor.
Eusébio verstarb am 5. Januar 2014, gute sechs Monate später folgte ihm Di Stéfano in den Himmel. Beide Legenden waren Vorbilder für Cristiano Ronaldo und sind es weiterhin.
Netter Plausch zwischen Di Stéfano, Pérez und Iker Casillas auf der Buch-Präsentation des Torhüters am 1. Dezember 2011.
Alfredo Di Stéfano wurde 88 Jahre alt.
…seit 2005 trug er einen Herzschrittmacher, erlebte immer wieder Höhen und Tiefen.
So geschichtsträchtig das Endspiel für den Madridismo war, so geschichtsträchtig war auch schon das Halbfinale. Nach einem 1:0-Erfolg im Hinspiel demontierte der spanische Rekordmeister den FC Bayern München in dessen Stadion und siegte mit 4:0. Bereits nach diesen K.o.-Spielen schien eine Wachablösung in Europa besiegelt. „Du gewinnst nicht 4:0 in München, wenn es nicht dein Jahr ist. ‚La Décima‘ konnte uns nicht mehr aus den Händen gleiten“, wusste Ancelotti bereits nach dem Abpfiff in der Allianz Arena.
Zeitenwende auch in Spanien
Die Zeiten haben sich geändert – auch auf nationalem Terrain. Zwar blieb den Madrilenen die spanische Meisterschaft im Jahr 2014 zum zweiten Mal am Stück verwehrt, doch während sich Atlético nach seiner Jahrhundert-Saison wieder knapp hinter den beiden Schwergewichten einordnet, scheint die Hegemonie des FC Barcelona inzwischen voll und ganz der Vergangenheit anzugehören.
Bevor man die Champions League gewann, gelang im Finale der Copa del Rey ein 2:1-Erfolg über den Erzfeind, bei dem Gareth Bale mit seinem alles entscheidenden Treffer längst einen Platz in den Geschichtsbüchern sicher hat. Gefeiert hat das weiße Ballett auch Ende Oktober, als sich Barça im Bernabéu nach Führung mit 1:3 geschlagen geben musste und die Tabellenspitze wenig später an die Truppe aus der Hauptstadt verlor. Während Lionel Messi und Co. auf der Suche nach sich selbst sind und das Jahr ohne jeden Titel abschließen, dominieren die Königlichen nach Belieben. Egal, in welchen Wettbewerb. Egal, gegen welchen Gegner. Es ist vielmehr ein eingeschworenes Team, das Ancelotti besitzt, als eine Ansammlung von Superstars, deren individuelles Abschneiden an erster Stelle steht. Die Spieler bezeichnen ihre Mannschaft als Familie. Auf eine unglaubliche Serie von 22 gewonnenen Partien können sie so aktuell zurückblicken. Der Vereinsrekord lag bei 15. Die letzte Schlappe resultiert aus dem September.
Real Madrid wird seinem Anspruch gerecht
So ist es auch wenig verwunderlich, dass in der laufenden Spielzeit schon zwei Titel den Weg in Real Madrids Vitrinen fanden. Sowohl im Finale des UEFA Super Cups als auch bei der FIFA Klub-Weltmeisterschaft wurde man der Rolle als Favorit gerecht und triumphierte – obwohl den Klub mit Ángel Di María und Xabi Alonso im Transfer-Sommer gleich zwei wesentliche Bestandteile der „Décima“-Elf verließen. Die Aufruhr war groß. Fans und Medien sorgten sich, sahen den Zyklus, von dem Ancelotti nach dem Champions-League-Sieg sprach, bereits am Ende. Die Zeit bewies allerdings, dass der erfahrene italienische Fußball-Lehrer in der Lage ist, den Erfolg auf beeindruckende Art und Weise auch ohne einen Di María und ohne einen Alonso aufrecht zu erhalten. Mit „Carletto“ an der Seitenlinie spielte Real Madrid 2014 das beste Jahr in seiner ruhmreichen Geschichte! In 112 Jahren beendete man ein Kalenderjahr nie mit vier gewonnenen Trophäen. 51 Siege und 178 Tore aus 63 Pflichtspielen gab es ebenfalls noch nie für ein spanisches Team!
Ein einzigartiges Jahr, das jedoch noch glorreicher hätte werden können. Mit der Liga und der Supercopa de España verpasste Real zwei weitere Titel. Die Merengues wurden sich und ihrem Anspruch nichtsdestotrotz gerecht. Real Madrid hat den Gipfel des Weltfußballs erklommen. Real Madrid wäre aber nicht Real Madrid, wenn man dort nicht bleiben möchte. Die Intention des berühmtesten Vereins der Welt wird auf ewig dieselbe sein: alles gewinnen, was gewonnen werden kann. Mehr. Immer mehr. Die Hoffnung auf weitere glanzvolle Jahre wie 2014 scheint berechtigt. „Das Team besitzt eine beeindruckende Qualität und ist jung. Es hat noch fünf oder sechs Jahre vor sich“, ist sich Ikone Míchel Salgado sicher…
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