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Den Gipfel erklommen

Kaum Misserfolg, viel Erfolg. Das Jahr 2014 – es war atemberaubend, spektakulär, das mit vier Titeln beste der Vereinsgeschichte. Für Trainer Carlo Ancelotti „der Anfang eines Zyklus“. Real Madrid hat sich nach einem gänzlich erfolglosen Jahr 2013 beeindruckend zurückgemeldet und den Gipfel des Weltfußballs erklommen. REAL TOTAL blickt zurück.

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Iker Casillas
Es ist vollbracht! 2014 sollte das Jahr von „la Décima“ werden

Der traurige Abschied

MADRID. Er verabschiedete sich – für immer. Trauer und Stille herrschten um das Estadio Santiago Bernabéu herum, als der legendäre Alfredo Di Stéfano am 7. Juli an den Folgen jahrelanger Herzprobleme im Alter von 88 Jahren verstarb. „Wir werden ihn für immer in Erinnerung behalten“, rühmte Präsident Florentino Pérez „la Saeta Rubia“ unter Tränen. Den Mann, der Real Madrid in früheren Jahrzehnten zu Glanz und Gloria verhalf. Fünfmal in Serie wurde das weiße Ballett zwischen 1956 und 1960 mit dem zur damaligen Zeit besten Fußballer der Welt Europapokalsieger. Im größten europäischen Wettbewerb waren es für den Verein zugleich auch die Titel eins bis fünf.

Am 24. Mai 2014 landete Carlo Ancelottis Team Triumph Nummer zehn. Der Traum von „la Décima“ wurde endlich Realität. Zwölf Jahre dauerte es. Für die Madrilenen eine Ewigkeit. Auf den Champions-League-Sieg im Jahr 2002 folgten elf Spielzeiten voller Leid, Schmerz und Misserfolg. Etwas, was mit Reals Selbstverständnis nicht vereinbar ist, schließlich ist es an der Concha Espina seit eh und je Pflicht, das Maximum an Erfolgen erreichen zu wollen. Alles andere gleicht einer Niederlage – auch zweite Plätze.

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Rückkehr auf den europäischen Thron

An jenem Final-Tag liefen die Merengues Gefahr, eine besonders bittere Pleite einstecken zu müssen. In Form von Diego Godín ging Gegner Atlético nach 36 Minuten in Führung, woraufhin Sergio Ramos Real in der dritten Minute der Nachspielzeit per Kopf das 1:1 bescherte und in die Verlängerung rettete. Der Rest der Geschichte ist ebenfalls bekannt: 2:1 durch Gareth Bale (110.), 3:1 durch Marcelo (118.), 4:1 durch Cristiano Ronaldo (120.).

Eine Aufholjagd, die ihresgleichen sucht. „Real Madrid gibt bis zur letzten Sekunde alles“ – wer diese nicht selten vorkommende Aussage für eine Plattitüde hielt, sah sich just in dem Moment, als Ramos das Leder über die Linie beförderte, getäuscht. Es war Reals Geist, die Sieger-Mentalität, die Iker Casillas den Henkelpott letztlich in Lissabons Nachthimmel stemmen ließ. Eine Mentalität, die in Di Stéfanos Zeit geschaffen wurde. „Alfredo lehrte uns, dass man niemals aufgeben darf“, schreibt Pérez dem Argentinier noch heute einen gewissen Verdienst am historischen zehnten Titel zu. Es war das allerletzte Mal, dass „Don Alfredo“ seine Königlichen spielen sah. 44 Tage später ging er – für immer.

Alfredo Di Stéfano ist Real Madrid Florentino Pérez

So geschichtsträchtig das Endspiel für den Madridismo war, so geschichtsträchtig war auch schon das Halbfinale. Nach einem 1:0-Erfolg im Hinspiel demontierte der spanische Rekordmeister den FC Bayern München in dessen Stadion und siegte mit 4:0. Bereits nach diesen K.o.-Spielen schien eine Wachablösung in Europa besiegelt. „Du gewinnst nicht 4:0 in München, wenn es nicht dein Jahr ist. ‚La Décima‘ konnte uns nicht mehr aus den Händen gleiten“, wusste Ancelotti bereits nach dem Abpfiff in der Allianz Arena.

Zeitenwende auch in Spanien

Die Zeiten haben sich geändert – auch auf nationalem Terrain. Zwar blieb den Madrilenen die spanische Meisterschaft im Jahr 2014 zum zweiten Mal am Stück verwehrt, doch während sich Atlético nach seiner Jahrhundert-Saison wieder knapp hinter den beiden Schwergewichten einordnet, scheint die Hegemonie des FC Barcelona inzwischen voll und ganz der Vergangenheit anzugehören.

Bevor man die Champions League gewann, gelang im Finale der Copa del Rey ein 2:1-Erfolg über den Erzfeind, bei dem Gareth Bale mit seinem alles entscheidenden Treffer längst einen Platz in den Geschichtsbüchern sicher hat. Gefeiert hat das weiße Ballett auch Ende Oktober, als sich Barça im Bernabéu nach Führung mit 1:3 geschlagen geben musste und die Tabellenspitze wenig später an die Truppe aus der Hauptstadt verlor. Während Lionel Messi und Co. auf der Suche nach sich selbst sind und das Jahr ohne jeden Titel abschließen, dominieren die Königlichen nach Belieben. Egal, in welchen Wettbewerb. Egal, gegen welchen Gegner. Es ist vielmehr ein eingeschworenes Team, das Ancelotti besitzt, als eine Ansammlung von Superstars, deren individuelles Abschneiden an erster Stelle steht. Die Spieler bezeichnen ihre Mannschaft als Familie. Auf eine unglaubliche Serie von 22 gewonnenen Partien können sie so aktuell zurückblicken. Der Vereinsrekord lag bei 15. Die letzte Schlappe resultiert aus dem September.

111 Gründe, Real Madrid zu lieben

Real Madrid wird seinem Anspruch gerecht

So ist es auch wenig verwunderlich, dass in der laufenden Spielzeit schon zwei Titel den Weg in Real Madrids Vitrinen fanden. Sowohl im Finale des UEFA Super Cups als auch bei der FIFA Klub-Weltmeisterschaft wurde man der Rolle als Favorit gerecht und triumphierte – obwohl den Klub mit Ángel Di María und Xabi Alonso im Transfer-Sommer gleich zwei wesentliche Bestandteile der „Décima“-Elf verließen. Die Aufruhr war groß. Fans und Medien sorgten sich, sahen den Zyklus, von dem Ancelotti nach dem Champions-League-Sieg sprach, bereits am Ende. Die Zeit bewies allerdings, dass der erfahrene italienische Fußball-Lehrer in der Lage ist, den Erfolg auf beeindruckende Art und Weise auch ohne einen Di María und ohne einen Alonso aufrecht zu erhalten. Mit „Carletto“ an der Seitenlinie spielte Real Madrid 2014 das beste Jahr in seiner ruhmreichen Geschichte! In 112 Jahren beendete man ein Kalenderjahr nie mit vier gewonnenen Trophäen. 51 Siege und 178 Tore aus 63 Pflichtspielen gab es ebenfalls noch nie für ein spanisches Team!

Ein einzigartiges Jahr, das jedoch noch glorreicher hätte werden können. Mit der Liga und der Supercopa de España verpasste Real zwei weitere Titel. Die Merengues wurden sich und ihrem Anspruch nichtsdestotrotz gerecht. Real Madrid hat den Gipfel des Weltfußballs erklommen. Real Madrid wäre aber nicht Real Madrid, wenn man dort nicht bleiben möchte. Die Intention des berühmtesten Vereins der Welt wird auf ewig dieselbe sein: alles gewinnen, was gewonnen werden kann. Mehr. Immer mehr. Die Hoffnung auf weitere glanzvolle Jahre wie 2014 scheint berechtigt. „Das Team besitzt eine beeindruckende Qualität und ist jung. Es hat noch fünf oder sechs Jahre vor sich“, ist sich Ikone Míchel Salgado sicher… 

https://www.youtube.com/watch?v=0vI6kWsG6ok

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

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