Einzelkritik

Die Hinrunden-Zeugnisse 2016/17: Mittelfeld

Zweite Ausgabe der Halbjahrszeugnisse von REAL TOTAL: Nach dem Ende der Hinrunde erhielten am Sonntag Reals Torhüter und Abwehr ihre Zwischennoten, nun ist das königliche Mittelfeld an der Reihe.

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SEVILLE, SPAIN - JANUARY 15: Team of Real Madrid CF pose for a picture during the La Liga match between Sevilla FC and Real Madrid CF at Estadio Ramon Sanchez Pizjuan on January 15, 2017 in Seville, Spain. (Photo by Aitor Alcalde/Getty Images)
Zweiter Teil der Hinrunden-Zeugnisse: Reals Mittelfeld – Foto: Aitor Alcalde/Getty Images

Mittelfeld

Toni Kroos

Einsätze: 26
Einsatzminuten: 2.180
Tore / Assists: 1 / 10
Bälle erobert: 134 (5,5 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 1.695 (70 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 22 (0,9 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,75

Er ist das Metronom des madrilenischen Spiels, der Architekt und unumstrittene Stratege. Wenn Toni Kroos aufläuft, führt Reals Angriffsspiel nur über den Weltmeister. 70 angekommene Pässe pro 90 Minuten sind genauso unangefochtener Top-Wert wie zehn Assists, von denen ein Großteil aus den perfekt getretenen Standards des Greifswalder resultierten. Seitdem Casemiro hinter dem Deutschen als Abräumer agiert, kann sich der 27-Jährige vermehrt auf das offensive Pressen und Anlaufen konzentrieren, was sowohl dem Spiel des Weltmeisters selbst als auch dem der Blancos zugute kommt. Erstaunlich: Was das Kreiieren von Chancen im Liga-Betrieb anbelangt (Assists und Key-Pässe), kann im Kader der Madrilenen kein Spieler der Nummer 8 auch nur annähernd das Wasser reichen, nicht einmal Luka Modrić (zum Vergleich: Kroos: 46, Modrić: 18). Der deutsche Nationalspieler startete famos in das neue Spieljahr und konnte die starke Form der Rückrunde der vorangegangenen Saison sowie der EM ohne große Schwierigkeiten in die neue Spielzeit retten und war bis zu seinem Haarriss im Mittelfuß der absolute Dominator im Mittelfeld. Nach der verletzungsbedingten Pause benötige der zweifache Vater allerdings ein wenig Eingewöhnungszeit und wirkte in den ersten Spielen nach seiner Rückkehr ein wenig fahrig und ließ besonders die Handlungsschnelligkeit vermissen, die ihn sonst so auszeichnet. Bei seinem bombastischen Auftritt gegen Málaga (2:1) erinnerte Kroos jedoch wieder an die berauschenden Auftritte von Anfang der Saison. 

Carlos Casemiro

Einsätze: 17
Einsatzminuten: 1.453
Tore / Assists: 1 / 0
Bälle erobert: 120 (7,4 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 796 (49,3 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 10 (0,6 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,72

Wie wichtig regelmäßige Spielpraxis und ein geregelter Spielrhythmus für einen Profi sind, um Top-Leistungen abrufen zu können, zeigte das Beispiel Casemiro in dieser Hinrunde mehr als anschaulich. Nach einem mehr als soliden Saisonstart zog sich der Mittelfeld-Kämpfer eine schmerzhafte und langwierige Fissur an der Achillesferse zu, die ihn fast drei Monate außer Gefecht setzte. Zidane schenkte dem Abräumer nach seiner Regeneration zwar sofort wieder das Vertrauen, doch der Südamerikaner benötigte über vier Wochen Anlaufzeit, um wieder an seine Leistungen aus der letzten Spielzeit anknüpfen zu können. Neben ungewohnten Problemen im Spiel gegen den Ball hatte die Nummer 14 zunächst mit erheblichen Schwierigkeiten im Passspiel und der Ballverarbeitung zu kämpfen. Zudem war ihm die fehlende Handlungsschnelligkeit deutlich anzumerken, was sich in vielen unnötigen Foulspielen äußerte. Nach jener Anlaufzeit stabilisierten sich die Auftritte Casemiros jedoch wieder und der Brasilianer sorgte in gewohnter Manier für die defensive Balance im königlichen Spiel. Unnachahmlich im Zweikampf (7,4 eroberte Bälle pro Spiel sind natürlich der Top-Wert im Team) und mit großem taktischen Geschick brachte er die gegnerischen Mittelfeld- und Angriffsreihen regelmäßig zur Verzweiflung, in den letzten Wochen genügte auch das Aufbauspiel höheren Ansprüchen. Erstaunlich: Casemiro ist zum einen der Spieler, der am meisten Foul spielt (43), auf der anderen Seite aber auch der meistgefoulte Akteur der Blancos (41).

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Mateo Kovačić

Einsätze: 22
Einsatzminuten: 1.322
Tore / Assists: 1 / 0
Bälle erobert: 79 (5,4 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 780 (53,1 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 11 (0,7 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,5

Falls es vor dieser Saison noch Zweifel gab, ob Mateo Kovačić bei Real Madrid bestehen kann, sollten diese spätestens nach dieser Hinrunde komplett beseitigt sein. Bis auf einen kleinen Durchhänger zwischen dem 7. und 10. Spieltag zeigte der junge Kroate nämlich Leistungen auf beständig hohem Niveau. Deutete der schon als Nachfolger von Luka Modrić gehandelte Mittelfeldakteur sein Potential letztes Jahr nur oft an, brachte er es in dieser Halbserie auch endlich auf den Platz. Kovačić schaffte es, die Zahl der einfachen Fehler deutlich zu minimieren, und spielte sich so ganz nah an die erste Elf heran. Besonders in Abwesenheit von Landsmann Modrić glänzte der gebürtige Linzer mit starker Arbeit gegen den Ball, großer Ballsicherheit und brutal effektiven Tiefenläufen im höchsten Tempo, was dem Spiel der Merengues eine neue, zusätzliche Komponente schenkte. Besonders eindrucksvoll war sicherlich der Auftritt im Clásico, als er über lange Zeit gemeinsam mit Modrić das Mittelfeld dominierte. Leider wurde der mit 22 Jahren Zweitjüngste im Team gegen Jahresende von einer Verletzung gebremst und musste sich hinter der Stammbesetzung Casemiro, Kroos und Modrić wieder hinten anstellen, mit den bisher gezeigten Leistungen muss sich der kroatische Nationalspieler aber mal überhaupt nicht verstecken. 

Luka Modrić

Einsätze: 20
Einsatzminuten: 1.630
Tore / Assists: 1 / 2
Bälle erobert: 111 (6,1 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 1.058 (58,4 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 17 (0,9 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,36

Er ist Real Madrids Herzstück und Gehirn und bleibt für das königliche Ensemble einfach unverzichtbar. Der Kroate ist das Bindestück zwischen Offensive und Defensive, sorgt sowohl für die kreativen, offensiven Momente, als auch durch seinen unermüdlichen Einsatz gegen den Ball für die nötige defensive Ausgeglichenheit. Es mag auf den ersten Blick ein wenig verwundern, dass Kroos am meisten Chancen direkt einleitet, doch Modrić fällt immer wieder die Rolle des Vor-Vorbereiters zu, der durch geniale Ballbehauptungen auf engstem Raum oder geniale Drehungen in der Spieleröffnung zwei bis drei Gegenspieler auf sich zieht und schließlich auch aus dem Spiel nimmt. Wenn Modrić eine signifikante Schwachstelle vorzuweisen hat, dann ist es leider seine Verletzungsanfälligkeit, die ihm auch diesmal wieder zwischendurch einen Strich durch die Rechnung machte. Doch was mindestens genauso bewundernswert ist wie die Leistungen des „Mozart vom Balkan“, ist dessen Fähigkeit, nach langen Ausfallzeiten sofort wieder zu funktionieren. Was jedoch auffällt: Der Kapitän der kroatischen Nationalmannschaft erlebt regelmäßig einen Durchhänger, sobald mehrere englische Wochen am Stück anstehen. Die physische Komponente ist und bleibt einfach die Achillesferse des 31-Jährigen.

James Rodríguez

Einsätze: 18
Einsatzminuten: 982
Tore / Assists: 4 / 9
Bälle erobert: 53 (4,9 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 572 (52,4 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 23 (2,1 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,67

Der Kolumbianer begann die Spielzeit zwar mit guten Leistungen, musste sich jedoch trotzdem überwiegend mit der Jokerrolle zufrieden geben beziehungsweise mit einem Bankplatz Vorlieb nehmen. Wenn der Südamerikaner jedoch auflief, dann lieferte er auch. Dies belegen auch die nackten Zahlen: Vier Tore und neun Assists (zweitbester Wert im Team) bei nur 18 Einsätzen sprechen eine deutliche Sprache. James ist und bleibt ein Opfer des Systems, da er auf den Halbpositionen zwar auch gut zur Geltung kommt und mit seinem genialen linken Fuß immer ein entscheidender Faktor sein kann, dennoch weist die direkte Konkurrenz schlichtweg das bessere Profil auf. Entscheidender Knackpunkt in diesem Zusammenhang ist sicherlich das ausbaufähige Defensivspiel des Südamerikaners, das manches Mal etwas körperlos daherkommt und der Balance im Spiel (leider) etwas abträglich ist. Der Frust über die Reservistenrolle und die öffentliche Äußerung der Wechselabsichten nach der Klub-Weltmeisterschaft waren zwar einerseits unnötig, auf irgendeine Art und Weise aber auch nachvollziehbar. Man darf gespannt sein, welche Rolle James weiterhin in den Planungen von Zinédine Zidane einnehmen wird.

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Isco

Einsätze: 20
Einsatzminuten:
1.085
Tore / Assists:
4 / 2
Bälle erobert:
77 (6,4 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe:
676 (56,1 pro 90 Minuten)
Abschlüsse:
15 (1,2 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 
2,74

Für den Andalusier gilt prinzipiell das gleiche wie für „Leidensgenosse“ James. Ein jeder bei Real Madrid weiß um die Qualitäten des Edeltechnikers und man ist froh, ihn in den eigenen Reihen zu haben, im üblichen 4-3-3 kommt der spanische Nationalspieler aber lange nicht so gut zur Geltung wie auf der Position hinter den Spitzen. Zu welch außergewöhnlichen Leistungen der 24-Jährige in der Lage ist, bewies er vor allem bei seinem magischen Auftritt im Derby (welches er im Übrigen auf der „Zehn“ bestritt), als er vor Spielfreude nur so sprühte und durch grandiose Ballbehauptung auf engstem Raum sowie geniale Pässe begeisterte. Überhaupt war nach durchschnittlichen Auftritten zu Saisonbeginn eine erfreuliche Entwicklung beim U21-Europameister von 2013 zu erkennen, vor allem in puncto Entscheidungsfindung machte Isco einen großen Schritt nach vorne. Durch seine etwas besser ausgeprägten Defensivqualitäten besitzt der Iberer sogar einen kleinen Vorteil gegenüber James. Mal sehen, ob der nicht immer unumstrittene Ex-Málaga-Akteur seine Leistungen im zweiten Halbjahr zu bestätigen vermag.

Marco Asensio

Einsätze: 21
Einsatzminuten: 1.115
Tore / Assists: 7 / 1
Bälle erobert: 63 (5,1 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 509 (41,1 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 19 (1,5 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,81

War man anfangs noch skeptisch, ob es die richtige Entscheidung war, den mittlerweile nun 21-Jährigen zu behalten anstatt ein weiteres Jahr zu einem Mittelklasse-Verein zu verleihen, beseitigte der Jungstar jegliche Zweifel gleich im ersten Spiel der Saison, als er im Super Cup gegen Sevilla (3:2 n.V.) mit einem absoluten Traumtor einen Einstand nach Maß feierte. Asensio ist aktuell mit Sicherheit das größte Talent des spanischen Fußballs und hat in Anbetracht seiner überragenden technischen Fähigkeiten, zu denen sich für einen Mittelfeldspieler noch eine sehr gute Grundschnelligkeit gesellt, alle Möglichkeiten, auf lange Sicht eine sehr wichtige Rolle bei den Königlichen einzunehmen. Zwar unterlagen auch die Leistungen des Jungstars, der sich manchmal im Spiel zu lange Auszeiten nimmt, größeren Schwankungen, doch diese sind für dessen Alter völlig normal und nicht überzubewerten. Was besonders imponiert, ist die Torgefährlichkeit (sieben Tore bedeuten den fünftbesten Wert bei den Blancos) des unbekümmerten Nachwuchsmanns, die ihn im Vergleich zu seinen doch eher „torungefährlichen“ Mittelfeld-Kollegen zu einer weiteren großen Waffe im Repertoire von Zidane macht. Mit der Entwicklung des gebürtigen Mallorquiners kann man mehr als zufrieden sein.

Bis Montag: 10 Prozent auf Freizeitbekleidung in Reals offiziellem Onlineshop

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

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