Stadion

Die Stadien von Real Madrid – eine Zeitreise durch die Geschichte

Die Königlichen und deren „Schmuckkiste Bernabéu“ sind unzertrennlich miteinander verbunden. In diesem Stadion blühte der Klub richtig auf, feierte seine größten Erfolge und etablierte den Mythos Real Madrid. Es gab allerdings auch eine Epoche vor dem anfangs „Nuevo Chamartín“ getauften Stadion, in dem man seit 1947 seine Heimspiele austrägt. REAL TOTAL blickt auf die Heimspielstätten der Königlichen in eine Zeit, als die Fußballtempel Spaniens noch verstaubte Ascheplätze oder umfunktionierte Radrennbahnen waren.

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Angesichts der Sportstätten begannen die Königlichen ihre Vereinsgeschichte noch wenig königlich. Damals, im Jahre 1902, besaß der Madrid Football Club noch keine eigene Spielstätte. Die ersten Partien fanden vorwiegend auf dem Campo de Estrada, später dann an der Explanada de la Plaza de Toros de Goya statt. Bis 1912 wurden die Partien auf diesem Gelände ausgetragen, welches gewöhnlich für Stierkämpfe oder als Pferderennbahn vorgesehen war. Nur 150 Peseten zahlten die Blancos dafür im Jahr. Die anliegende Taverne “La Taurina” fungierte als provisorisches Vereinsheim, umgezogen hatte man sich in einem Abstellraum, wo auch das Torgestänge untergebracht war. Von perfekt gestutztem Rasen und beheizten Ersatzbänken noch keine Spur, dafür der Charme des frühen 20. Jahrhunderts.

In den Anfangsjahren spielten die Blancos auf sandigen Stierkampfplätzen – Foto: realmadrid.com

O’Donnell Stadion (1912 bis 1923) – des Socios erster Stolz

Auch wenn der Komfort nur unwesentlich gestiegen war, avancierte das Campo de O’Donnell zu einem Meilenstein. Zwar besaß diese Spielstätte noch keine Rasenfläche, dennoch galt es als erstes richtiges Fußballstadion der Stadt. Die baulichen Maßnahmen haben die Socios (Mitglieder) in Eigenleistung gestemmt und somit die modernste Anlage in der ganzen Stadt geschaffen. Bis zu 6.000 Personen war es möglich gewesen, dem Geschehen auf dem Platz zu folgen, doch wurden diese erstmals mit einem Zaun von den Akteuren auf dem Feld getrennt. Das O’Donnell-Stadion wurde zum Zeitzeugen zweier Endspiele der Copa del Rey, damals noch wichtigster Wettbewerb in Spanien – das Finale mit königlicher Beteiligung ging allerdings 1918 gegen Real Unión Irún mit 0:2 verloren. Das Ende dieser Spielstätte wurde besiegelt, als der Grundstückseigner die Entscheidung traf, auf dem Gelände Wohnhäuser errichten zu lassen. Grund dafür war die gute Lage in der Nähe des Retiro-Parks, im heutigen Herzen der spanischen Metropole.

Das O’Donnell Stadion war die erste, eigene Spielstätte des Klubs – Foto: realmadrid.com

Ciudad Lineal Velódromo (1923 bis 1924) – Fernweh auf der Radrennbahn

Der Zwangsumzug führte die Königlichen in das städtische Velódromo de Ciudad Lineal. Wie der Name bereits vermuten lässt, ein ursprünglich als Radrennbahn konzipiertes Stadion. Im Velodrom fanden nun 8.000 zahlende Zuschauer Platz, wirklich heimisch fühlten sich die Königlichen trotz der Umbaumaßnahmen jedoch nicht, woran auch der neue Rasenplatz dieser Anlage nicht viel zu ändern vermochte. Zuschauerzahlen gingen zurück, weil das Stadion am Ostrand der Stadt nur mit der elektrischen Bahn verbunden gewesen ist und die Fans nicht bereit dazu waren, Kosten für den Transport zu bezahlen. Ein eigenes Stadion war die einzige Lösung! In die Geschichte schaffte es das Velodorm dennoch: Von der Rennbahn des Runds startete der erste Rundflug über die Stadt Madrid. Bis zu seinem Abriss spielte noch eine Firmenmannschaft im Stadion, aus welcher später die Castilla von Real hervorgehen sollte.

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Trotz der Rasenfläche fühlte man sich im Velodrom nie wirklich wohl – Foto: realmadrid.com

Viejo Chamartín (1924 bis 1946) – erster Schritt in große Zukunft

Bis heute wird der Name Chamartín im Zusammenhang mit dieser Heimspielstätte verwendet, ohne jemals der offizielle Name des Stadions gewesen zu sein. Die wenigsten wissen, dass die Anlage eigentlich als Campo del Real Madrid Fútbol Club getauft wurde. Auch ohne die Legitimation eines offiziellen Namens, hat sich das “alte Chamartín” als Bezeichnung bis heute bewährt und findet sich sogar in einem Vers der Vereinshymne wieder: „Ya salen las estrellas, mi viejo Chamartín“ („Die Stars schreiten bereits hinaus, mein altes Chamartín“). Was Chamartín ist? Der nördliche Stadtteil Madrids, in dem das Bernabéu heute steht.

111 Gründe, Real Madrid zu lieben

15.000 Zuschauer fasste die Arena bei ihrer Eröffnung gegen Newcastle United (3:2), welches zum Schauplatz der ersten beiden Titel für Real Madrid in der Primera División wurde (1932 und 1933), ehe es dem Bürgerkrieg (1936 bis 1939) zum Opfer fiel. Das Spielfeld wurde zu einem Gefangenenlager, die Holztribünen als Heizmaterial verwendet und sämtliche Klubeinrichtungen von den Bombenangriffen zerstört. Im Anschluss an den Krieg baute man das Stadion in mühsamer Arbeit wieder auf, was nicht nur die Zukunft der Spielstätte sondern auch das Fortbestehen des Klubs sicherte. Bei der Wiedereröffnung im Oktober 1939 wurde prompot Atlético mit 2:1 geschlagen. Ziel erreicht? Nicht ganz: Für Vereinspräsident und Visionär Santiago Bernabéu Yeste schien die Kapazität des Chamartíns von bis zu 25.000 Personen bereits während des Wiederaufbaus nicht mehr ausreichend und neue Pläne wurden geschmiedet.

Damals noch im “leeren” Norden der Stadt: Das “Viejo Chamartín” – Foto: realmadrid.com

Metropolitano de Madrid (1946 bis 1947) – Gastspiel beim Lokalrivalen

Die Baumaßnahmen für ein neues und großes Stadion sollten den Weg in die glorreiche Zukunft Real Madrids ebnen, führten allerdings auch dazu, dass sich die Königlichen für die Saison 1946/47 zusammen mit dem Stadtrivalen Atlético ein Stadion teilen mussten. In dieser Spielzeit mieteten sich die Königlichen im Estadio Metropolitano de Madrid ein, dem Wohnzimmer des Rivalen. Jenes Übergangsjahr, über welches bei den Königlichen nicht oft gesprochen wird (auf Reals Website findet sich beispielsweise kein Eintrag hierzu=, schien allerdings auf dem Weg zu Europas Elite unumgänglich. Das Estadio Metropolitano war ein Mehrzweckstadio, in dem auch viele Leichtathletik-Wettkämpfe oder auch Windhundrennen ausgetragen wurden. Lokalrivale Atlético nannte das Stadion von 1923 bis 1966 seine Heimat, bis es letztlich abgerissen wurde.

Während der Bauphase teilte man sich das Stadion mit Atlético – Foto: lasoga.org/estadio-metropolitano-madrid

Nuevo Estadio de Chamartín (1947 bis heute) – Vision trägt bis heute Früchte

Der Traum Santiago Bernabéu Yestes von einem noch größeren Stadion realisierte er seit seinem Antritt als Klubpräsident im Jahr 1943. 100.000 Zuschauer sollte die neue Arena fassen! Angrenzende Grundstücke in Chamartín wurden gekauft, um westlich des Geländes ambitionierter bauen zu können. Und nach genügend Spenden begannen am 27. Oktober 1944 die dreijährigen Bauarbeiten: Die Pläne für das Nuevo Estadio Chamartín sahen vor, dass die Osttribüne in die nordwestliche Ecke des bestehenden Stadions hineinreicht, welches letztlich dem Bauvorhaben weichen musste.

nuevo viejo chamartin
Links das “Viejo”, rechts das “Nuevo Chamartín” – Foto: realmadrid.com

Konzipiert wurde die Arena für 75.000 Zuschauer und ist als Estadio Santiago Bernabéu – umbenannt im Jahre 1955 nach dem bis heute legendärsten Mann des Klubs – noch heute ein Sinnbild für den Glanz und Erfolg des Vereins. Bei der Eröffnung am 14. Dezember 1947 bezwangen die Königlichen OS Belenenses mit 3:1.

nuevo chamartin bernabeu real madrid
Das heutige Bernabéu bei seiner Eröffnung 1947 – Foto: realmadrid.com

Viele Schlachten und große Spiele wurden hier vor zwischenzeitlich 125.000 Zuschauern, ebenso wie Spiele der Weltmeisterschaft 1982 ausgetragen. Auch Kurioses, wie der Torfall von Madrid bleibt unvergessen. Bis heute zählt das Bauwerk zu den schönsten Kathedralen der Fußballwelt. Nun wartet ein “Facelift” – die insgesamt achte Renovierung – auf das Stadion und man darf sich auf einen ganz neuen Look nach der Modernisierung freuen. Wir sind gespannt!

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von
Christian Graber

Anhänger der Königlichen seit dem bitteren Halbfinalaus in der Champions League-Saison 2001 gegen die Bayern und seitdem Verehrer der Klubphilosophie. Spezifische Kenntnisse des Fußballmarktes in Lateinamerika und bekennender Freund der "Joga-Bonito-Kultur".

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