Reportage

Die Zweifel des Nacho Fernández: Doch kein One-Club-Man?

Nacho Fernández und Real Madrid – eine innige Liebesbeziehung, die im Profifußball noch Platz für die eigentlich verloren geglaubte Romantik lässt. Am Ende der Saison könnten sich die Wege jedoch trennen, der gebürtige Madrilene ließ ein klares Bekenntnis zum Verein zuletzt immer wieder vermissen. Die romantische Vorstellung vom One-Club-Man, sie bröckelt stärker denn je.

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Nacho Fernández macht sich Gedanken über seine Zukunft – Foto: Michael Regan/Getty Images

Nacho lässt Zukunft mehrmals offen

Bei Real Madrid wurde zuletzt viel über personelle Angelegenheiten diskutiert: Neben einer möglichen Verpflichtung von Jude Bellingham waren insbesondere die noch ausstehenden Verlängerungen von Toni Kroos, Luka Modrić oder Karim Benzema immer wieder ein heißes Thema, auch auf den Pressekonferenzen vor diversen Spieltagen. Eine Personalie lief dabei immer ein wenig unter dem Radar: Nämlich die von Nacho Fernández, dessen Vertrag zu Saisonende ebenfalls ausläuft und bei dem eine Verlängerung – so der aktuelle Stand – mittlerweile alles andere als ein Selbstläufer ist.

So ließ der gebürtige Madrilene, der bereits im zarten Alter von elf Jahren der königlichen Akademie beitrat, seine Zukunft zuletzt in mehreren Interviews immer wieder offen. Nach dem furiosen 5:2-Erfolg in Liverpool am Dienstag betonte der 33-Jährige nun abermals, dass ein Abgang von seinem Herzensverein durchaus eine realistische Option sei – und zwar mit Nachdruck: „Sobald ich eine Entscheidung treffe, wird der Klub der Erste sein, der Bescheid weiß. Zu Beginn der Saison sind mir viele Dinge durch den Kopf gegangen. Aktuell spiele ich mehr und bin zufriedener. Ich versuche von Tag zu Tag zu leben, aber ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Es ist sehr persönlich. Selbst wenn ich alle Minuten bis zum Saisonende spielen würde, würde das meine Entscheidung nicht beeinflussen. Genauso verhält es sich, wenn ich gar nicht mehr spielen würde.

Deutliche Worte von Reals Nummer 6, die für manch einen durchaus überraschend daherkommen mögen. Schließlich zeichnete sich der Defensivallrounder vor allem auch immer dadurch aus, dass er seine Rolle stets ohne großes Murren akzeptierte und sich immer in den Dienst der Mannschaft stellte. Dem scheint nun nicht mehr zwangsläufig so. Der Traum (vieler Fans), „ihr“ Nacho könnte als One-Club-Man in die Annalen eingehen, er bröckelt enorm. „Ich kämpfe darum, um Stammspieler zu sein, das habe ich mein ganzes Leben getan. Die Konkurrenz hier ist enorm. Die letzten Jahre war mein Niveau sehr gut, aber das Niveau meiner Mitspieler ebenfalls. Ich arbeite dafür, um Stammspieler zu sein, aber am Ende entscheidet der Trainer. Natürlich, wenn du in Spielen wie heute nicht von Beginn an aufläufst, enttäuscht dich das, aber ich bin Optimist. Ich versuche immer die positiven Dinge zu sehen und zu spielen, wenn ich an der Reihe bin“, so der Canterano, um mit Blick auf den Beginn der Saison, als er sehr oft mit der Reservistenrolle Vorlieb nehmen musste, anzufügen: „Ich habe es letztens schon gesagt, zu Beginn der Saison ging es mir nicht gut.“

„Persönliche“ Motive als Grund für das Zweifeln

Es erweckt den Eindruck, dass Nacho vor allem mit seiner Degradierung zum nominellen Innenverteidiger Nummer vier seit der Verpflichtung von Antonio Rüdiger zu kämpfen hat. Zumal der deutsche Nationalspieler diesen Status nicht immer vollends rechtfertigen konnte. Dass „Nachete“ seine Situation überdenkt, ist vollkommen legitim. Schließlich wäre der dienstälteste Real-Profi vermutlich bei fast jedem anderen Verein auf der Welt unangefochtener Stammspieler. Und darf diesen Status in Anbetracht seiner zuletzt gezeigten Leistungen ohne Frage auch bei den Blancos beanspruchen.

Dass er die Rolle als „Feuerwehrmann“, die er über Jahre bravourös erfüllte, im Herbst seiner Karriere möglicherweise nicht mehr ausfüllen möchte, ist ebenfalls nachvollziehbar. Zumal ihn die Loyalität zum Verein und das Bekleiden ebenjener Rolle auch um einige Einsätze und Turniere im Trikot der spanischen Nationalmannschaft gebracht haben könnte. Denn: Wenn Nacho regelmäßig für die Königlichen auflief, wurde er in der Regel auch für „la Roja“ berufen. Gestalteten sich die Einsätze rar, blieben in der Regel auch die Berufungen aus, wenngleich er es sich aufgrund seiner Leistungen zweifelsohne weitaus öfters verdient gehabt hätte.

Der nächste Vertrag, er könnte der letzte große seiner Karriere sein. Eine Entscheidung also, die wohlüberlegt sein möchte. Der Iberer betonte mehrmals, dass die Beziehung zum Verein weiterhin intakt sei, alleine „persönliche“ Motive eine Rolle spielen würden. Ob es sich dabei um (mangelnde) sportliche Wertschätzung oder doch die Sehnsucht nach einer neuen Herausforderung zum Abschluss der Karriere handelt? Ein Großteil der Fans würde sich – alleine der Romantik wegen – zwar wünschen, dass Nacho seine Laufbahn im königlichen Dress fortsetzt und auch beendet, in Anbetracht seiner Leistungen und seiner Hingabe für den Verein würde ihm jedoch niemand einen Abgang auch nur ansatzweise übel nehmen. Was für viele Jahre undenkbar erschien, könnte nun also Realität werden: Ein Nacho-Abschied zum Ende der Saison ist keineswegs ausgeschlossen. Und Manolo Sanchís droht der bisher letzte One-Club-Man zu bleiben – er beendete vor 22 Jahre seine Karriere bei Real.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Und was mich auch immer wieder nervt ist das Thema Jude Bellingham , dass sein Name hier immer wieder gehandelt wird . Sorry , aber in meinen Augen ist er ein schlechterer Camavinga.

Bellingham kann zwar gerne kommen, aber nicht um jeden Preis und auch erst dann, wenn die anderen, deutlich dringenderen Baustellen im Kader (Offensive, AV) gelöst worden sind. Falls anschließend Mittel für ihn bleiben, gerne. Jedoch darf sein Transfer nicht zulasten von Camavinga erfolgen. Dieser sollte dann zum Stammpersonal zählen. Ed hat sich schon auf dem höchsten Level bewiesen (CL, WM-Finale, La Liga) und gezeigt, was für ein unfassbar talentierter Unterschiedsspieler er ist. Bellingham hat das noch nicht, wenn man ehrlich ist. Die Spieler, die nach Dortmund woanders erfolgreich unterwegs waren, kann man an einer Hand abzählen. Mir würden da spontan nur Gündogan und Haaland einfallen und bei den beiden war sogar vor Dortmund klar, dass das Top-Leute sind. Vielleicht noch Dembele. Hype ist eben nicht alles und das gilt auch für die gehypten und überteuerten BVB-Talente.

Vollkommen richtig. Das Mittelfeld ist unser geringstes Problem. Sogar wenn einer von den beiden Oldies aufhört (tippe aktuell eher auf Kroos und dass Modric noch ein Jahr dranhängt), besitzen wir im Mittelfeld mit Camavinga, Fede, Tchouameni und Ceballos noch genügend Qualität. Wenn beide aufhören, würde sich im MF allerdings auch eine weitere Baustelle öffnen...
 
Ich hoffe er bleibt, er ist 33 Jahre alt, wozu woanders nochmal beginnen. Bei Real ist er anerkannt und bringt einen großen nutzen. Wenn er solche Gedanken hegt hätte er das schon ein paar Jahre früher tun sollen. Was will er denn noch, er spielt beim besten Club der Welt, hat viel gewonnen und öfters auch wichtigen Anteil an Siegen gehabt. Dieses Stammspieler Ding sollte man mit 33 nicht mehr so ernst nehmen.
 
Verstehe Ihn. Gegen Liverpool war er wieder auf der Bank obwohl er starke Leistungen gezeigt hat vorher. Das heisst natürlich für Ihn, dass man nicht auf Ihn setzt bei den grossen Spielen! Hätte Ihn dort gerne von anfang an für Alaba gebracht, der erst von einer Verletzung zurück kam. Er spielt nicht bei den wichtigen Spielen wenn alle fit sind, dass wird meiner Meinung der Hauptgrund sein warum er vlt. gehen möchte.
 
Nach Manolo hat es keiner mehr geschafft von der Castilla Zeit bis zu seinem Karriereende bei uns zu bleiben. Ich glaube meine persönliche top 3 meiner aller größten Lieblinge von uns die ich von ganzem Herzen liebe steht fest. Casillas. Nacho. Manolo.
 
Ich verstehe ihn zum Teil, andererseits hat er doch seit Jahren die Erfahrung machen dürfen, dass er ab spätestens Anf. Nov. mehr oder weniger jedes Spiel machen darf/muss, zugegeben seltener als IV. Auf meine alten Tage, würde ich dies Spielchen weiter durchziehen. Die Situation änderte sich lediglich, wenn der Verein plante die AV-Positionen komplett neu aufzustellen, weil sich dann seine Perspektive änderte. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich und er wird für sich schon die richtige Entscheidung treffen, wichtig ist aber, dass der Verein bei seinem Abgang begriffe, dass ihnen der Springer abhanden gekommen ist und die Abwehr quantitativ besser aufgestellt werden müsste.
 
Nacho hat wie Modric und Karim diese Siegermentalität noch in unserem Team wie kein anderer ich hoffe die 3 bleiben so lange wie möglich da um es den jungen Vini , Fede Tchou bei zu bringen ich meine Vini ist das beste beispiel er ist immer mehr auf dem Weg ein Big Game Player zu werden..
 
Willkommen bei Real Madrid, wo man gehypte Spieler für eine Ablöse weit übern MW holt, um die eigenen Spieler auf die bank zu setzten, wobei diese sogar teilweise besser sind.
Für mich unverständlich dass man ihn einen Rüdiger vor die Nase setzt und er sich da hinten anstellen muss,ähnlich wie meine Vorredner bin ich überhaupt nicht von Rüdiger überzeugt .
Und was mich auch immer wieder nervt ist das Thema Jude Bellingham , dass sein Name hier immer wieder gehandelt wird . Sorry , aber in meinen Augen ist er ein schlechterer Camavinga.
Willkommen bei Real Madrid wo man die letzten zwei Jahre Alaba und Rüdiger ablösefrei geholt hat
 
Wenn Nacho geht dann nur deswegen weil er von Enrique ignoriert wurde und weil ihm 100% gesagt wurde dass er nicht zu Nationalmannschaft berufen wird wenn er nicht mal in seinem Verein stamm spielt. Obwohl das Blödsinn ist. Qualitativ war er und ist er besser als fast alle andere Optionen (LV, IV, RV) in der Nationalmannschaft. Und sehr oft war er ein Opfer falschen Entscheidungen anderer Menschen. Sowohl bei Real als in der Nationalmannschaft. Ich liebe den Typen und obwohl mein Herz bluten würde, gönne ich es ihm vom ganzen Herzen!
 
Hoffe, dass er bleibt, aber würde ihn natürlich auch verstehen. Ich verstehe immer noch nicht, wieso man ihn immer einfach systematisch als 3. oder 4. Verteidiger gehalten hat, ohne ihm einen fairen Konkurrenzkampf auf die beiden Innenverteidiger-Positionen zu gewähren.
 

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