
Der perfekte Mann für Ancelottis Spiel
MADRID. Tage wie den 25. April 2012 oder den 23. April diesen Jahres wird Toni Kroos ab sofort häufiger erleben. An jenen beiden Tagen gastierte er mit dem FC Bayern im Champions-League-Halbfinale bei Real Madrid, seinem nun neuen Arbeitgeber. Gestern unterschrieb der Mittelfeldspieler für sechs Jahre bei den Königlichen und wird das Estadio Santiago Bernabéu somit künftig nicht länger als Gast betreten. Es wird seine neue fußballerische Heimat. Fragt sich nur: Wer ist dieser 24-Jährige, den die 80.000 Zuschauer zu sehen bekommen werden?
Dass sich die Madrilenen mit dem deutschen Nationalspieler verstärken, ist kein Zufall. Trainer Carlo Ancelotti erklärte schon während seiner ersten Monate an der Concha Espina, auf Ballbesitz spielen und das Spiel beherrschen zu wollen. Und mit Kroos bekommt der Italiener einen Spieler, der die Kontrolle mit dem runden Leder nahezu in Perfektion beherrscht. Bei der kürzlich abgelaufenen Weltmeisterschaft, die das DFB-Team gewann, avancierte der Taktgeber zum besten Passspieler des Turniers. 544 dieser kamen an. Über 90 Prozent. Ein überragender Wert. „Es ist wichtig, vor allem auf der Position, auf der ich spiele, dass dort im Zentrum so wenig Ballverluste wie möglich passieren. Egal, ob es Seitenwechsel, Flachpässe nach vorne sind, dass die wenn möglich präzise und gut kommen. Dass der Empfänger gut damit etwas anfangen kann. Das ist mein Ziel, das klappt häufig ganz gut“, so Kroos, der bei der Endrunde zwei Tore erzielte, vier Vorlagen gab und im Endspiel gegen Argentinien satte 15 Kilometer an Laufleistung zurücklegte. Kroos, der Dirigent. Ein Gestalter des Spiels, wie er im Buche steht. Und einer, der für das von „Carletto“ präferierte 4-3-3-System wie geschaffen ist.
Der Tenor: Kroos der ideale Alonso-Nachfolger
Nicht wenige rechnen bereits mit einem Mittelfeld und kreativen Zentrum bestehend aus Luka Modric, Kroos und Ángel Di María, so der Argentinier dem Klub denn weiterhin treu bleibt. Das würde bedeuten: Xabi Alonso müsste weichen. Im Deutschen sehen ebenso viele den über kurz oder lang adäquaten und optimalen Nachfolger des 32 Jahre alten Spaniers, der die Königlichen zum Vertragsende in zwei Jahren (30. Juni 2016) aller Voraussicht nach verlassen wird. Gute Übersicht, Sicherheit am Ball, erkennbares Selbstvertrauen, präzise Zuspiele – was Alonso auszeichnet, zeichnet auch schon den 24-jährigen Greifswalder aus. Doch der Neuzugang besticht ebenso durch seine Beidfüßigkeit und die starken Schüsse aus der Distanz, mit denen er bereits zuhauf Treffer erzielen konnte.
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„Mit wem ich spielen werde, wird der Trainer entscheiden“, meinte Kroos auf der Präsentations-Pressekonferenz. Er hoffe in erster Linie „auf eine sehr, sehr erfolgreiche Zeit in den nächsten Jahren“. Die hatte der 24-Jährige während der sieben Spielzeiten beim FC Bayern – definitiv (siehe Darstellung unten).
Bereits mit zarten 16 Jahren wagte die neue Nummer 8 der Blancos den großen Schritt von der Ostsee nach Bayern, aus der Hansestadt Rostock nach München zum größten Verein Deutschlands. Den Fußball bekam Kroos in die Wiege gelegt, was er selbst bestätigt. Vater Roland arbeitet seit 2002 in der Jugendabteilung des FC Hansa Rostock und fungiert dort aktuell als Trainer der A-Junioren. „Ein Talent wie Toni gibt es vielleicht alle zwanzig Jahre einmal. Absehbar war seine Entwicklung nicht, aber er wollte nie etwas anderes werden. Toni hat zwar mit Badminton angefangen, entdeckte aber schnell den Fußball für sich. Der wurde sofort sein Ein und Alles“, erzählte Roland Kroos im Februar 2013 im Interview mit der Website des DFB.
Einstiger Werder-Star das Vorbild von Toni Kroos
Nicht viel anders sah das bei Tonis Bruder Felix aus. Während der Nationalspieler nach den Stationen Greifswalder SC, Rostock, Leverkusen und Bayern gestern beim großen Real Madrid anheuerte, wechselte der 14 Monate jüngere Felix 2010 von Hansa zu Werder Bremen. Der Klub, der aktuell Mittelmaß der Bundesliga ist, zuvor jedoch jahrelang Champions League spielte und 2004 das Double holte. Und der Klub, dem Toni während der „fetten Jahre“ die Daumen drückte. „Als Kind war ich Fan von Werder Bremen, weil da mein Vorbild Johan Micoud gespielt hat. Und den habe ich unheimlich bewundert, von seiner Art und Weise, zu spielen“, so Kroos.

Als weitere Stars, zu denen er aufschaut, nannte er in der Vergangenheit Xavi Hernádez und Andrés Iniesta. Auf Zweiteren (Xavi wird den Verein wohl verlassen) trifft er mit Real ab sofort als großer Rivale. Nicht nur in den direkten Duellen. Bekanntermaßen liefern sich die Madrilenen und der FC Barcelona Saison für Saison einen packenden Fight um den spanischen Liga-Titel. Von Spieltag eins bis Spieltag 38, vom Anfang bis zum Ende. Obwohl Kroos schon genug Pokale in den Händen hielt, ist er noch nicht satt. Gerade dann nicht, wo er nun beim berühmtesten und erfolgreichsten Verein weltweit spielt. „Ich weiß natürlich, wie es hier in Madrid ist. Dass man Titel gewinnen muss, will. Aber ich denke, da bin ich genau richtig, weil ich das aus den letzten Jahren kenne, dass nur Siege zählen und das ist für mich auch ein unglaublich großer Anreiz, das auch hier wahr zu machen. Ich hoffe natürlich und mein großes Ziel ist es, dass wir im nächsten Jahr die Champions League gewinnen“, stellte Kroos klar. Die Real-Madrid-DNA scheint der 30-Millionen-Mann, der von seinem Erscheinungsbild her wirkt wie der nette Junge von nebenan, schon im Blut zu haben…
Toni Kroos’ Trikot von Real Madrid mit der 8 – in weiß oder pink!
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