
Findungsphase abgeschlossen
MADRID. Der Aufschrei an der Concha Espina war groß, als Ángel Di María die Königlichen im Sommer gen Manchester verließ. „El Fideo“ hatte in der Endphase der vorangegangenen Saison derart überzeugt, dass die sportliche Lücke, die er hinterließ, zu groß erschien, um sie adäquat zu schließen. Bereits bevor der endgültige Abgang des Mittelfeldmotors auf die Insel feststand, präsentierte Präsident Florentino Peréz den Anhängern mit James Rodríguez für stolze 80 Millionen Euro einen Spieler der Kategorie „Galáctico“. War die hohe Ablösesumme alleine für den WM-Shootingstar nicht schon Bürde genug, sollte er nun auch noch eine der prägenden Figuren von „la Décima“ im Alleingang ersetzen. Die Skepsis, speziell unter den Madridistas, war groß. Und zu Beginn der Saison sahen sich jene, die in dem 23-Jährigen keinen würdigen Nachfolger für „el Fideo“ sahen, bestätigt. Oftmals wirkte der junge Südamerikaner ohne Bindung zum Spiel und zeigte Unzulänglichkeiten im Kombinationsspiel, man merkte ihm vor allem die physisch ungewohnte Belastung deutlich an. Noch dazu befand sich das komplette Team der Merengues in der Findungsphase und hatte nach den Niederlagen gegen Atlético (1:2) sowie Real Sociedad (2:4) schon zu Saisonbeginn die erste Mini-Krise zu meistern. Doch Carlo Ancelotti hielt an dem variabel einsetzbaren Mittelfeldakteur fest und bekommt dies nun in Form von ansprechenden Leistungen zurückgezahlt.
„Sein Können liegt in den Füßen“
Dass es sich bei Di María und James um zwei sehr divergente Spielertypen handelt, ist offensichtlich. Während der Argentinier eine unheimliche Dynamik gepaart mit Kreativität und extremen Zug zum Tor vereint, ist Reals Nummer 10 eher der strategische Spielgestalter, der davon lebt, seine Mitspieler in Szene zu setzen. So geschehen am Samstag, als er beim 3:1-Treffer von Karim Benzema den Franzosen mit einem hervorragend getimten Ball in die Tiefe mustergültig bediente. Es war allerdings auch nie die Absicht von Ancelotti, „Ángelito“ eins zu eins zu ersetzen. Der italienische Chefcoach weiß um die Stärken seines Schützlings: „Er ist nicht der Schnellste, doch sein Können liegt in den Füßen. Wir brauchen diese Qualität für die finalen Pässe und im Angriffsspiel.“ Dafür bringt der Neuzugang aus Moncao eine andere Qualität mit, die physische Belastbarkeit des Spielmachers ist enorm: „Als wir ihn verpflichteten, haben uns die Tests gezeigt, dass er sehr robust ist, mit der Physis eines Mittelfeldspielers“, so die Worte von „Carletto“.
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Eine Kostprobe dieser starken Physis gab es in den letzten Wochen zuhauf. Gegen Liverpool war der Kolumbianer der laufstärkste Blanco, gegen Barcelona riss er starke 11,16 Kilometer ab. Nur Toni Kross lief in dieser Partie 200 Meter mehr. James hat sich mit seiner neuen Rolle arrangiert und arbeitet sich in der Defensive auf. Wie von Ancelotti gefordert, sorgt er für die nötige Balance im Spiel Reals. Dank seiner Polyvalenz gelingt ihm das sogar auf mehreren Positionen. Egal ob vor den defensiven Mittelfeldspielern Toni Kroos und Luka Modric agierend oder auf dem rechten Flügel. Der kolumbianische Nationalspieler nimmt mehr und mehr eine dominante Rolle ein und bringt seine Stärken im Passspiel und der Spielübersicht zur Geltung. Der vollzogene Sprung ist enorm. Innerhalb von knapp drei Monaten hat es der Nachwuchsstar geschafft, Di María zumindest in Teilen vergessen zu machen.
Die Statistik spricht für James
Statistisch gesehen ist er sogar besser als der argentinische WM-Teilnehmer. Derzeit weist der Kolumbianer eine Bilanz von vier Toren und sechs Vorlagen nach 15 absolvierten Partien auf. Di María kam letztes Jahr zum gleichen Zeitpunkt auf genauso viele Treffer und fünf Torvorlagen. In dieser Kategorie sind nur Cristiano Ronaldo (16 Tore, zwei Assists) und Karim Benzema (acht Tore, vier Assists) besser. Aber nicht nur bei der Laufleistung und bei den Torbeteiligungen ist der Südamerikaner spitze. In nahezu jeder erdenklichen Disziplin befindet er sich unter den Top drei: James hat mit Abstand die meisten Flanken geschlagen (52), Marcelo (38) und Gareth Bale (24) folgen mit großem Abstand. Ebenfalls an erster Stelle befindet sich der Ex-Monegasse bei den Torschussvorlagen, 24 an der Zahl und damit vier mehr als CR7. Auch mit 476 gespielten Pässen ist er vorne mit dabei, muss sich nur den Mittelfeld-Granden Toni Kroos (670) und Luka Modric (519) sowie Sergio Ramos (505) geschlagen geben. Aufgrund seiner Position in der Angriffszone ist anzunehmen, dass es sich dabei nicht nur um risikolose Querpässe handelt. Am Bemerkenswertesten ist jedoch Folgendes: Sowohl in der Primera División (38) wie auch in der Champions League (19) ist James unter den Top Vier der Balleroberungen. Eine weitere Demonstration der erlangten Defensivstärke und seines Mehrwerts für das Team.

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