Reportage

Final-Held Valverde: Der Kolibri ist jetzt ein Falke

Hinter Federico Valverde liegt eine Saison mit Höhen und Tiefen. Nach einer aus persönlicher Sicht durchwachsenen Hinrunde avancierte der Uruguayer in der Rückrunde endgültig zum Stamm- und Schlüsselspieler. Dem Champions-League-Finale drückte er dabei nicht nur aufgrund der entscheidenden Vorlage zum 1:0 seinen ganz persönlichen Stempel auf.

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Valverde bejubelt seinen ersten Champions-League-Titel – Foto: IMAGO / ULMER Pressebildagentur

Valverde, der heimliche Final-MVP

PARIS. Der diesjährige Champions-League-Triumph Real Madrids hält allerlei persönliche Geschichten parat, die es sich zu erzählen lohnt: Da ist natürlich Karim Benzema, der in dieser Spielzeit endgültig aus Cristiano Ronaldos Schatten trat, und mit ziemlicher Sicherheit den nächsten Ballon d’Or gewinnen wird. Da ist ein gewisser Vinícius Júnior, der einen unglaublichen Entwicklungssprung hinlegte und in dieser Saison unvermittelt den Sprung vom hochveranlagten, aber phasenweise schlampigen Supertalent in die Weltklasse schaffte. Da ist Reals „ewiges“ Mittelfeld-Trio, das in dieser Königsklassen-Kampagne jegliche Kritiker noch einmal eines Besseren belehrte und die Blancos doch noch einmal zum ganz großen Wurf dirigierte. Da ist David Alaba, der das Erbe von Sergio Ramos antrat und sich ohne große Umschweife zum neuen Abwehrchef und Kommunikator des Teams aufschwang.

Doch es gibt auch die Geschichten, die in der öffentlichen Wahrnehmung ein wenig unter dem Radar laufen, für die erfolgreiche Saison der Blancos aber nicht weniger wichtig waren: Eine dieser Personalien ist zweifelsohne Federico Valverde, der sich in seiner vierten Spielzeit als Teil der Profimannschaft endgültig zum Stammspieler mauserte und im verrückten Saisonfinale eine der Schlüsselrollen im System von Carlo Ancelotti einnahm – und im Finale sogar zum heimlichen Matchwinner avancierte.

Eine Saison mit Höhen und Tiefen

Dass aus dem zurückhaltenden und schüchternen Uruguayer mal ein ganz Großer werden kann, davon war man bei Real Madrid ehrlicherweise nicht immer vollends überzeugt. Dennoch entschied man sich 2016 trotz Bedenken über Valverdes körperliche Eignung für den Spitzenfußball in Europa fünf Millionen Euro an Peñarol Montevideo zu überweisen und eines der größten Talente Südamerikas in die spanische Hauptstadt zu holen. Eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als goldrichtig erweisen sollte. Nach einem Jahr in der Castilla sowie einem weiteren Jahr auf Leihbasis bei Deportivo La Coruña wurde „el pajarito“ (der kleine Kolibri), wie er in seiner Heimat gerufen wird, 2018 endgültig in den Profikader der Königlichen hochgezogen und erarbeitete sich in den letzten Jahren stückweise seinen Platz im weißen Star-Ensemble. Nachdem er vergangene Spielzeit unter Zinédine Zidane phasenweise immer wieder zum erweiterten Stammpersonal zählte, aufgrund diverser kleinerer Verletzungen bzw. einer Corona-Infektion sich aber nie wirklich langfristig festspielen konnte, sollte in dieser Saison endlich der viel besagte nächste Schritt auf der Karriereleiter erfolgen: ein Stammplatz.

Ein Unterfangen, das zu Saisonbeginn aufzugehen schien: In Abwesenheit des zunächst verletzten Toni Kroos erkämpfte sich Valverde seinen Platz im zentralen Mittelfeld bzw. als rechter Mittelfeldspieler im 4-4-2 und war die ersten Monate aus der ersten Elf nicht wegzudenken. Im Oktober zog sich der Uruguayer im ersten Clásico der Saison (2:1 für Real Madrid) jedoch eine schmerzhafte Knieprellung zu, die ihn für rund einen Monat außer Gefecht setzte – und die für ihn persönlich schwierigste Phase der Saison einleitete. Weil Kroos wieder zu seiner Form fand und Marco Asensio bzw. Rodrygo Goes zu diesem Zeitpunkt ihre persönlich beste Phase der Saison erlebten, war für einen der Überflieger des ersten Saisondrittels plötzlich kein Platz mehr in der Startformation. Daran änderte zunächst auch der Siegtreffer im Supercopa-Halbfinale gegen Barcelona (3:2 n. V.) wenig. Eine Geduldsprobe für Reals Nummer 15, die sich jedoch immer in den Dienst der Mannschaft stellte, hart arbeitete und immer wieder betonte, um ihren Platz im Team kämpfen zu wollen.

PSG als Initialzündung, Chelsea als Wendepunkt

Und die Geduld und harte Arbeit sollten sich letzten Endes auch auszahlen: Denn im Achtelfinal-Rückspiel gegen PSG (3:1) rutschte der Uruguayer aufgrund einer Sperre von Casemiro in die Startelf und legte einen durchaus überzeugenden Auftritt hin, wodurch er sich langsam aber sicher wieder festspielte. Den endgültigen Wendepunkt sollte jedoch das Hinspiel gegen Chelsea (3:1) markieren, als Valverde auf der Position des Rechtsaußen im 4-3-3 brillierte und deutlich machte, dass er – wenn auch auf ungewohnter Position – das fehlende Puzzleteil im System von Ancelotti sein kann: Einerseits sorgt „Fede“ mit seiner Energie und Vertikalität dafür, dass Kroos und Co. deutlich entlastet werden und ihre Stärken im Ballbesitz noch besser ausspielen können, andererseits bringt Valverde durch seine Fähigkeit als Ballschlepper in Verbindung mit seiner enormen Geschwindigkeit sowie seinen durchaus vorhandenen Torabschlussqualitäten Elemente ins königliche Spiel ein, die dem Rest des Mittelfelds merklich abgehen.

Aber nicht nur offensiv stellte Valverde in dieser Rolle eine Bereicherung dar, auch die defensive Struktur konnte so merklich stabilisiert werden. Durch seine disziplinierte Defensivarbeit erhielt Daniel Carvajal immer wieder die nötige Unterstützung, was auch einer der Hauptgründe war, weshalb der Rechtsverteidiger im Saisonendspurt endlich wieder zu seiner Top-Form fand. Außerdem erlaubte es den Königlichen im Spiel gegen den Ball auch eine gewisse Asymmetrie, wodurch sich Benzema und vor allem Vinícius vorrangig auf das Kreieren von Torchancen sowie Umschaltmomente konzentrieren konnten, was wiederum die Kontrahenten zu teilweise konservativeren offensiven Ansätzen zwang.

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„El pajárito“ bekommt Flügel – und entscheidet das Finale

Wie sehr Valverde in diesen letzten Monaten auch auf persönlicher Ebene wuchs und gewillt war, sich der wachsenden Verantwortung zu stellen, machte vor allem eine Aussage Anfang April nach dem 2:1-Erfolg über Celta Vigo deutlich. Frisch mit Uruguay für die Weltmeisterschaft in Katar qualifiziert, verkündete Valverde forsch: „Ich bin als der kleine Kolibri groß geworden, habe mich aber mittlerweile in einen Falken verwandelt. Ich fühle mich vom Kopf und körperlich bereit, ein Falke zu sein. Jetzt muss ich meinen Wert bei Real Madrid zeigen.“

Und „el halcón“ (spanisch für der Falke) sollte seinen Worten Taten folgen lassen, auch im Finale. Valverde nahm mit Andrew Robertson eine von Liverpools gefährlichsten Waffen nahezu komplett aus dem Spiel. Gegen den Ball arbeitete der Uruguayer wie immer hochdiszipliniert mit und ließ Robertson offensiv so kaum zur Entfaltung kommen. Offensiv setzte er mit seinem Tempo und Tiefenläufen immer wieder Nadelstiche bzw. sorgte phasenweise für Überladungen im Mittelfeld, was auch einer der Hauptgründe war, weshalb sich Real aus Liverpools anfänglichem Angriffssturm nach und nach befreien konnte. Die Krönung einer überragenden Partie sollte jedoch in Minute 59 erfolgen, als der Uruguayer Vinícius Júnior am langen Pfosten mustergültig bediente und so das letztlich entscheidende 1:0 auflegte.

Der bisher größte Moment in der Karriere des Uruguayers, der aber auch für die Zukunft Großes erwarten lässt. In Anbetracht des zunehmenden Alters von Kroos und Modrić dürften in der kommenden Saison auch mehr Einsätze im zentralen Mittelfeld winken, wo sich Valverde trotz allem am wohlsten fühlt und seine Stärken noch besser zur Geltung bringen kann. Vor allem aber hat Reals Laufmaschine endgültig bewiesen, dass sie den Anforderungen Madrids in jeder Hinsicht gewachsen und auch in kritischen Momenten bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und sich auch von schlechten Phasen nicht unterkriegen lässt. Aus dem kleinen Kolibri ist mittlerweile wirklich ein Falke geworden – mit großem Hunger auf noch mehr Erfolge.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Hat eine Starke Saison gespielt zum ende hin , in der Hinrunde war er ja noch mehr blass auch viel verletzt hat sich dann zum neuen jahr fande ich stätig gesteigert ... finde auch wir sollten ihn mehr auf RF stellen oder dadurch mehr in ein 442 wechseln mit 2 stürmern , seine dynamik auf dem Flügel ist einfach unglaublich wenn er den ball am Fuß hat und rennt dann bekommt den auch keiner
 
Hat eine Starke Saison gespielt zum ende hin , in der Hinrunde war er ja noch mehr blass auch viel verletzt hat sich dann zum neuen jahr fande ich stätig gesteigert ... finde auch wir sollten ihn mehr auf RF stellen oder dadurch mehr in ein 442 wechseln mit 2 stürmern , seine dynamik auf dem Flügel ist einfach unglaublich wenn er den ball am Fuß hat und rennt dann bekommt den auch keiner
__________Benz/?_________
Vini_Cama_Tchoua__Valverde
 
Ich bin froh das wir camavinga und Fede haben für mich unsere Mittelfeld Diamanten der zukunft. Freue mich schon auf Die WM hoffe france beruft camavinga und die Urus fede. Und zu den Urus ich hoffe echt cavani bekommt noch seine letzte WM . Ich mag den Kerl
 
Hat eine Starke Saison gespielt zum ende hin , in der Hinrunde war er ja noch mehr blass auch viel verletzt hat sich dann zum neuen jahr fande ich stätig gesteigert ... finde auch wir sollten ihn mehr auf RF stellen oder dadurch mehr in ein 442 wechseln mit 2 stürmern , seine dynamik auf dem Flügel ist einfach unglaublich wenn er den ball am Fuß hat und rennt dann bekommt den auch keiner
__________Benz/?____Rodrygo_____
Vini_Cama_Tchoua__Valverde
 

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